Markus Deutsch - Aktuelles

08.07.2019

 

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit erhält weitere Befugnisse im Kampf gegen illegale Beschäftigung, Steuerhinterziehung und Sozialleistungsmissbrauch. Der Bundesrat stimmte einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages am zu.

 

Das Gesetz weitet die Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aus, die beim Zoll angesiedelt ist. Sie soll Scheinarbeit oder vorgetäuschte Selbstständigkeit, Menschenhandel und Arbeitsausbeutung aufdecken - zudem missbräuchliches Anbieten von Schrottimmobilien oder Kindergeldmissbrauch.

 

Ermittler prüfen künftig auch solche Fälle von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit, bei denen Dienst- oder Werkleistungen noch gar nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen - zum Beispiel auf so genannten Tagelöhnerbörsen. Sie verfolgen zudem Fälle von vorgetäuschten Dienst- oder Werkleistungen, die nur dazu dienen, unberechtigt Sozialleistungen zu erhalten.

 

Um Missbrauch von Kindergeld zu verhindern, erhält die Familienkasse eigene Prüfungskompetenzen. Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen.

 

Quelle: BundesratKOMPAKT vom 28.06.2019 (il)

04.07.2019

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zu entscheiden, ob die Einziehung von Taterträgen aus einem bereits verjährten Delikt von einem Unternehmen möglich ist. Das Unternehmen beschäftigte ohne Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit hunderte bulgarische Arbeiter. Der Tatertrag hieraus beziffert sich auf 10,5 Millionen Euro. Der BGH hatte sich mit dem Problem zu befassen, ob es tatsächlich möglich ist, aus bereits verjährten Delikten, die Taterträge einzuziehen. Mit dem durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mit Wirkung zum 1.7.2017 solle das möglich sein. Der BGH hat den Beschluss auch dem Bundesverfassungsgericht (höchste Gericht in Deutschland) vorgelegt.

Der BGH ist davon überzeugt, dass Art. 316 h S. 1 EGStGB mit den im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) und in den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes unvereinbar ist.
Art. 316 h S. 1 EGStGB ist an den allgemeinen Grundsätzen zu messen, die im Hinblick auf die im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für den Bürger belastende rückwirkende Gesetze gelten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist zu unterscheiden zwischen solchen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und nur ausnahmsweise zulässig sind, und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich verfassungsgemäß sind.
Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich ändernd in einen der Vergangenheit angehörenden Sachverhalt eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“).
Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden.
Zu unserem Fall handelt es sich um eine echte Rückwirkung, die grundsätzlich nicht zulässig ist. Ausnahmsweise ist eine echte Rückwirkung in den folgenden Fällen zulässig:
–Der Betroffene konnte bereits im Zeitpunkt, auf den die Rechtsfolge rückbewirkt wird, nicht auf den Fortbestand der Regelung vertrauen,
–die Rechtslage war unklar bzw. lückenhaft und die rückwirkende Regelung stellt (überhaupt erst) Rechtssicherheit her,
–zwingende Gründe des Gemeinwohls gehen dem Vertrauensschutz vor,
–die Rückwirkung verursacht lediglich einen ganz unerheblichen Schaden (Bagatellvorbehalt).
Eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots echt rückwirkender Gesetze liegt hier nicht vor, so der BGH. Eine der bisher vom BVerfG der vier anerkannten Fallgruppen ist nicht einschlägig. Insbesondere war im hiesigen Fall am 1.8.2016, als die Taten nach § 11 I Nr. 1 SchwArbG spätestens verjährt waren, noch nicht mit einer (rückwirkenden) gesetzlichen Neuregelung zu rechnen.
All diese Maßnahmen der Vermögensabschöpfung verfolgen, auch wenn die vom Täter geleisteten Aufwendungen nicht vom Taterlös in Abzug zu bringen sind (sog. Bruttoprinzip), keinen repressiven, vielmehr einen präventiven Zweck. Dieser besteht darin, einen durch den deliktischen Vermögenserwerb verursachten rechtswidrigen Zustand für die Zukunft zu beseitigen. Die Entziehung deliktisch erlangter Vermögenwerte ist daher nicht Ausdruck vergeltender, sondern ordnender Gerechtigkeit. Da den Vermögensabschöpfungsmaßnahmen kein Strafcharakter zukommt, unterliegen sie nicht dem Schuldgrundsatz.
Von der Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG werden Vermögenswerte, die durch Straftaten erlangt worden sind, nicht generell erfasst. Soweit solche Vermögenswerte betroffen sind, die dem von der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung Betroffenen zivilrechtlich nicht zustehen (§§ 134, 935 BGB), ist dessen Eigentumsgrundrecht schon mangels einer schutzfähigen Rechtsposition nicht berührt. Soweit der Betroffene Vermögenswerte zwar deliktisch, aber zivilrechtlich wirksam erlangt hat, enthält eine Rechtsvorschrift, die deren Entziehung vorsieht, lediglich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums iSd Art. 14 I 2 GG.
Wegen der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 I 1 GG ist in diesem Fall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung geboten. Diese Prüfung umfasst die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der gesetzlichen Regelung im Hinblick auf das legitime gesetzgeberische Ziel, eine Störung der Vermögensordnung zukunftsbezogen zu beseitigen und so der materiellen Rechtsordnung Geltung zu verschaffen. Dass das „Rechtsinstitut des Verfalls“ nach §§ 73 ff. StGB alte Fassung geeignet war, dieses Ziel zu erreichen, hat das BVerfG wie folgt begründet:
„Das Vertrauen der Bevölkerung in die Gerechtigkeit und die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung kann Schaden nehmen, wenn Straftäter deliktisch erlangte Vermögensvorteile dauerhaft behalten dürfen. Eine Duldung solcher strafrechtswidrigen Vermögenslagen durch den Staat könnte den Eindruck hervorrufen, kriminelles Verhalten zahle sich aus, und damit staatlich gesetzten Anreiz zur Begehung gewinnorientierter Delikte geben. Die strafrechtliche Gewinnabschöpfung ist ein geeignetes Mittel, um dies zu verhindern. Sie kann der Bevölkerung den Eindruck vermitteln, der Staat unternehme alles ihm rechtsstaatlich Mögliche, um eine Nutznießung von Verbrechensgewinnen zu unterbinden.“
Gerade § 76 a II 1 StGB neue Fassung soll explizit den Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung stärken, „strafrechtswidrige Störungen der Rechtsordnung zu beseitigen und dadurch der materiellen Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen“ (BT-Drs. 18/11640, 82). Der BGH ist der Ansicht, dass dieser Zweck die neugeschaffene Regelung über die Einziehung von Erträgen aus verjährten rechtswidrigen Taten als solche von Verfassungs wegen zu legitimieren geeignet ist, mag auch die eigenständige 30-jährige Verjährungsfrist des § 76 b I StGB neue Fassung „den Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen vollständig“ ausschöpfen (so BT-Drs. 18/11640, 83).

Das gesetzgeberische Ziel, strafrechtswidrig geschaffene Vermögenslagen zukunftsbezogen zu revidieren, rechtfertigt jedoch für sich noch kein echt rückwirkendes Gesetz.
 
Urteil: BGH, Vorlagebeschluss vom 7.3.2019 – 3 StR 192/18

02.07.2019

 

Der Bauunternehmer hat in einem Zeitraum von vier Jahren eine unbekannt gebliebene Anzahl von Arbeitnehmern „schwarz“ beschäftigt. Er meldete den zuständigen Stellen nicht ordnungsgemäß die Arbeitsverhältnisse an. Hierdurch zahlte er keine Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge seiner Arbeitnehmer an den Behörden.

Um die Barlohnzahlungen zu verschleiern, hat der Angeklagte Scheinrechnungen von tatsächlich nicht tätig gewordenen Subunternehmern veranlasst. Er wurde wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt § 266a StGB und der Hinterziehung von Lohnsteuer zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Sind bei kriminellen Geschäften keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden, ist es dem Tatgericht gestattet, die zu zahlenden Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zu schätzen. Ein solches Verfahren ist stets zulässig, wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen. Im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes kann das Gericht bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen in Form der Schwarzarbeit grundsätzlich 66,66 % des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme zugrunde legen.

Daraus folgt schätzungsweise der Bruttolohn des Angestellten. Möglicherweise zahlt der Angeklagte mehr, als wenn er ordnungsgemäß die Abgabe abgeführt hätte. Das nimmt der BGH aber in Kauf, wenn keine anderweitig verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind. Schließlich kann ein Straftäter nicht bessergestellt sein, als ein redlicher Steuerzahler.

 

Urteil: BGH vom 10.11.2009 – 1 StR 283/09

02.07.2019

 

Der Kläger wandte sich – erfolglos – gegen die räumliche Beschränkung seines Personalausweises. Auch sein Antrag auf die Feststellung, dass die Entziehung seines Reisepasses rechtswidrig gewesen ist, sowie auf die Ausstellung eines neuen Reisepasses hatten keinen Erfolg.
Rechtsgrundlage für die räumliche Beschränkung des Personalausweises ist § 6 Abs. 7 PAuswG i.V.m. § 7 Abs. 1 PassG. Danach kann die zuständige Behörde im Einzelfall anordnen, dass der Personalausweis nicht zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschlands berechtigt, wenn Tatsachen bekannt werden, welche die Passversagung rechtfertigen würden. Nach § 7 Abs.1 Nr.4 PassG ist ein Pass zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen will. Diese Voraussetzungen müssen sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht vorliegen. Hier wurde die räumliche Beschränkung des Personalausweises für den Kläger nicht als unverhältnismäßig angesehen-  er hatte steuerliche Rückstände von 458.703,78 Euro.
Der Passversagungsgrund des § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass aufgrund vollziehbarer Steuerbescheide, die nicht offensichtlich rechtswidrig sind, erhebliche Steuerrückstände bestehen; eine bestands- oder gar rechtskräftige Feststellung ist nicht erforderlich. Der Kläger hatte nach Auskunft des Finanzamtes  am 14. Februar 2019 offene und vollstreckbare steuerliche Rückstände in Höhe von insgesamt 458.703,78 Euro. Anhaltspunkte dafür, dass die der Berechnung des Finanzamtes zu Grunde liegenden Steuerbescheide offensichtlich rechtswidrig wären, liegen nicht vor.
Unerheblich ist auch, ob der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz vor oder nach Fälligkeit der Steuerschuld in das Ausland verlagert hat. Den steuerlichen Verpflichtungen kann sich ein Deutscher auch dadurch entziehen wollen, dass er aus dem Ausland nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren beabsichtigt. Insofern ist unbeachtlich, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen seinen Wohnsitz bereits im Jahr 2006 nach Luxemburg sowie von dort im Jahr 2007 in die Schweiz verlagert hat und dies private Gründe gehabt und in keinem Zusammenhang zu seinen steuerlichen Verpflichtungen gestanden haben soll.
Der von § 7 Abs.1 Nr. 4 PassG in subjektiver Hinsicht geforderte Steuerfluchtwille ist gegeben. Für diese Feststellung genügt zwar nicht schon allein der (mutmaßliche) Wille des Klägers, in absehbarer Zeit mit seinem Wohnsitz nicht in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren. Vielmehr muss ein Kausalzusammenhang zwischen den steuerlichen Verpflichtungen und dem angestrebten weiteren Aufenthalt im Ausland in dem Sinne bestehen, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Steuerpflichtige wolle sich seinen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt entziehen. Das gesamte Verhalten und die sonstigen Umstände müssen bei lebensnaher Beurteilung die Annahme zulassen, dass er in der Absicht handelt, im Ausland zu bleiben, um den Zugriff der Steuerbehörden auf sein Vermögen zu verhindern oder zu erschweren.
Zwar hat der Kläger vorgetragen, seinen Wohnsitz aus privaten Gründen in die Schweiz verlagert zu haben, dies sei bereits vor Einleitung steuerlicher Maßnahmen geplant gewesen. Auch habe er schon zuvor seit dem Jahr 2006 in Luxemburg gelebt. Dagegen spricht allerdings, dass die Gemeinde Konz, wo der Kläger seinen dortigen Wohnsitz erst im Dezember 2007 abgemeldet hat, ihm noch am 31. Juli 2007 einen Reisepass ausstellte und dass die Steuerfahndung des Finanzamtes bereits am 3. April 2007 ermittelte. Dies kann jedoch trotz allem dahinstehen, weil nach ständiger Rechtsprechung bereits eine - hier vorliegende - erhebliche Höhe der Steuerrückstände auf einen Steuerfluchtwillen hindeutet.
Vor allem aber ist ein zusätzliches erhebliches Indiz für einen Steuerfluchtwillen des Klägers darin zu sehen, dass er es an ernsthaften Bemühungen hat fehlen lassen, seine Steuerschulden zu reduzieren über einen sehr langen Zeitraum. Ihm wurde eine Ratezahlung Angeboten. Davon zahlte er aber lediglich zwei- 5.000 Euro.
Nur weil sich der Kläger dem Strafverfahren gestellt hat und in diesem zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, vermag - entgegen seiner Ansicht - die Annahme des Steuerfluchtwillens nicht auszuräumen.
Die Behörde hat das Interessen der Bundesrepublik Deutschland an der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen gegenüber dem Interesse des Klägers an einem legalen Aufenthalt in der Schweiz abgewogen und es zu Recht als vorrangig eingeschätzt.
Die räumliche Beschränkung des Personalausweises wurde als nicht unverhältnismäßig angesehen. Mit ihrer Hilfe kann der gewünschte Erfolg, den Betroffenen zu einer Rückkehr in die Bundesrepublik und zu einer Bezahlung der Steuerrückstände zu veranlassen, gefördert werden.

Urteil: VG Berlin 23.Kammer vom 28.02.2019 - 23 K 142.17

25.06.2019

 

Wer nach anderen Gesetzen als den deutschen Steuergesetzen buchführungspflichtig ist, muss diese Pflicht auch für die deutsche Besteuerung erfüllen. Das gilt selbst dann, wenn sich die Buchführungspflicht nach ausländischem Recht ergibt.

Eine Aktiengesellschaft (AG) war nach liechtensteinischem Recht buchführungspflichtig. Sie besaß im Inland eine vermietete Immobilie und war insoweit in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Das Finanzamt erließ gegen die AG einen Bescheid über den Beginn der Buchführungspflicht für den Gewerbebetrieb „Vermietung und Verwaltung von Grundbesitz“. Der Bundesfinanzhof entschied, dass dieser Bescheid rechtmäßig war. Er schloss sich damit der (nicht unumstrittenen) Rechtsauffassung an, dass auch ausländische Rechtsnormen zur Buchführung im inländischen Besteuerungsverfahren verpflichten können.

Urteil: BFH vom 14.11.2018 - I R 81/16

25.06.2019

 

Der Bundesgerichtshof hat seine Ansicht zur Legitimation einer Gesellschafterliste bekräftigt. Die Gesellschafterliste entfaltet eine Legitimationswirkung zugunsten der dort eingetragenen Personen. In einer GmbH waren die Geschäftsanteile eines Gesellschafters aus wichtigem Grund eingezogen worden.
Vor der Aufnahme der aktualisierten Gesellschafterliste im Handelsregister fand eine Gesellschafterversammlung statt. An dieser nahm auch der Gesellschafter teil, dessen Anteile eingezogen worden waren. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste selbst dann gilt, wenn die Geschäftsanteile zwischenzeitlich an eine andere Person übertragen worden oder aufgrund eines Einziehungsbeschlusses untergegangen sind. Eine in der Gesellschafterliste eingetragene Person kann trotz Verkaufs oder Verlusts der Anteile weiterhin alle Gesellschafterrechte geltend machen, insbesondere bei Gesellschafterversammlungen abstimmen. Durch das Abstellen auf die rein formelle Legitimationswirkung kann im Sinne der Rechtssicherheit eine unter Umständen aufwändige Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse unterbleiben.

 

Urteil: BGH vom 20.11.2018 - II ZR 12/17

25.06.2019
 
Viele Arbeitnehmer müssen eine Zweitwohnung in Anspruch nehmen, weil die Entfernung zwischen Arbeitsort und Hauptwohnung zu weit entfernt ist für die tägliche Fahrt. Laut Statistischem Bundesamt betraf dies im Jahr 2014 fast 385.000 Arbeitnehmer.
 
Welche Kosten sind in diesem Zusammenhang steuerlich absetzbar?
 
Die Miete der Hauptwohnung („Erstwohnsitz“, Lebensmittelpunkt) können Sie nicht abziehen. Demgegenüber können Sie die Miete der Zweitwohnung bis zu 1.000 Euro abziehen. Das folgt aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG. Nicht nur die Miete, auch die Nebenkosten, Kosten für die Müllabfuhr, Straßenreinigung, Rundfunkgebühren und für ein häusliches Arbeitszimmer usw. können Sie abziehen.
 
Der Kläger machte Aufwendungen für die Miete nebst Nebenkosten sowie Anschaffungskosten für die Einrichtung als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt stimmte dem nur bis zu 1.000 Euro zu, wobei die Kosten über diesem Betrag lagen.
Der Entscheidung des Finanzamtes widersprach der Bundesfinanzhof. Die Kosten der Einrichtung seien keine Kosten der Unterkunft und seien daher nicht mit dem Höchstbetrag abgegolten. Aufwendungen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände sind nur für deren Nutzung und nicht für die Nutzung der Unterkunft umfasst. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher gleichzusetzen.
Da die übrigen Kosten den Höchstbetrag von 1.000,- € monatlich nicht überschritten hätten, seien die notwendigen Aufwendungen der Einrichtung in voller Höhe abzugsfähig, so der BFH.
 
Urteil: BFH vom 4.4.2019 – VI R 18/17

20.06.2019

 

Der Weg zum Finanzgericht Münster kann sich in vielfacher Hinsicht für die Steuerpflichtigen lohnen. Das zeigt zunächst die aktuelle Verfahrensstatistik des Finanzgerichts Münster für das Jahr 2018. Die Erfolgsquote für die Steuerpflichtigen lag im Jahr 2018 insgesamt bei rund 49 % und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr nochmals erhöht. Nahezu jede zweite Klage hatte also ganz oder teilweise Erfolg. Das Finanzgericht Münster gewährt als eines von drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichten Rechtsschutz in Steuersachen und Kindergeldangelegenheiten, d.h. es ist zuständig für Klagen von Steuerbürgern gegen Maßnahmen der Finanzämter sowie für Verfahren gegen die für die Kindergeldfestsetzung verantwortlichen Familienkassen. Insgesamt wurden im Jahr 2018 über 3.700 solcher Verfahren vor dem Finanzgericht Münster durchgeführt. Eine streitige Entscheidung (Urteil) ist dabei nur in 20 % der Fälle ergangen. 80 % der Verfahren sind dagegen unstreitig, mithin durch eine vollständige oder teilweise Abhilfe seitens des Finanzamts oder Klagerücknahme erledigt worden.


Dieser hohe Anteil einvernehmlicher Streitbeilegungen beruht vor allem auf der Vielzahl von Erörterungsterminen, die die Richterinnen und Richter des Finanzgerichts gemeinsam mit den Beteiligten durchführten. Dabei handelt es sich um ein persönliches Gespräch am „runden Tisch“, an dem die zuständige Richterin/der zuständige Richter, die Klägerseite und Vertreter des beklagten Finanzamts bzw. der beklagten Familienkasse teilnehmen. In vielen Fällen konnten die Beteiligten dabei den Vorteil des „kurzen Weges“ in Anspruch nehmen, denn auch im Jahr 2018 wurde von den Richterinnen und Richtern vielfach von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Erörterungstermin vor Ort im jeweiligen Finanzamt anzusetzen.


Alle drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichte sind schließlich Vorreiter in der Justiz in dem Bemühen, den Bürgerinnen und Bürgern einen zeitgemäßen Weg zum Rechtsschutz in Steuersachen zu eröffnen. In allen drei Gerichten wurde erfolgreich die elektronische Akte eingeführt. In Münster arbeiten schon seit Mitte letzten Jahres alle Senate digital. Auch für den elektronischen Rechtsverkehr ist das Finanzgericht Münster „startklar“.

Pressemitteilung: http://www.fg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/presse
mitteilungen/PM_6_02_04_2019/index.php


18.06.2019

Nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld vom Beginn des Monates an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monates, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen.
Tritt nun ein Student zu einer letztmaligen Prüfung nicht an, erfolgt meist im nächsten Schritt die Zwangsexmatrikulation. Das kann aber dauern. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern  entschied, dass die Berufsausbildung bereits dann endet, wenn das Kind ein Studium – ungeachtet einer fortbestehenden Immatrikulation – durch Nichtantritt zur letztmaligen Prüfung endgültig abgebrochen hat.
Ein Kind befindet sich in der Berufsausbildung, solange es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber noch ernstlich darauf vorbereitet (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 09. Juni 1999 VI R 50/98).
Zur Hochschulausbildung gehört auch die Ablegung des Examens. Ein Universitätsstudium ist regelmäßig erst in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem eine nach dem einschlägigen Prüfungsrecht zur Feststellung des Studienerfolges vorgesehene Prüfungsentscheidung ergangen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Januar 1999 VII B 214/98).
Ein Hochschulstudium endet spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, kann aber auch bereits zuvor mit Erbringung aller Prüfungsleistungen beendet sein. Die Ausbildung endet auch, wenn das Kind (ungeachtet z. B. einer fortbestehenden Immatrikulation) tatsächlich abbricht.
Mit der Mitteilung des Prüfungsausschusses über den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruches im Studiengang kann von keiner ernsthaften Vorbereitung auf den Berufsabschluss gesehen werden.
Dass der Student(Sohn der Klägerin) im unmittelbaren Anschluss an den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruches im Studiengang Wirtschaftsinformatik im streitigen Zeitraum „März 2015“ eine andere Berufsausbildung begonnen hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Vielmehr hat sie dargelegt, dass der Sohn nach dem Sommersemester 2015 das Erststudium abgebrochen habe und den Beginn eines neuen Studiums zum Wintersemester 2016 anstrebe.

Urteil: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 18.10.2018, 3 K 65/17

06.06.2019

 

Bei der formalen Prüfung der Buchführung kontrollieren sowohl Betriebsprüfer als auch Umsatzsteuersonderprüfer die Vollständigkeit der erklärten Betriebseinnahmen bzw. Umsätze anhand der Rechnungsnummern. Wird dabei festgestellt, dass es Lücken gibt und einzelne Rechnungsnummern in der laufenden Buchführung fehlen, unterstellen die Prüfer, dass sich dahinter zusätzliche Umsätze verbergen. Als Folge drohen häufig astronomische Zuschätzungen. Dabei könnte das Finanzamt z.B die Anzahl der fehlenden Rechnungsnummern mit den durchschnittlichen Umsätzen je Rechnung multiplizieren. 

Das Fehlen von Rechnungsnummern ist zwar ein formaler Mangel. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass auch eine formale fehlerhafte Buchhaltung der Besteuerung zugrunde zu legen ist, sofern sie zu einem materiell richtigen Ergebnis geführt hat. Ob die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 162 Abgabenordnung erfüllt sind, muss das Finanzamt nachweisen. Insoweit können Sie zunächst die Schätzungsbefugnis der Behörde anzweifeln. Ferner setzt das Erfordernis einer Nummer auf jeder Ausgangsrechnung nicht voraus, dass diese fortlaufen geführt werden. Hilfreich ist es, wenn Sie dem Finanzamt plausibel erklären können, wie es zu den Lücken kommt. Dies kann nämlich mehrere Ursachen haben. 

So ist bei den meisten Buchhaltungssystemen eine Rechnung nicht mehr änderbar, sobald eine Nummer vergeben wurde. Sie kann dann nur noch storniert und neu geschrieben werden. In diesen Fällen ist es natürlich ratsam, die stornierten Rechnungen aufzubewahren oder ein Stornoprotokoll zu führen, aus dem sich der Grund der Stornierung ergibt. Wurden die fehlenden Rechnungen nicht archiviert bzw. in keiner solchen Auflistung geführt, müssen Sie versuchen, rückwirkend solche Stornoprotokolle zu erstellen, zumindest für einen repräsentativen Zeitraum.

Zu Lücken bei den Rechnungsnummern kann es auch kommen, wenn mehrere Personen unabhängig voneinander Rechnungen schreiben und jedem Mitarbeiter ein gewisser Nummernkreis zugewiesen wird, den er aber nicht immer ausschöpft. Auch dies ist eine Erklärung, die Sie dem Finanzamt liefern können. Fehlende Rechnungsnummern können auch bei der Verwendung nummerierter Quittungsblöcken auftauchen, falls sich ein Mitarbeiter verschreibt oder den Quittungsblock als Notizblock missbraucht.

05.06.2019

 

Die Steuerbefreiung für gewerbliche Bildungsleistungen wurde kürzlich durch das Euroäpische Gerichts-Urteil a & G Fahrschul-Akademie (C-449/17) eingeschränkt. Dabei definierte der EuGH einen neuartigen, enger als bisher gefassten Unterrichtsbegriff. Diese Definition greift der BFH im vorliegenden Urteil zwar nicht auf. Ungeachtet dessen beurteilt er jedoch die Anforderungen an zu befreiende gewerbliche Bildungsleistungen strenger als zuvor. Nach seinen Maßstäben ist die Befreiung von Unterrichtungen im Tangotanzen ausschließlich bei einem konkreten beruflichen Bezug möglich. Aufgrund der Abweichungen vom EuGH-Unterrichtsbegriff ist die Entscheidung des BFH für alle Anbieter gewerbicher Bildungsleistungen bedeutsam.

05.06.2019

Aufgrund der Regelung des § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG besteht die unwiderlegbare Vermutung, dass Einnahmen von Übungsleiterinnen und -leitern bis zur Höhe von 2.400 Euro im Jahr als steuerfreie Aufwandsentschädigung und nicht als Arbeitsentgeld anzusehen sind, wie das Landessozialgericht entscheid.

05.06.2019

 

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 20. November 2018 VIII R 17/16 (veröffentlicht am 2. Mai 2019) entschieden, dass Verluste aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter auch dann steuerlich berücksichtigt werden können, wenn die Einnahmen den sog. Übungsleiterfrei­betrag nach § 3 Nr. 26 EStG in Höhe von 2.400 € pro Jahr nicht übersteigen, wenn hinsichtlich der Tätigkeit eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt.

 

Urteil:

https://www.iww.de/quellenmaterial/id/208619

05.06.2019

 

Ist der Gewinn aus der Veräußerung einer nach langjähriger Eigennutzung kurzzeitig vermieteten Eigentumswohnung innerhalb von 10 Jahren seit deren Erwerb steuerpflichtig? Das Finanzgericht Baden-Württemberg verneinte dies mit Urteil vom 7. Dezember 2018 (Az. 13 K 289/17).

 

Pressemitteilung:

http://www.fg-baden-wuerttemberg.de/pb/site/pbs-bw-new/get/documents/jum1/JuM/Finanzgericht_

BW/Pressemitteilungen/PM_2019_2_Steuerbarkeit%20Veräußerungsgeschäfte

%20zeitweilige%20Vermietung.pdf

04.06.2019

 

Die BFH-Rechtsprechung zum gleichwertigen privaten Zweitwagen ist ein Meilenstein. Demnach darf das Finanzamt bei einem Unternehmer eine Privatnutzung des Firmenwagens nicht unterstellen, falls der Unternehmer privat ein gleichwertiges Fahrzeug fährt. Zwar gelte bei dem Firmenwagen eines Unternehmers grundsätzlich der Anscheinsbeweis, er fahre den Pkw auch privat. Steht dem Betriebsinhaber jedoch ein gleichwertiger Zweiwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung, wird dieser Beweis erschüttert. In solch einem Fall ist für die Bundesfinanzhof-Richter keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für private Fahren das betriebliche Fahrzeug zu nutzen. 


In einem aktuellen Urteil (Aktenzeichen 9 K 125/18) macht das Niedersächsische Finanzgericht jedoch eine wichtige Einschränkung:


"Der Steuerpflichtige kann sich zur Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht auf ein für private Fahrten zur Verfügung stehendes Fahrzeug berufen, wenn ihm dieses Fahrzeug beispielsweise aufgrund seiner Familienverhältnisse nicht ständig und uneingeschränkt zur Verfügung steht". Im Urteilsfall fuhr der Ehemann einen VW Touareg im Betriebsvermögen. Daneben stand ihm für die private Nutzung ein Volvo XC 90 zur Verfügung. Die Richter erkennen zwar die Gleichwertigkeit beider Fahrzeug an.
Das Problem: Der Volvo wurde nicht nur vom Unternehmer, sondern auch von seiner Ehefrau gefahren. " Durch die regelmäßige Nutzung durch Ehegatten wird der Steuerpflichtige von der Nutzung ausgeschlossen, ihm steht das für private Fahrten gedachte Fahrzeug nicht uneingeschränkt zur Verfügung."

Die Folge: Die Richter gehen trotz gleichwertigen Privatfahzeugs von einer Privatnutzung beim Firmenwagen aus, weil der Ehegatte den Privat-Pkw ebenfalls nutzt. Eine Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hat das Gericht nicht zugelassen. Wir gehen allerdings davon aus, dass der BFH in der Sache entsprechend geurteilt hätte. Somit wäre das Urteil wohl nur anders ausgefallen, falls die Ehefrau z.B. einen weiteren, eigenen Kleinwagen besessen hätte.

04.06.2019

 

In der vergangenen Woche ging es bereits durch fast alle Medien: Aufwendungen eines Fußballtrainers für ein Sky-Bundesliga-Abo können Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sein. So hat es der Bundesfinanzhof in seinem Urteil entschieden (https://www.iww.de/quellenmaterial/id/208757.) und damit der Klage eines Torwarttrainers im Bereich des Lizenzfußballs stattgegeben. Über den konkreten Einzelfall hinaus sind folgende Aussagen für alle abhängig Beschäftigten von großer Bedeutung. Werbungskosten sind unter anderem Aufwendungen für (immaterielle) Wirtschaftsgüter, die unmittelbar der Erledigung beruflicher Aufgaben dienen. Es muss eine ausschließliche oder zumindest weitaus überwiegend berufliche Nutzung (mehr als 90 %) vorliegen, eine geringfügige private Mitbenutzung ist also unschädlich. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist unter Würdigung aller Umstände nach der Funktion des Wirtschaftsguts im Einzelfall festzustellen.

 

Dies bedeutet: Aufwendungen, die bei der großen Mehrheit der Steuerzahler Privatvergnügen sind, können bei speziellen Berufsgruppen sehr wohl steuerlich anerkannt werden. Weil das Finanzgericht Düsseldorf als Vorinstanz die berufliche Veranlassung – ohne weitere Feststellungen zu treffen- verneint hatte, muss es diese nun nachholen. Wichtig für Arbeitnehmer ist es also, schon in der Klageschrift den Veranlassungszusammenhang mit den steuerpflichtigen Einnahmen detailliert darzustellen.

28.05.2019

 

Der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e.V. (DFKA) hat eine Muster-Verfahrensdokumentation zur ordnungsgemäßen Kassenführung veröffentlicht. Das Muster soll als Orientierungshilfe für die Erstellung der individuellen Verfahrensdokumentation dienen. Das kassenführende Unternehmen soll befähigt werden, einen individuellen Prozess der Kassenführung auf Basis zahlreicher Hinweise für die organisatorische Ausgestaltung und mit passenden Formulierungsvorschlägen einzurichten und zu dokumentieren.

Link zum Muster:
https://dfka.net/muster-vd-kasse/

28.05.2019
 
Nach § 20 Abs. 1 GwG haben juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister mitzuteilen. Die Pflicht zur Mitteilung gilt nach § 20 Abs. 2 GwG als erfüllt, wenn sich die genannten Angaben bereits aus den in § 22 Abs. 1 GwG aufgeführten Dokumenten und Eintragungen ergeben, die elektronisch aus dem Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts-, Vereins- oder Unternehmensregister abrufbar sind.
 
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsamts ist bei einer Kommanditgesellschaft die Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG durch die Eintragung im Handelsregister nicht erfüllt, so dass eine ergänzende Mitteilungspflicht besteht. Wie einem Bescheid des Bundesverwaltungsamts zu  entnehmen ist, wird dies damit begründet, dass im Handelsregister nur eingetragen werde, bis zu welcher Haftsumme die einzelnen Kommanditisten haften. Es werde jedoch nicht dargestellt, in welcher Höhe eine Einlage geleistet wurde. Zudem sei aus dem Handelsregister die Einlage des Komplementärs nicht ersichtlich. Dementsprechend ergebe sich die prozentuale Beteiligung der einzelnen Gesellschafter nicht aus dem Handelsregistereintrag.
 
Bitte beachten Sie, dass die Meldepflichten gegenüber dem Transparenzregister demnach auch für Steuerberatungsgesellschaften in der Rechtsform der KG bzw. der GmbH & Co. KG den Meldepflichten gelten.

28.05.2019

 

Die neue Abteilung für Vermögensabschöpfung hat am 18.12.2018 ihre Arbeit bei der Staatsanwaltschaft Berlin aufgenommen. Die Spezialabteilung dient dem Ziel, Organisierte Kriminalität noch wirksamer zu bekämpfen und die 2017 geschaffenen gesetzlichen Möglichkeiten der Einziehung von Vermögenswerten voll auszuschöpfen. Hintergund soll die Bekämpfung organisierter Kriminalität (OK) sein.

 

Aufgabe der Abteilung ist die Beratung und Unterstützung der Berliner Strafverfolgungsbehörden bei Vermögensabschöpfungsmaßnahmen im Rahmen laufender Ermittlungen.
Dazu gehören die Beschlagnahme von Wertgegenständen und Immobilien, der Arrest in Vermögen sowie die Vollstreckung rechtskräftiger Einziehungsentscheidungen. Die neue Abteilung ist zugleich Zentralstelle für die Verwertung virtueller Währungen für sämtliche Vollstreckungsbehörden des Landes Berlin. Ausgewählte Ermittlungsverfahren mit dem Schwerpunkt Vermögensabschöpfung aus dem Bereich OK und Wirtschaftskriminalität sollen hier geführt werden.


Dazu erklärt Generalstaatsanwältin Margarete Koppers: „Die neue Abteilung ist Teil der Hauptabteilung Wirtschaft. Auf diese Weise soll die Vernetzung mit Experten u.a. aus dem Steuerrecht, der Korruptionsdelikte und der Geldwäsche selbstverständlicher Alltag bei der Aufklärung von Finanzströmen und Vermögenswerten unbekannter Herkunft werden."


Eine verstärkte Vernetzung mit anderen Partnern ist im Rahmen der Koordinierungsstelle KO-OK u.a. auch mit den Finanzbehörden und der Steuerfahndung vorgesehen.

 

In der Startphase arbeiten in der Abteilung eine Staatsanwältin und ein Staatsanwalt sowie vier im Thema Vermögensabschöpfung besonders qualifizierte Rechtspflegerinnen.
Anfang 2019 werden zwei weitere Staatsanwältinnen bzw. Staatsanwälte ihren Dienst antreten. Eine Verstärkung ist zudem nach Zuweisung der im Nachtragshaushalt beschlossenen fünf Staatsanwaltsstellen vorgesehen. Zudem sind für den Doppelhaushalt 2020/21 weitere Stellen gezielt für den Bereich Vermögensabschöpfung angemeldet.

 28.05.2019


Am 20.03.2019 haben 140 Ermittler des Zollfahndungsamts Berlin-Brandenburg im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin vier Haftbefehle vollstreckt und 20 Objekte in Berlin und Brandenburg durchsucht.

Vier Beschuldigte im Alter von 48 bis 59 Jahren konnten verhaftet werden. Die Ermittler haben über 50.000 Euro und weitere Beweismittel sichergestellt. Zudem sind im Hinblick auf den Steuerschaden von ca. 100 Millionen Euro Vermögensarreste vollstreckt worden.

Den heutigen strafprozessualen Maßnahmen liegt ein Ermittlungskomplex deutscher und polnischer Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts der Hinterziehung von Energie- und Umsatzsteuer beim Handel mit Mineralöl durch europaweit organisierter Banden zugrunde. Die Ermittlungen richten sich gegen neun Beschuldigte, denen bandenmäßige Steuerhinterziehung mit einem derzeit bekannten Gesamtsteuerschaden von rund 100 Millionen Euro allein in Deutschland sowie gewerbs- und bandenmäßige Geldwäsche zur Last gelegt wird.

Nach den bisherigen Ermittlungen sollen die Täter zwischen August 2014 und April 2018 über zwei in Berlin ansässige Großhandelsgesellschaften durch über 6.000 Transportfahrten große Heizölmengen an verschiedene Abnehmer in Polen geliefert haben, die das in Deutschland niedrig versteuerte und zur Kennzeichnung eingefärbte Heizöl entfärbt haben und unversteuert auf dem polnischen Markt als Dieselkraftstoff verkauft haben sollen. Die Besteuerung bei einer Verwendung als Dieselkraftstoff ist in Deutschland und in Polen um ein vielfaches höher als die Besteuerung für Heizöl.

Die Staatsanwaltschaft Berlin führt die Ermittlungen seit über 1½ Jahren in enger Zusammenarbeit mit der polnischen Justiz und den polnischen Zollfahndungsbehörden unter Einbindung der europäischen Ermittlungs-Koordinierungsstelle Eurojust. In zeitlicher Abstimmung mit den Ermittlungsmaßnahmen in Deutschland erfolgten auch Verhaftungen von Abnehmern des Gasöls und Durchsuchungen in Polen.

 

21.05.2019

 

Heute hat der Rat der EU beschlossen, Aruba, Barbados und Bermuda von der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke zu streichen.

 

Die EU-Liste ist Teil der derzeitigen Bemühungen um die Unterbindung der Steuervermeidung und die Förderung der Grundsätze des verantwortungsvollen Handeln wie Steuertransparenz, Steuergerechtigkeit und internationaler Standards gegen die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung.

Die Liste wurde im Dezember 2017 erstellt und liegt in Anlage I der vom Rat angenommen Schlussfolgerungen vor. Nach einer eingehenden Überprüfung der Umsetzung der Verpflichtungen, die die an diesem Prozess beteiligten Drittländer und -gebiete eingegangen sind, wurde sie im März 2019 überarbeitet.

 

Barbados hat sich auf hoher politischer Ebene verpflichtet, die Bedenken der EU, dass es seine schädlichen Steuervergünstigungsregelungen durch eine Maßnahme mit ähnlicher Wirkung ersetz hat, auszuräumen, während Aruba und Bermuda ihre Verpflichtungen nunmehr umgesetzt haben. Zugleich ist Bermuda nach wie vor verpflichtet, auf die Bedenken der EU im Bereich der kollektiven Geldanlagen einzugehen. Infolgedessen werden Barbados und Bermuda aus Anlage I der Schlussfolgerungen gestrichen und in deren Anlage II aufgenommen, in der Länder und Gebiete aufgeführt sind, die ausreichende Verpflichtungen zur Reform ihrer Steuerpolitik eingegangen sind; Aruba wird hingegen völlig aus beiden Anlagen gestrichen.
Folglich stehen nunmehr noch 12 Länder und Gebiete auf der Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete: Amerikanisch-Samoa, Belize, Dominica Fidschi, Guam, die Marshallinseln, Oman, Samoa, Trinidad und Tobago, die Vereinigten Arabischen Emire, die Amerikanische Jungferninseln und Vanuatu.

 

Die Arbeit an der EU-Liste der nicht kooperativen Ländern und Gebiete ist ein dynamischer Prozess. Der Rat wird die Liste 2019 weiterhin regelmäßig überprüfen und aktualisieren, hat jedoch von 2020 an längere zeitliche Abstände ( zwei Aktualisierungen pro Jahr ) gefordert.

 

Links:

https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8828-2019-REV-1/de/pdf.

https://www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-list-of-non-cooperative-jurisdictions/

https://www.consilium.europa.eu/de/council-eu/preparatory-bodies/code-conduct-group/

 
14.05.2019
 
Facebook bietet die Möglichkeit, selbst Spendenaktionen zu starten, zum Beispiel anlässlich des eigenen Geburtstages.
Aber können diese Spenden auch steuermindernd berücksichtigt werden?
 
Der Spendenbegriff
 
Spenden sind Ausgaben, die von Steuerpflichtigen freiwillig und unentgeltlich zur Förderung bestimmter Zwecke geleistet werden. Zur Abgrenzung solcher Spenden von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist eine deutlich überwiegende und im Vordergrund stehende Spendenmotivation entscheidend.
 
Voraussetzungen für den Spendenabzug
 
Der Begriff der “Spende” erfordert somit ein freiwilliges Handeln des Steuerpflichtigen. Hierfür ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die Zuwendung aufgrund einer freiwillig eingegangenen rechtlichen Verpflichtung geleistet wird.
Die Zahlung der Spende dürfte in dem eingangs skizzierten Fall wohl freiwillig erfolgen.
Außerdem setzt der Begriff “Spende” ein unentgeltliches Handeln voraus. Hieran fehlt es dann, wenn der Steuerpflichtige eine Gegenleistung des Zuwendungsempfängers erhält. Es ist ebenfalls nicht unentgeltlich, wenn die Zuwendung unmittelbar und ursächlich mit einem von einem Dritten gewährten Vorteil zusammenhängt.
Da der Steuerpflichtige für diese Ausgabe keine Gegenleistung erhält, dürfte auch diese Bedingung erfüllt sein.
 
Begünstigter Zweck und Nachweis
 
Nicht jede als „Spende“ bezeichnete Zahlung ist aber auch steuerlich zu berücksichtigen. Begünstigt sind insbesondere Ausgaben zur Förderung mildtätiger Zwecke (§ 53 AO), kirchlicher Zwecke (§ 54 AO), religiöser Zwecke (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO),wissenschaftlicher Zwecke (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO) oder gemeinnütziger Zwecke (§ 52 AO).
Eventuell hat der Initiator der Spendenaktion (das „Geburtstagskind“) auch einen entsprechend begünstigten Empfänger gewählt. Doch wie ist dies nachzuweisen?
 
Der Haken…
 
Wer seine Spende gegenüber dem Finanzamt steuerlich geltend machen möchte, benötigt eine Zuwendungsbestätigung. Spenden können nur durch die gesetzlich vorgeschriebenen Zuwendungsbestätigungen (§ 50 EStDV) nachgewiesen werden. Diese muss nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erfolgen (§ 50 Abs. 1 EStDV). Eine Zuwendung ohne die vorgeschriebene Zuwendungsbestätigung stellt daher keine Spende im Sinne der §§ 10b , 34g EStG dar.
 
Hier kommt der Haken…
 
Schickt Facebook überhaupt eine Zuwendungsbestätigung?
Hierzu lässt sich auf der Seite von Facebook folgende Information finden:
„Wenn jemand eine Spende an eine gemeinnützige Organisation leistet, wird ein Zahlungsbeleg an die in seinem/ihrem Facebook-Konto angegebene primäre E-Mail-Adresse gesendet. Dieser Zahlungsbeleg enthält den Namen, das Logo, die Missionsgrundsätze sowie die EIN-Nummer der Organisation. Außerdem bestätigt sie, dass der Spender/die Spenderin an eine wohltätige Organisation gespendet hat und keine Waren oder Dienstleistungen als Gegenleistung erhält.“
Diese Information wirkt zumindest positiv, insbesondere wegen dem Hinweis auf die EIN-Nummer. Bei der “Employer Identification Number” handelt es sich allerdings um eine, von der IRS (Internal Revenue Service) an Arbeitgeber vergebene Steuernummer der Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten. In Bezug auf den Spendenabzug in Deutschland ist die EIN-Nummer daher unmaßgeblich.
 
Zahlungsbestätigung ist keine Spendenbescheinigung
 
Der Zuwendende erhält also eine Zahlungsbestätigung. Diese erfüllt allerdings nicht die Anforderungen an eine Zuwendungsbestätigung, wie sie in Deutschland erforderlich ist. Im Kleingedruckten der Zahlungsbestätigung bringt Facebook Payments zumindest den Hinweis:
“Für Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen gelten je nach lokalen Gesetzen und dem Standort des Spenders und der Wohltätigkeitsorganisation eventuell Steuerfreibeträge oder – Ermäßigungen. Falls Du **Bezeichnung des Spendenempfängers** kontaktieren möchtest, um einen Steuerbeleg zu erhalten, sende bitte eine E-Mail an …”
 
Fazit
Die Zahlungsbestätigung von Facebook erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Zuwendungsbestätigung. Die Zuwendung stellt daher keine Spende dar. Erst wenn man diesen Zahlungsbeleg an die benannte E-Mailadresse des Spendenempfängers weiterleitet, erhält man eine Spendenbescheinigung, mit der der Zuwendende – unter den weiteren Voraussetzungen – den Spendenbetrag steuermindernd geltend machen kann.

 

07.05.2019


„Es sollte nicht vor Steuerausfällen gewarnt werden, die es gar nicht gibt“, kommentiert Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt)- Präsident Reiner Holznagel die ersten Zahlen aus den Medien zur Mai-Steuerschätzung, die am morgigen Dienstag in Kiel beginnt.

 

Danach fällt das Steuerplus nicht so hoch aus, wie noch bei der Steuerschätzung im Herbst 2018 erwartet. Dennoch ist klar: Die Einnahmen werden insgesamt weiter steigen! Es handelt sich also nicht um echte Steuerausfälle, sondern lediglich um eine gedämpfte Prognose. „Dies darf die Politik nicht zum Anlass nehmen, um auf notwendige Reformen zu verzichten!“


Hier blickt der Bund der Steuerzahler auf das Nachbarland Österreich, das eine grundlegende Steuerreform angekündigt hat, die Bürger und Betriebe entlasten soll. In Deutschland betrug die Steuerquote im vergangenen Jahr – also der Anteil der kassenmäßigen Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt – rund 22,9 Prozent. Das war der höchste Wert seit 1981 und damit ein Spitzenwert!

 

Deshalb bescheinigen auch internationale Organisationen wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung immer wieder, dass die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland überdurchschnittlich hoch ist.

 

„Die Bundesregierung muss endlich Prioritäten bei ihren Ausgaben setzen!“, fordert der BdSt. „Jetzt gilt es, das Steuergeld sinnvoll einzusetzen, um Konsumanreize für Bürger zu setzen, die Wirtschaft wettbewerbsfähig zu halten und die Konjunktur wieder anzukurbeln. Statt auf hohem Niveau zu jammern, sollte die Politik jetzt handeln: Die lang aufgeschobene Tarifreform im Einkommensteuerrecht sowie ein komplettes Soli-Aus für alle sind wesentliche und kluge Instrumente!“

 

02.05.2019
 
In vielen Städten Deutschlands gilt für Wohnraum ein Zweckentfremdungsverbot. Danach dürfen private Wohnungen nicht oder nur in begrenztem Umfang als Ferienwohnungen vermietet werden.

 

In München ist danach eine Vermietung privater Wohnräume länger als acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdbeherbergung genehmigungspflichtig. Die Stadt München hat daher von der in Irland ansässigen Vermietungsplattform Airbnb Auskunft darüber verlangt, welche Vermieter im Stadtgebiet München im Zeitraum Januar 2017 bis Juli 2018 Wohnungen über die Plattform vermietet und dabei die Höchstdauer von acht Wochen überschritten haben.

 

Zu Recht, wie das Verwaltungsgericht München bestätigte. Die Betreibergesellschaft von Airbnb muss, weil sie in Deutschland tätig wird, die nationalen Vorschriften befolgen. Daran ändert auch der irische Firmensitz nichts. Da die Stadt München sachlich und örtlich zuständig war und kein Verstoß gegen EU-Recht oder datenschutzrechtliche Bestimmungen vorlag, war nicht nur das Auskunftsverlangen, sondern auch das zusätzlich angedrohte Zwangsgeld i. H. v. 300.000 € für den Fall der Zuwiderhandlung rechtmäßig.
 
Pressemitteilung
http://www.vgh.bayern.de/media/muenchen/presse/pm_2018_12_13.pdf.


Urteil
VG München, Urteil v. 12.Dezember 2018 – M 9 K 18.4553

 

30.04.2019
 
Ein Einzelhändler stellte seine Frau im Rahmen eines Minijobs für 400 € monatlich als Büro- und Kurierkraft an. Von den insgesamt neun Stunden Arbeitszeit, wurden drei für die Bürokraft, sechs für die Kurierkraft eingeteilt.

 

Wesentlicher Bestandteil des Arbeitslohns war die Möglichkeit, den für die Kurierfahrten eingesetzten Pkw auch privat fahren zu dürfen. Die private Nutzungsmöglichkeit ermittelte der Einzelhändler anhand der 1 % Regelung und zahlte den Differenzbetrag zum Gesamtvergütungsanspruch von 15 € monatlich aus. Die Kosten des Minijobs zog er als Betriebsausgabe vom Gewinn ab. Das Finanzamt erkannte jedoch das Arbeitsverhältnis nicht an.

 

In erster Instanz verlor das Finanzamt vor dem Finanzgericht Köln (FG Köln, Urteil vom 27. September 2017 - 3 K 2547/16). In der zweiten Instanz (Revisionsinstanz) gewann das Finanzamt doch noch vor dem Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 10.Oktober 2018 – X R 44–45/17)


Die kurze Begründung dazu ist: Typischerweise wird ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Firmenwagen nur dann zur uneingeschränkten Privatnutzung überlassen, wenn sich nach überschlägiger Kalkulation sein Aufwand zuzüglich des Barlohns als angemessene Gegenleistung für die Arbeitskraft darstellt. Bei hohem Gehalt wirkt sich die Privatnutzung des Fahrzeugs nur verhältnismäßig gering aus.

Bei einem Minijob hingegen wird die Vergütung im Wesentlichen von der Privatnutzung und nicht der Arbeitsnutzung bestimmt.
 
Urteil
FG Köln, Urteil vom 27. September 2017- 3 K 2547/16

BFH, Urteil vom 10.Oktober 2018 – X R 44–45/17

09.05.2019

 

Bei den am 01.02.2019 verkündeten Eckpunkten (siehe hierzu die NWB-Online Nachricht https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/771820/) handele es sich um das Ergebnis von Gesprächen zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den Ländern, aber nicht um eine Einigung, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (Bundestags-Drucksache 19/9325) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( Bundestags-Drucksache 19/8242) mitteilt.

 

"Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu den Eckpunkten ist noch nicht abgeschlossen. Daher kann die Bundesregierung hierzu noch nicht Stellung nehmen", heißt es in der Antwort.

 

Worum geht es? Die Grundsteuer besteuert das Eigentum an Grundstücken und Gebäuden. Diese Einnahmequelle kommt den Kommunen zugute und stellt mit 15% (ca. 14, 6 Milliarden Euro) des gesamten Haushaltsplans sich als eine wichtige Steuer dar.
 
Das Bundesverfassungsgericht hatte wegen völlig veralteter Bemessungsgrundlagen eine Neuregelung der Grundsteuer verlangt. (BVerfG, Urteil vom 10.4.18 - 1 BvL 11/14) Aktuell werde noch Grundstückswerte von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland genutzt. Für die Umsetzung der Reform gewährte das BVerfG eine großzügige, zweistufige Übergangsfrist:
 
•Bis spätestens zum 31.12.2019 muss der Gesetzgeber die Grundsteuer neu regeln;
•ab Verkündung der Neuregelung darf die “alte” Grundsteuer noch für eine Dauer von maximal fünf Jahren erhoben werden, längstens bis zum 31.12.2024.
 
Können die gesetzten Fristen nicht eingehalten werden, droht der Kommune eine Einnahmequelle zu fehlen.
 
Für die anstehenden Diskussionen mit den Ländern bringt das Bundesfinanzministerium zwei unterschiedliche Bewertungsansätze ein:
 
Ein wertunabhängiges Modell, das an der Fläche der Grundstücke und der Gebäude ansetzt. Dieses Modell basiert auf vergleichsweise einfachen Berechnungen. Es führt allerdings dazu, dass für Immobilien, die zwar ähnliche Flächen aufweisen, sich im Wert aber deutlich unterscheiden, ähnliche Grundsteuerzahlungen fällig würden (Beispiel: Villa im hochpreisigen Zentrum und ein gleich großes Einfamilienhaus am Rande einer Großstadt). Dieses Modell bevorzugt beispielsweise die CSU.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/grundsteuer-kanzleramt-stoppt-entwurf-von-olaf-scholz-a-1265351.html.
 
Beim wertabhängigen Modell soll z. B. bei bebauten Grundstücken der Ertragswert im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten ermittelt werden – unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwerts. Bei selbstgenutzten Wohngebäuden soll eine fiktive Miete angesetzt werden, die auf Daten des Statistischen Bundesamts basiert und nach regionalen Mietenniveaus gestaffelt wird. Dieses Modell bevorzugt der Finanzminister Olaf Scholz
 
Bei der Bewertung der verschiedenen Reformoptionen ist zu beachten: In jedem Modell, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzt, müssen sämtliche Grundstücke neu bewertet werden. Dies geht zwangsläufig mit Änderungen der Steuerzahlungen einzelner Steuerschuldnerinnen und -Schuldner einher. Dies gilt auch dann, wenn sich das Grundsteueraufkommen durch die Reform insgesamt nicht erhöht, d.h. wenn sich Be- und Entlastungen insgesamt ausgleichen. Deshalb geht es vor allem darum, diese Veränderungen sozial gerecht zu verteilen und zusätzliche Belastungen Einzelner entsprechend zu begrenzen. Dieses Ziel lässt sich aus Sicht des Bundesfinanzministeriums (vertreten durch Olaf Scholz) besser mit dem wertabhängigen Modell erreichen, bei dem zudem keine Verfassungsänderung notwendig ist.
 
In diesem Modell bleibt es beim dreistufigen Verfahren, um die Grundsteuer zu berechnen: Zunächst wird der Grundstückswert ermittelt, dann der Steuermessbetrag festgesetzt und schließlich erfolgt die Grundsteuerfestsetzung durch Anwendung des kommunalen Hebesatzes.
Die durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil nötige Reform der Grundsteuer bezieht sich auf die Ermittlung des Grundstückswerts. Unter Beachtung der Vorgaben aus Karlsruhe schlägt das Bundesfinanzministerium vor, die bisher für die Grundsteuer geltenden Bewertungsverfahren zur Ermittlung der Grundstückswerte zu modernisieren und die Steuermesszahlen anzupassen. Er bleibt bei der Bewertung von Grund und Boden sowie der darauf befindlichen Gebäude. Konkret sieht der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums vor:
• Für unbebaute Grundstücke bleibt das Bewertungsverfahren weitgehend gleich. Der Grundstückswert ergibt sich durch Multiplikation der Fläche mit dem aktuellen (ortsbezogenen) Bodenrichtwert.
• Bei bebauten Grundstücken erfolgt die Bewertung grundsätzlich im sog. Ertragswertverfahren. Der Ertragswert wird im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten ermittelt, unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwertes. Bei Wohngebäuden, die von Eigentümerinnen und Eigentümern selbst genutzt werden, wird eine fiktive Miete angesetzt, die auf Daten des Statistischen Bundesamts basiert und nach regionalen Mietenniveaus gestaffelt wird. Dadurch wird verhindert, dass außerordentliche Steigerungen des Mietenniveaus im Umfeld der eigenen Wohnung die Grundsteuer unverhältnismäßig erhöhen.
• Nichtwohngrundstücke – wie z.B. besondere Geschäftsgrundstücke – können häufig mangels vorhandener Mieten nicht im Ertragswertverfahren bewertet werden. Für diese gilt ein Verfahren, das die Herstellungskosten des Gebäudes als Ausgangsbasis nimmt und ebenfalls den Wert des Grundstücks mitberücksichtigt. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erfolgt die Bewertung in einem speziellen Verfahren.
Die Grundstückswerte sollen alle sieben Jahre aktualisiert werden. Dazu sollen die Eigentümerinnen und Eigentümer insbesondere Angaben über die Gebäudefläche und die Höhe der Nettokaltmiete machen. Gleiches gilt bei relevanten baulichen Veränderungen in der Zwischenzeit. Die eigentliche Wertfeststellung nimmt dann das Finanzamt vor. Die Wertberechnung beruht auf relativ wenigen, leicht festzustellenden Größen, so dass der Verwaltungsaufwand beherrschbar ist.

Im Ergebnis wird die Neubewertung dazu führen, dass die tatsächliche Wertentwicklung der Grundstücke seit 1935 bzw. 1964 nachgeholt wird. Ohne weitere Änderungen an der Berechnung würde dies zu einem deutlichen Anstieg des gesamten Grundsteueraufkommens führen. Um dies zu verhindern und das Ziel der Aufkommensneutralität zu erreichen, werden die – im ersten Schritt – ermittelten Grundstückswerte in einem zweiten Schritt durch die radikale Absenkung der sogenannten Steuermesszahl korrigiert, die bundeseinheitlich festgelegt wird. Dabei wird gegenwärtig noch geprüft, ob für große Städte mit besonders hoher Wertentwicklung in einzelnen Stadtteilen/Quartieren eine zusätzliche Ausgleichskomponente notwendig ist. Damit wird die Voraussetzung geschaffen, dass das bundesweite Gesamtaufkommen der Grundsteuer weitgehend konstant bleibt, trotz höherer Grundstückswerte.
Das Grundsteueraufkommen der einzelnen Kommunen kann sich allerdings nach den ersten beiden Schritten verändern. Die Kommunen haben es aber in der Hand – in einem dritten Schritt – durch die Anpassung der Hebesätze, Aufkommensneutralität in ihren Gemeinden sicherzustellen. Der Bund hat keine Möglichkeit, dies durch Festlegung bundeseinheitlicher Werte zu gewährleisten.
 
Abgesehen wieviel mehr an Grundsteuer vor allem in den Großstädten die Eigentümer zu zahlen hätten, können sie diese Kosten durch die Vorschriften §§ 1 Abs. 1, 2 Nr.1 Betriebskostenverordnung und§ 556 Abs.1 S.2 als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Im Ergebnis sind die tatsächlichen Kostentragenden der Grundsteuer dann die Mieter und nicht die Vermieter bei einem Mietverhältnis.
 
Aus dem Grund erwägt Olaf Scholz, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieten im Zuge der anstehenden Reform der Grundsteuer zu beschneiden oder sogar abzuschaffen
https://rp-online.de/politik/deutschland/grundsteuer-olaf-scholz-erwaegt-umlagefaehigkeit-zu-kappen_aid-23787607
 
Hierzu hat am 29.03.2019 die Partei Bündnis 90/Die Grünen bereits einen Gesetzentwurf verabschiedet (Bundestags-Drucksache 19/8827).

Anmerkung:
Käme es zu einer Kappung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer, hätte – sehr beunruhigend – die Politik weniger Druck, massive Erhöhungen der Grundsteuer zu vermeiden. Denn dann müssten ja nur die „Villenbesitzer“ mehr zahlen. Abgesehen davon, dass bereits heute bspw. in Berlin bereits für eine normale Wohnung schon ein mittlerer dreistelliger Betrag (pro Quartal!) an Grundsteuer fällig wird, ist auch nicht einzusehen, dass der Vermieter diese öffentliche Last bei Wohnraumüberlassung allein tragen soll.

 

25.04.2019

  

Der Zoll hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Verstöße gegen das Mindestlohngesetz aufgedeckt. Die Zahl ist von 1.316 Fällen in 2015 auf 6.220 Fälle in 2018 gestiegen (davon 2.744 Fälle von Mindestlohnunterschreitungen). Dies teilte das Bundesfinanzministerium mit.

 

Nach einem Gesetzentwurf (Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, Bundesrats-Drucksache 97/19 vom 1.3.2019) soll die zuständige Sondereinheit beim Zoll durch zusätzliche Befugnisse und mehr Personal gestärkt werden. Damit soll auch die Einhaltung der Mindestlohnverpflichtungen besser überprüft werden können.

18.12.2018

Familien und Alleinerziehende mit Kindern, die (schon früh) im Jahr 2018 in die eigene Immobilie gezogen sind, sollten unbedingt noch bis zum Jahresende das Baukindergeld beantragen. Für 2018 gilt nämlich eine Ausnahmeregelung von der 3-Monats-Antragsfrist nach Einzug.

 

Mit dem Baukindergeld unterstützt der Staat Familien auf dem Weg ins Eigenheim. Es beträgt 12.000 Euro pro Kind und gilt rückwirkend seit dem 01.01.2018. Der jährliche Zuschuss wird für einen Zeitraum von 10 Jahren gezahlt. Das Kind muss bei der Beantragung unter 18 Jahre alt und in diesem Haushalt kindergeldberechtigt sein. Die Einkommensgrenze beträgt 90.000 Euro zu versteuerndes Haushaltseinkommen zuzüglich 15.000 Euro pro Kind (bei zwei Kindern also zum Beispiel 120.000 Euro). Gefördert wird der Erwerb von Wohneigentum, egal ob neu oder gebraucht. Die Förderung können alle erhalten, die zwischen dem 01.01.2018 und dem 31.12.2020 einen Kaufvertrag unterzeichnen oder bis dahin die Baugenehmigung erhalten. Entscheidend ist der Einzugstermin. Der Antrag muss bis zu 3 Monate nach Einzug gestellt werden. Im Jahr 2018 spielt der Einzugstermin bzw. die 3-Monats-Frist keine Rolle.

17.12.2018

Der Bundesrat hat am kurzfristig den Gesetzesbeschluss des Bundestages zu Sonderabschreibungen beim Mietwohnungsneubau von der Tagesordnung abgesetzt.

 

Das Gesetzgebungsverfahren ist damit (noch)  nicht beendet. Theoretisch kann der Gesetzesbeschluss auf Antrag eines Landes oder der Bundesregierung auf eine der nächsten Tagesordnungen des Bundesrates gesetzt werden. Das Gesetz benötigt die Zustimmung des Bundesrates, um in Kraft zu treten.

 

Es ermöglicht privaten Investoren, befristet für vier Jahre fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Wohnung bei der Steuer geltend zu machen. Die bereits geltende lineare Sonderabschreibung über zwei Prozent soll bestehen bleiben. Damit könnten in den ersten vier Jahren insgesamt 28 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Mietwohnung steuerlich abgeschrieben werden.

 

Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist laut Gesetzesbeschluss, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 €/qm Wohnfläche nicht übersteigen. Hierdurch soll der Bau bezahlbarer Mietwohnungen angeregt werden.

 

Außerdem muss die Wohnung im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung Wohnzwecken dienen. Um sicherzustellen, dass die neuen Wohnungen nicht als Ferienwohnungen (unter-)vermietet werden, hat der Bundestag in seinem Gesetzesbeschluss klargestellt, dass die Wohnungen dauerhaft bewohnt sein müssen.

Vorgesehen sind darüber hinaus auch Steuerbegünstigungen für Investitionen in bestehende Gebäude. Auch sie greifen allerdings nur, wenn sie zu neuem Wohnraum führen.

27.11.2018

 

Wer bislang wegen Verschweigens eines umsatzsteuerpflichtigen Umsatzes strafrechtlich belangt wurde, hatte doppelt schlechte Karten. Zum einen musste man sich natürlich wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung (§ 370 Abgabenordnung, AO) mit den Strafbehörden auseinandersetzen. Obendrein ließen die Strafbehörden als auch die Strafgerichte bei der Berechnung der Steuerverkürzung nicht die gezahlte Umsatzsteuer, z.B. bei Einkauf der Ware, als Abzug zu. Damit war regelmäßig der "steuerstrafrechtliche Schaden" höher als der tatsächliche Schaden für den Fiskus, da nur der nicht deklarierte Ausgangsumsatz in die Schadenberechnung zu Lasten des Beschuldigten einfloss.

 

Hieran hält der 1. Senat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13.9.2018, 1 StR 642/17) jedenfalls in der entschiedenen Fallgestaltung nicht weiter fest. Soweit eine nicht erklärte steuerpflichtige Ausgangsleistung eine tatsächlich durchgeführte Lieferung war und die hierbei verwendeten Wirtschaftsgüter unter den Voraussetzungen des § 15 UStG erworben wurden, hat eine Verrechnung von Vorsteuer und Umsatzsteuer stattzufinden. Maßgeblich ist allerdings, dass auch die übrigen Voraussetzungen aus § 15 UStG – insbesondere die Vorlage einer Rechnung – im maßgeblichen Besteuerungszeitraum gegeben sind.

 

Denn das Recht zum Vorsteuerabzug und der Umfang dieses Rechts bestimmt sich danach, ob ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsumsatz besteht. Der Vorsteuervergütungsanspruch ist davon abhängig, dass die Eingangsleistung der unternehmerischen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zuzurechnen ist und für Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet wird, § 15 Abs. 2 UStG.

 

Die tatbestandliche Handlung, die Umsatzsteuer auf den steuerpflichtigen Ausgangsumsatz nicht zu erklären, zieht die Nichtgeltendmachung des an sich bestehenden Vorsteueranspruchs regelmäßig nach sich. Es besteht daher ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsumsatz, der zur Folge hat, dass der Vorsteuervergütungsanspruch im Rahmen der Verkürzungsberechnung von Rechts wegen zu berücksichtigen ist.

 

Fazit: Die Entscheidung der obersten Strafrichte ist durchweg zu begrüßen. Zwar besagt das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 AO, dass der Beschuldigte nicht bei Überführtwerden einer Steuerhinterziehung eine "beliebige" Steuersenkung als Ausgleich verwenden dürfen soll. Das Außerachtlassen der (nicht deklarierten) gezahlten Vorsteuer z.B. ein und desselben Gegenstandes, der für einen ebenfalls nicht deklarierten Ausgangsumsatz verwendet wird, macht allerdings rechtlich und wirtschaftlich keinen Sinn und wurde zu Recht seit langem in der Literatur kritisiert. 

 

Verteidiger können und müssen fortan (falls nicht schon bisher unter Verweis anderer Quellen geschehen) mit der Entscheidung vom 13.9.2018 der allzu weiten Anwendung des Kompensationsverbots entgegen treten.

15.11.2018

 

Ist ein Bauträger rechtsirrig davon ausgegangen, als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen zu sein, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen. Mit Urteil vom 27. September 2018 V R 49/17 verwirft der Bundesfinanzhof (BFH) dabei eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF).

 

Die Entscheidung des BFH betrifft nahezu die gesamte Bauträgerbranche, die in der Vergangenheit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft ("geliefert") hat. Die Finanzverwaltung ist hier über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen seien. Diese Verwaltungspraxis hatte der BFH mit einem im November 2013 veröffentlichten Urteil verworfen (Pressemitteilung Nr. 80 vom 27. November 2013). Vordergründig eröffnete sich dadurch die Möglichkeit eines Wohnungsbaus ohne Umsatzsteuerbelastung: Bauunternehmer konnten im Hinblick auf die ausdrückliche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen - der Bauträger war entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner.

 

Der Gesetzgeber hat hierauf im Jahr 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig regelt. Zudem wurde der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt. Letzteres hat der BFH bereits im Wesentlichen gebilligt (Pressemitteilung Nr. 20 vom 5. April 2017).

 

Ungeklärt war bislang, ob die Finanzverwaltung zur Verhinderung von Steuerausfällen, die in einstelliger Milliardenhöhe befürchtet werden, berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur nachzukommen, wenn der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht (so BMF-Schreiben vom 26. Juli 2017). Diese Einschränkungen sind nach dem Urteil des BFH rechtswidrig.

 

Zentrale Streitfrage war dabei, ob der Bauträger treuwidrig handelt, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlangt, ohne Umsatzsteuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat. Dies verneint der BFH. Die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens kommt danach nicht in Betracht, wenn die Finanzverwaltung aufgrund einer rechtlichen Fehlbeurteilung die entscheidende Ursache für eine unzutreffende Besteuerung gesetzt hat.

Hinweis: Solange noch eine geänderte Festsetzung der Umsatzsteuerbescheide bis 2014 möglich ist, sollte Betroffene hier schnell aktiv werden. Anderenfalls droht Festsetzungsverjährung. Möglich ist zwar, dass in einem zweiten Schritt die bauleistenden Unternehmer die Umsatzsteuer vom Bauträger nachfordern werden (um diese dann an das Finanzamt abzuführen). Gewiss ist letzteres aber keinesfalls. Ferner können Bauträger bei der Erstattung vom für sie günstigen Zinslauf profitieren (6 % per anno). Profitieren Sie im Rahmen von Erstattungsanträgen von unseren einschlägigen jahrelangen Expertise!

18.09.2018

Der „Soli-Abbau-Plan“ von Finanzminister Füracker sieht den stufenweisen Abbau der Steuer vor. Zum 1. Januar 2019 soll die Soli-Zahlpflicht für 90 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerzahler ein Ende haben. Der im Koalitionsvertrag für 2021 vereinbarte Einstieg in den Soli-Abbau soll auf 2019 vorgezogen werden. Dies würde die Steuerzahler bereits um 9 Milliarden Euro jährlich entlasten.

Zusätzlich soll es durch die Einführung einer Freigrenze von 9.000 Euro auch für kleine Kapitalgesellschaften eine Entlastung geben. In der zweiten Stufe soll ab 1. Januar 2020 der Soli-Satz von 5,5 auf 3 Prozent gesenkt werden. Dies bedeutet eine weitere Entlastung um 5 Milliarden Euro jährlich. Ab dem 1. Januar 2021 soll der Soli ganz entfallen - zusätzliches Entlastungsvolumen in der dritten Stufe 6,5 Milliarden Euro. „Mit diesem Konzept haben alle Bürger und Unternehmen eine klare Perspektive: Der Soli wird Geschichte“, hob Füracker hervor.

„Der internationale Steuerwettbewerb zwingt Deutschland dazu, durch eine niedrigere Steuerbelastung in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu sichern. Mit der Einführung einer Teilanrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer wollen wir die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investitionen in Deutschland verbessern. Damit können wir gleichzeitig die Belastungswirkungen der substanzbesteuernden Elemente bei der Gewerbesteuer abmildern“, hob Füracker hervor. Der Handlungsbedarf in Deutschland besteht aufgrund der Senkung der Unternehmensteuersätze bei den wichtigsten Handelspartnern. So haben die USA ihre Bundeskörperschaftsteuer von 35 auf 21 Prozent gesenkt. Frankreich plant die Körperschaftsteuer auf 25 Prozent, Großbritannien auf 17 Prozent zu senken. In Deutschland beträgt dagegen die durchschnittliche Ertragsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften knapp 30 Prozent, in den kreisfreien Städten sogar 31,5 Prozent. Damit ist im Vergleich mit anderen Industrienationen Deutschland innerhalb des letzten Jahrzehnts aus einer Position im Mittelfeld wieder in die Gruppe der Hochsteuerländer aufgerückt.


Angesichts der nach wie vor angespannten Wohnraumversorgung gerade in den wirtschaftlich starken Ballungsräumen will Bayern ein Potenzial von bundesweit 1,1 Millionen zusätzlicher Wohnungen heben. Dazu sollen Aufstockungen an bestehenden Gebäuden beschleunigt - d.h. linear über 10 Jahre, also mit 10 Prozent jährlich - steuerlich abgeschrieben werden können. Dieser Vorschlag hat auch den Vorteil, dass die Anschaffung von Grund und Boden entfällt und der Flächenverbrauch reduziert wird. Bund, Länder und Gemeinden kostet diese Förderung durchschnittlich jährlich 600 Millionen Euro.

 

06.08.2018

 

Das Bundeskabinett schafft mit seinem Beschluss vom 1.8.2018 Erleichterungen für Online-Händler und Marktplatzbetreiber. Konkret geht es um den Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen Steuerbetrug beim Online-Handel (vormals: Jahressteuergesetz 2018). Damit greift die Regierung erfreulicherweise die Kritik des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) aus seiner Stellungnahme S 07/18 zum Referentenentwurf des BMF auf.
 
Bescheinigung über steuerliche Erfassung als Schutzschild vor überbordender Haftung
 
Betreiber elektronischer Marktplätze sollen künftig für die von Online-Händlern nicht entrichtete Umsatzsteuer haften – und zwar, wenn diese aus Lieferumsätzen auf der Plattform resultieren. Der Referentenentwurf bot dem Marktplatzbetreiber keine rechtssichere Möglichkeit, die Haftung abzuwenden. Zu Recht wurde kritisierte, dass dem ehrlichen Unternehmer so ein unüberschaubares und nicht gerechtfertigtes Risiko auferlegt worden wäre. Nach dem Kabinettswillen soll jetzt für die Enthaftung regelmäßig eine Bescheinigung des Online-Händlers über dessen steuerliche Erfassung ausreichen. Damit wird sie zum Schutzschild vor überbordenden Risiken.
 
Bescheinigungsausstellung nicht im Ermessen der Finanzbehörden
 
Der Kabinettsentwurf bietet insoweit auch für den Online-Händler Positives: Nach dem Referentenentwurf hätte das Finanzamt die Bescheinigung über dessen steuerliche Erfassung ablehnen können. Nämlich dann, wenn der Händler in der Vergangenheit seine steuerlichen Pflichten nicht erfüllt hätte und nach der Prognose des Finanzamts auch künftig nicht erfüllen würde. Auch hier war völlig unklar, worauf sich der Verkäufer hätte einstellen müssen.
 
Diese Unsicherheit war nicht tragbar, da die Bescheinigung für den Online-Händler zu der maßgeblichen Voraussetzung für seine Tätigkeit werden wird. Die Abhängigkeit von der Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist vom Tisch: Der Regierungsentwurf sieht keine Versagungsmöglichkeit mehr vor.
 
Ausblick
 
Angesichts der enormen bürokratischen Zusatzbelastung, welche die neuen Vorgaben für Marktplatzbetreiber und Online-Verkäufer bedeuten, ist das Gesetzesvorhaben immer noch starker Tobak. Der Referentenentwurf schoss deutlich über das Ziel hinaus. Durch die jetzigen Modifikationen des Kabinetts treten leichte Abmilderungen ein. Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Finanzverwaltung die Bescheinigungen zügig ausstellt und damit die Wirtschaft nicht behindert.
 
Überdies ist unklar, wie oft der Gang zum Finanzamt notwendig wird: Längstens soll die Bescheinigung für drei Jahre gelten – möglicherweise auch kürzer. Dann fängt die bürokratische Kontrollschleife von vorne an. Weitere Verbesserungen müssen her!

 

20.06.2018

In Umsatzsteuervoranmeldungen können Unternehmer nur in Deutschland gezahlte Umsatzsteuer als sogenannte Vorsteuer geltend machen. Oft erwerben Unternehmen aber auch im Ausland Waren oder beziehen Leistungen, ohne dort selbst Umsätze zu erbringen. Für in Rechnungen ausgewiesene ausländische Umsatzsteuer gilt ein besonderes Vorsteuervergütungsverfahren.

 

Mit diesem Verfahren kann der Unternehmer die im Ausland gezahlte Umsatzsteuer erstattet bekommen, sofern er in dem ausländischen Land nicht als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer registriert ist.

 

Wie das Vorsteuervergütungsverfahren abläuft, hängt davon ab, ob es sich um einen Staat in der EU handelt oder nicht. Das Vergütungsverfahren für EU-Länder erfolgt elektronisch über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Hier gilt für 2017 gezahlte Umsatzsteuer eine Antragsfrist bis 30. September 2018.

 

Auch mit einigen Nicht-EU-Staaten ist auf Grundlage zwischenstaatlicher Abkommen eine Vorsteuervergütung möglich. Hierzu zählen z. B. die USA, Kanada, Japan, China, Israel, Norwegen, die Schweiz und weitere Länder (ein Verzeichnis dieser Staaten findet sich unter www.bzst.de -> Vorsteuervergütung). In diesen Fällen muss die Antragstellung direkt vor Ort oder über die Außenhandelskammern geltend gemacht werden. Deren Kontaktdaten sind unter www.ahk.de zu finden.

 

Wichtig: Die Frist für die Antragstellung ist nicht verlängerbar und endet am

•             30.06.2018 für Nicht EU-Länder

•             30.09.2018 für EU-Länder.

 

Die Anträge sind in der Regel in den Drittstaaten auf dem Postweg zu stellen. Da der Eingang maßgeblich ist, ist unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Postlaufzeiten EILE GEBOTEN!

Der Vergütungszeitraum beträgt mindestens drei aufeinanderfolgende Monate, höchstens ein Jahr. Zudem sind Antragsmindestsummen zwischen 50 € (EU-Land) und 500 € (Nicht-EU-Länder) zu beachten. Die Vorsteuerbeträge müssen durch Originalrechnungen belegt werden. Jedem Antrag ist eine Unternehmerbescheinigung (Formular USt 1 TN) beizufügen, die beim zuständigen deutschen Finanzamt durch den Unternehmer beantragt werden kann.

 

04.10.2017

 

Wird ein Gesellschafter im Insolvenzverfahren als Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen, führt dies entgegen einer langjährigen Rechtsprechung nach Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 36/15 entschieden hat.

 

In dem vom BFH entschiedenen, das Jahr 2010 betreffenden Fall, hatte ein Alleingesellschafter einer GmbH Bürgschaften für deren Bankverbindlichkeiten übernommen. In der Insolvenz der GmbH wurde er von der Gläubigerbank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Da er mit seinem Regressanspruch gegen die insolvente GmbH ausgefallen war, begehrte er die steuerliche Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang geleisteten Zahlungen auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung.

 

Bisher nahm der BFH in solchen Fällen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an, wenn das Darlehen oder die Bürgschaft eigenkapitalersetzend waren. Nachträgliche Anschaffungskosten minderten den Veräußerungs- oder Auflösungsgewinn oder erhöhten einen entsprechenden Verlust. Bei der Frage, ob die Finanzierungshilfe des Gesellschafters eigenkapitalersetzend war, orientierte sich der BFH an den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zum sog. Eigenkapitalersatzrecht.

 

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 hat der Gesetzgeber allerdings das Eigenkapitalersatzrecht aufgehoben und durch eine insolvenzrechtliche Regelung ersetzt. Darlehen, die ein Gesellschafter seiner Gesellschaft gegeben hat, sind danach im Insolvenzverfahren der Gesellschaft nachrangig zu erfüllen. Eine Kapitalbindung tritt nicht mehr ein. Seitdem war umstritten und höchstrichterlich ungeklärt, welche Auswirkungen dies steuerrechtlich auf die Rechtsprechung zu nachträglichen Anschaffungskosten hat.

 

Der BFH hat jetzt entschieden, dass mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts die gesetzliche Grundlage für die bisherige Annahme von nachträglichen Anschaffungskosten entfallen ist. Nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung sind deshalb - wie auch ansonsten im Einkommensteuerrecht - nur noch nach Maßgabe der handelsrechtlichen Begriffsdefinition in § 255 des Handelsgesetzbuchs anzuerkennen. Darin liegt eine wesentliche Einschränkung gegenüber der bisherigen Praxis.

 

Hervorzuheben ist, dass jetzt erstmals auch ein Fachsenat des BFH aus Gründen des Vertrauensschutzes eine zeitliche Anwendungsregelung für ein Urteil getroffen hat. Zwar ist der Kläger nach dem neuen Urteil eigentlich nicht mehr berechtigt, seinen Forderungsausfall als nachträgliche Anschaffungskosten geltend zu machen. Der BFH gewährt jedoch Vertrauensschutz in die bisherige Rechtsprechung für alle Fälle, in denen der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung des Urteils am 27. September 2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Diese Fälle sind daher, wenn es für die Steuerpflichtigen günstiger ist, weiterhin nach den bisher geltenden Grundsätzen zu beurteilen. So lag es im Streitfall. Die Bürgschaften des Klägers waren bereits im Zeitpunkt ihrer Hingabe eigenkapitalersetzend.

 

Die Entscheidung des BFH hat große Auswirkung auf die Finanzierung von Kapitalgesellschaften durch Gesellschafterdarlehen und die Absicherung von Darlehen durch Bürgschaften des Gesellschafters. In einer Reihe weiterer Fälle wird der BFH demnächst die neuen Grundsätze konkretisieren. (PM 60/2017 des Bundesfinanzhofs)

 

Hinweis: Mit dieser Entscheidung (und angekündigten weiteren) bedarf die Finanzierungsfrage von Kapitalgesellschaften durch den/die Gesellschafter einer noch eingehenderen, nicht nur steuerlichen Betrachtung. Denn mit einem Wegfall von Werbungskosten/Betriebsausgaben durch Ausfall des Darlehens/der Bürgschaft kann im Einzelfall der Zuschuss von Eigenkapital wieder attraktiver sein. Dies beispielsweise, wenn hiermit ein besseres Rating der Gesellschaft verbunden ist oder ganz allgemein hiermit auch externe Gläubiger ihrerseits motiviert werden, zur Finanzierung beizutragen.

 

 

21.05.2017

 

Der Bund der Steuerzahler hat erfolgreich einen Musterprozess unterstützt, in dem nun vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt wurde, ob ein Gesellschafterwechsel bei einer Kapitalgesellschaft dazu führen darf, dass Verluste aus der bisherigen Tätigkeit der Gesellschaft verlorengehen und daher für eine spätere Verrechnung mit Gewinnen nicht mehr zur Verfügung stehen. Nach § 8c KStG hat die Übertragung von mehr als 25 Prozent der Anteile zur Folge, dass die Verluste nicht mehr mit späteren Gewinnen der Gesellschaft verrechnet wer­den können. Mit dem Paragraphen 8c KStG beabsichtigt der Gesetzgeber, missbräuchliche Steuergestaltung zu verhindern.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass der § 8c KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes von 2008 und in den nachfolgenden Fassungen gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) verstoße. Es fehle an einem sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte. Der alleinige Erwerb von mehr als 25 Prozent der Anteile an einer Kapitalgesellschaft sei noch kein Indiz für missbräuchliche Steuergestaltung, da es für die Übertragung von Beteiligungen an Verlustgesellschaften vielfältige Gründe geben kann. Dass der Anteilseigner die Verluste zur Steuerminderung für Gewinne aus einem anderen Unternehmen nutzen will, könne nicht pauschal angenommen werden. 

 

Im konkreten Sachverhalt hat eine GmbH geklagt, die Pauschalreisen organisiert, plant und vermittelt. Die GmbH wurde 2006 von zwei Ge­sellschaftern gegründet, dessen Geschäftstätigkeit in den Jahren 2006 und 2007 zu Verlusten führte. Im Jahr 2008 verkaufte einer der Gründungsgesellschafter wegen einer persönlichen finanziellen Notlage seine Anteile an einen neuen Gesellschafter. Zwar erzielte die GmbH im gleichen Jahr Gewinne, doch berücksichtigte das Finanzamt dabei die Verluste aus 2006 und 2007 nicht. Durch den Gesellschafterwechsel wendete das Finanzamt die Regelung des § 8c KStG an, wonach ein Großteil der Verluste aus den Anfangsjahren nicht berücksichtigt wurde. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es der GmbH nun möglich, den Verlustvortrag für die Jahre 2006 und 2007 vorzunehmen. Somit darf die GmbH die Verluste mit den Gewinnen aus dem Jahr 2008 verrechnen.

 

Das Urteil ist besonders für solche Kapitalgesellschaften von Bedeutung, deren Steuerbescheid aufgrund eines Einspruchs- oder Klageverfahrens noch offen ist oder deren Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind. Diese Steuerzahler können sich auf das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az.:2 BvL 6/11) berufen und den Verlustvortrag für den Zeitraum zwischen 2008-2016 geltend machen.

 

20.05.2017

 

Zum 31. Mai 2017 läuft die Frist für die Dokumentation von im Jahr 2016 erworbenen Wirtschaftsgütern zum unternehmerischen Vermögen ab. Für jedes Wirtschaftsgut muss der Unternehmer entscheiden, ob er es seinem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen oder seinem Privatvermögen zuordnet. Bei Wahlrechten sind diese „zeitnah" zu dokumentieren.

 

Dies betrifft insbesondere Wirtschaftsgüter, die nicht ausschließlich beruflich oder betrieblich, sondern auch privat genutzt werden. Soweit die Gegenstände mindestens 10% betrieblich oder beruflich genutzt werden, dürfen diese dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Beispiele sind PKW, Immobilien aber auch teure IT-, Foto- oder Videoausrüstungen. Auch E-Bikes können in Frage kommen.

 

Diese Zuordnung hat Auswirkungen auf den umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug, insbesondere wenn sich die Nutzungsverhältnisse beruflich/privat in Folgejahren ändern. Üblicherweise erfolgt diese Dokumentation durch Erfassung in der laufenden Buchhaltung (zeitnahe Aufzeichnungspflicht) sowie durch die Umsatzsteuervoranmeldung. Damit ist das Kriterium „zeitnah" erfüllt.

 

Steuerpflichtige, die die Umsatzsteuer nur jährlich erklären oder die Anschaffungen über das Privatkonto bezahlt und diese daher nicht in den zeitnahen Aufzeichnungen erfasst haben, müssen solche „Zuordnungsentscheidungen" außerhalb von Steuererklärungen, z. B. durch ein gesondertes Schreiben, dem Finanzamt mitteilen.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteile vom 7.7.2011, V R 42/09 und V R 21/10) muss diese schriftliche Mitteilung bis zum 31. Mai des der Anschaffung folgenden Jahres dem Finanzamt vorliegen. Aus Beweisvorsorgegründen sollte man das Einwurfeinschreiben oder die Faxübermittlung (als Nachweis) aufzubewahren. E-Mail ist nicht unbedingt zu empfehlen. Wird das Zuordnungswahlrecht nicht fristgerecht bis zum 31. Mai ausgeübt, ist der Vorsteuerabzug für dieses Wirtschaftsgut endgültig ausgeschlossen.

 

Nicht zu vergessen sind auch längerfristige Investitionen (Hausbau). Die Mitteilung darf nicht erst mit Fertigstellung erfolgen, sondern muss für jedes Jahr anteilig bis 31. Mai des Folgejahres angezeigt werden.

 

Schließlich muss bei Wirtschaftsgütern, die auch privat genutzt werden, im Anschaffungsjahr die „vollständige Zuordnung" mitgeteilt werden, auch wenn in der Umsatzsteuervoranmeldung gemäß den tatsächlichen Verhältnissen nur 50% betriebliche Nutzung berücksichtig ist. Eine spätere Erhöhung des betrieblichen/beruflichen Nutzungsanteils auf 75% oder 100% ist ohne eine solche Mitteilung dann in Folgejahren ausgeschlossen.

 

 

 

 

26.04.2017

 

Aufgrund einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) können mehr Selbständige als bisher Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen. Hintergrund ist folgender: Viele Selbstständige, die freiberuflich oder gewerblich tätig sind - sei es auf der Baustelle, in der Werkstatt, als Außendienstler oder in einer Klinik – verfügen an oder in der Betriebsstätte über keinen Büroarbeitsplatz, der auch vertrauliche Büroarbeiten im Rahmen gewöhnlicher Arbeitszeiten (etwa Geldverkehr, Lohnabrechnungen, Rechnungswesen) ermöglicht. Selbständige erledigen solche Tätigkeiten deshalb oft vom häuslichen Arbeitszimmer aus. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind jedoch grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Eine Ausnahme gilt nur, wenn für berufliche oder betriebliche Tätigkeiten kein „anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht.

 

Der BFH entschied mit Urteil vom 22.02.2017 (Az. III R 9/16) über die Nutzungsmöglichkeit eines „anderen Arbeitsplatzes" im Betrieb. Er traf eine positive Entscheidung für den Steuerpflichtigen (im Streitfall ein Logopäde), der mit vier Angestellten in gemieteten Räumen arbeitete, dort aber nicht in angemessener Weise seine Büro-Verwaltungsarbeiten verrichten konnte und die Bürotätigkeiten auch nicht stets erst nach Dienstschluss durchführen wollte.

 

Das Finanzamt meinte, ein „anderer Arbeitsplatz" sei grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet sei. Der BFH hingegen differenzierte die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes und die Rahmenbedingungen der Nutzung dahingehend, dass nicht allein aus einem vorhandenen Schreibtisch in einem Praxisraum darauf geschlossen werden kann, dass dieser Arbeitsplatz für alle Aufgabenbereiche zur Verfügung steht. Sowohl die Arbeitsplatzbeschaffenheit (Größe, Ausstattung, Lage), als auch die Rahmenbedingungen der Nutzungsmöglichkeit (Ausgestaltung der Betriebsräume, Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitsplatzes) seien im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu werten. Dabei spiele auch die Vertraulichkeit der Arbeitsvorgänge gegenüber Patienten oder Kunden sowie Mitarbeitern eine Rolle.

 

Achtung: So angenehm die steuerliche Abzugsmöglichkeit für ein häusliches Arbeitszimmer ist, so notwendig ist eine steuerliche Beratung über mögliche „Nebenwirkungen". Denn richten Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer im eigenen Haus oder der Eigentumswohnung ein, so kann dadurch „steuerverhaftetes" Betriebsvermögen entstehen mit der Folge, dass bei Aufgabe der Tätigkeit oder Verkauf der Immobilie daraus Steuer entstehen kann.

 

13.04.2017

 

Der BFH hat zwei – auch als "Goldfinger-Modelle" beschriebene – Gestaltungen akzeptiert, bei denen Personengesellschaften durch den Ankauf physischen Goldes Verluste aus Gewerbebetrieb erzielt haben.

 

Diese Gestaltungen führen bei den Gesellschaftern zu Steuervorteilen, wenn kein sog. Steuerstundungsmodell vorliegt, so der BFH.

 

Bei der inlandsbezogenen Gestaltung (inländische Personengesellschaft – "Inlandsfall" (IV R 10/14) tritt typischerweise ein "Steuerstundungseffekt" ein. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Anschaffungskosten für das Gold als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu einem gewerblichen Verlust führen, der mit bzw. von anderen positiven Einkünften der Gesellschafter ausgeglichen bzw. abgezogen werden kann. Bei der auslandsbezogenen Gestaltung (ausländische Personengesellschaft – "Auslandsfall" (IV R 50/14)) kommt es typischerweise zu einer endgültigen Reduzierung der Einkommensteuerbelastung. Dies ist eine Folge des durch die ausländischen Verluste ggf. bis auf Null reduzierten Steuersatzes (sog. negativer Progressionsvorbehalt), dem durch den Verkauf des Goldes in einem späteren Jahr regelmäßig keine oder nur eine geringe Steuersatzsteigerung gegenübersteht.

 

Die Gestaltungen basieren (verkürzt dargestellt) darauf, dass die Personengesellschaften durch den An- und Verkauf physischen Goldes eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, sie ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln dürfen und sie dabei die Anschaffungskosten für das als Umlaufvermögen zu qualifizierende Gold sofort als Betriebsausgaben geltend machen können.

 

Der BFH hat in beiden Fällen die Urteile der Vorinstanzen bestätigt, wonach im Inlandsfall u.a. entsprechende Verluste (negative Einkünfte) aus Gewerbebetrieb und im Auslandsfall entsprechende negative Progressionseinkünfte festzustellen sind.

 

Der BGH hat im Inlandsfall entschieden, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die nur kraft Fiktion gewerbliche Einkünfte erzielt, Umlaufvermögen haben kann. Im Auslandsfall hat er entschieden, dass auf den An- und Verkauf von physischem Gold die Grundsätze des Wertpapierhandels nicht übertragbar sind; er bejahte aufgrund der Besonderheiten des Goldhandels einen Gewerbetrieb i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG.

Zu beiden Fällen führte er aus, dass die Aufwendungen im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung für die Anschaffung der Goldbarren nicht nach § 4 Abs. 3 Satz 4 Varianten 1 oder 3 EStG vom sofortigen Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind.

 

Allerdings ist der Gesetzgeber zwischenzeitlich gegen derartige Gestaltungen vorgegangen. Er hat für Inlandsfälle dem § 15b EStG einen Absatz 3a angefügt. Danach liegt unter den dort näher genannten Voraussetzungen ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b EStG vor. Verluste hieraus können nicht mehr mit bzw. von anderen positiven Einkünften ausgeglichen bzw. abgezogen werden, sondern sind nur noch mit künftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar (erstmals anwendbar auf Modelle, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28.11.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden).

 

Für Auslandsfälle hat er zum einen die Vorschrift des § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG eingefügt, die bei Ermittlung des anzuwendenden Einkommensteuersatzes einen sofortigen Betriebsausgabenabzug verhindert (erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28.02.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Zum anderen hat er § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG um die – in allen offenen Fällen anwendbare – Regelung ergänzt, dass § 15b EStG sinngemäß anzuwenden ist.

 

PM 24/2017 des BFH

16.03.2017

 

Eine umfangreiche Reform der Strafprozessordnung sieht der jetzt im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" vor. Wie es in der Begründung heißt, geht es darum, angesichts der hohen Belastung der Strafgerichte "eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann". Ziel ist die Entlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften bei Wahrung und teilweise Stärkung der Rechte von Beschuldigten. Der Gesetzentwurf schlägt dazu eine Vielzahl von Regelungen vor. Grundlage waren Empfehlungen einer vom Bundesjustizministerium 2014 eingesetzten Expertenkommission.

 

Im Ermittlungsverfahren sollen Zeugen verpflichtet werden, bei der Polizei zu erscheinen. Andernfalls müssen Staatsanwaltschaft und Gericht sie nicht mehr vernehmen. Dies soll ebenso zur Verfahrensbeschleunigung beitragen wie die alleinige Zuständigkeit des Ermittlungsrichters für die Bestellung von Pflichtverteidigern. Zur Entlastung der Staatsanwaltschaft soll der Tatbestand der Nötigung zum Privatklagedelikt werden, nur bei besonders schweren Fällen der Nötigung muss sie weiterhin tätig werden. Mehrere Gesetzesänderungen sollen helfen, Verzögerungen im Hauptverfahren durch Befangenheitsanträge zu vermeiden. So kann zunächst mit der Hauptverhandlung begonnen werden, wenn ein Richter erst kurz vor ihrem Beginn abgelehnt wird. Auch sollen die Möglichkeiten beschränkt werden, Verfahren durch neue Beweisanträge zu verzögern. Das Beweisantragsrecht an sich soll aber nicht eingeschränkt werden.

 

In mehr Fällen als bisher soll statt der Vernehmung eines ärztlichen Sachverständigen die Verlesung eines Attests genügen. Eine Reihe vorgeschlagener Maßnahmen dient auch der Vereinfachung und Beschleunigung von Revisions- und Strafvollstreckungsverfahren.

 

Zur besseren Dokumentation von Ermittlungsverfahren sollen Vernehmungen vermehrt audiovisuell aufgezeichnet werden. Solche Videos sollen nicht nur die Wahrheitsfindung optimieren, sondern öfter auch die persönliche Ladung von bereits Vernommenen vor Gericht verzichtbar machen. Wie es im Gesetzentwurf heißt, soll diese Regelung "der Erprobung zeitgemäßer Instrumente zur Ermittlung des wahren Sachverhalts" dienen. Erweitert werden soll die Verwendbarkeit von DNA-Analysen. Neben Volltreffern bei Reihenuntersuchungen sollen künftig auch "Beinahetreffer", die ein Verwandtschaftsverhältnis anzeigen, als Beweismittel zugelassen werden.

 

Mehrere vorgeschlagene Regelungen dienen der besseren Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten und dem transparenteren Ablauf eines Prozesses. So soll bei umfangreichen Verfahren der Richter vorab den Ablauf mit dem Verteidiger, dem Staatsanwalt und dem Nebenklägervertreter abstimmen. Den Interessen von Beschuldigten sollen unter anderem erweiterte Regelungen zur Bestellung von Pflichtverteidigern dienen. So kann bereits im Ermittlungsverfahren, insbesondere bei der Vernehmung von Belastungszeugen, ein Pflichtverteidiger zugezogen werden. Auch soll es möglich werden, einen Pflichtverteidiger nicht nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu bestellen, sondern auch von Amts wegen durch das Gericht.

06.03.2017

 

Der BFH bestätigt erneut, dass die Berichtigung einer Rechnung auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung zurückwirkt. Der BFH liefert damit weitere Argumente zum Wegfall einer Vollverzinsung des Vorsteuerabzugs bei nachträglicher Rechnungsberichtigung

 

In Folge der Senatex-Entscheidung des EuGH hatte auch der BFH die Rückwirkung einer Rechnungskorrektur bejaht (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.2016, V R 26/15). Diese Auffassung bestätigt der BFH nun mit einem weiteren Urteil. Wird zunächst eine nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung ausgestellt und wird diese Rechnung später berichtigt, kann das Recht auf Vorsteuerabzug aufgrund der berichtigten Rechnung (weiterhin) für den Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (BFH-Urteil vom 20.10.2016, V R 64/14). Im Streitfall waren die ursprünglich ausgestellten Rechnungen berichtigungsfähig, das heißt die Dokumente enthielten zumindest Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Die Berichtigungen erfolgten noch vor dem Erlass der geänderten Umsatzsteuerbescheide und damit für den BFH auch rechtzeitig.

 

Die Beantwortung der Frage, ob ein Vorsteuerabzug auch ohne berichtigte Rechnung möglich gewesen wäre, konnte der BFH auch in diesem Fall offen lassen. Der EuGH jedenfalls schließt auch dies nicht kategorisch aus (EuGH-Urteil vom 15.09.2016, C-516/14).

 

Quelle: EY-Newsletter vom 23.02.2017

28.02.2017

 

Der BFH hat entschieden, dass ein Finanzamt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, wenn es zunächst aufgrund einer einvernehmlichen Beendigung eines Finanzrechtsstreits den angefochtenen Steuerbescheid zwar aufhebt, im Anschluss daran aber erneut einen inhaltsgleichen Verwaltungsakt erlässt.

 

Im Urteilsfall hatte sich das Finanzamt mit der Klägerin in einer einen Feststellungsbescheid (Steuerbescheid) betreffenden Finanzstreitsache nach einem entsprechenden Hinweis des Finanzgerichts zunächst dahingehend verständigt, den in Streit stehenden Änderungsbescheid noch während der mündlichen Verhandlung aufzuheben und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Im Gegenzug nahm die Klägerin ihren Einspruch zurück und erklärte den Rechtsstreit ebenfalls in der Hauptsache für erledigt. Kurze Zeit später erließ das Finanzamt einen inhaltsgleichen Änderungsbescheid, den es nunmehr auf eine andere Rechtsgrundlage stützte. Das von der Klägerin erneut angerufene Finanzgericht hob den Zweitbescheid auf, weil die rechtlichen Voraussetzungen der vom Finanzamt beabsichtigten Korrektur des Steuerbescheids im Urteilsfall nicht gegeben gewesen seien.

Der BFH hat die vorinstanzliche Entscheidung im Ergebnis bestätigt.

 

Nach Auffassung des BFH ist das Finanzamt aufgrund seines Verhaltens in der ersten mündlichen Verhandlung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert gewesen, im Nachgang einen inhaltsgleichen Steuerbescheid erneut zu erlassen. Es liege ein Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens vor. Entscheidend hierfür sei die zwischen den Beteiligten getroffene verfahrensbeendende Absprache vor dem Finanzgericht. Indem das Finanzamt danach den ersten Änderungsbescheid mit Zustimmung der Klägerin aufgehoben und den Rechtsstreit ohne jede Einschränkung oder Bedingung für erledigt erklärt habe, sei auf Seiten der Klägerin ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Dieser habe zu einer wirtschaftlichen Disposition der Klägerin geführt, da die Klägerin durch die Erledigungserklärung ihren verfahrensrechtlichen Besitzstand aufgegeben habe. Infolge des zielstrebigen und vorbehaltslosen Hinwirkens des Finanzamts auf eine umgehende Beendigung des Finanzgerichtsprozesses "ohne Urteil" habe sie uneingeschränkt darauf vertrauen dürfen, die Finanzbehörde werde sich dazu auch künftig nicht mehr in Widerspruch setzen.

 

Mit dieser Entscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung zum Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen auf Fälle der Vereinbarung einer einvernehmlichen Streitbeilegung vor dem Finanzgericht ausgeweitet.

17.02.2017

 

Das FG Münster hat abweichend von der Rechtsprechung des BFH entschieden, dass die Steuerschuldnerschaft eines Bauträgers unabhängig davon entfällt, ob der Bauträger als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an den Bauleistenden erstattet.

 

Die Klägerin war als Bauträgerin tätig und allein zu dem Zweck gegründet worden, auf einem Grundstück Eigentumswohnungen errichten zu lassen und diese anschließend zu veräußern. In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für das III. Quartal 2013 meldete die Klägerin für die von ihr bezogenen Bauleistungen gemäß § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer an. In der Umsatzsteuerjahreserklärung 2013 gab die Klägerin die Umsatzsteuer hingegen unter Berufung auf die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung (BFH-Urt. v. 22.08.2013 - V R 37/10) mit 0 Euro an. Das Finanzamt folgte dem nicht und begründete dies damit, dass der begehrten Änderung § 17 UStG entgegenstehe und die Erstattung des Umsatzsteuerbetrags an den Vertragspartner der Klägerin erforderlich sei. Gegen die Entscheidung erhob die Bauträgerin Klage.

Das FG Münster hat der Klage stattgegeben.

 

Nach der Rechtsprechung des BFH komme das Reverse-Charge-Verfahren nicht zur Anwendung und es schulde nicht der Bauträger, sondern der Bauleistende die Umsatzsteuer, wenn der Bauträger – wie im Streitfall die Klägerin – die bezogenen Leistungen nicht seinerseits zur Erbringung von Bauleistungen verwende, so das Finanzgericht. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer bezahlt habe. § 17 UStG könne keine Umsatzsteuerschulden begründen, sondern nur begründete Umsatzsteuerschulden berichtigen. Die Vorschrift greife also dann nicht ein, wenn ein Unternehmer – wie die Klägerin – von vornherein keine Umsatzsteuer schulde.

Auch eine analoge Anwendung zu Lasten der Klägerin komme nicht in Betracht.

 

Damit hat das FG Münster entgegen dem BFH entschieden, der es für möglich gehalten hatte, dass die angenommene Steuerschuld beim Bauträger entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erst aufgrund einer Zahlung des Steuerbetrages an den Bauunternehmer entfällt (BFH-Beschl. v. 27.01.2016 - V B 87/15).

 

Das FG Münster hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage die Revision zum BFH zugelassen.

13.02.2017

 

Der Bundesfinanzhof hat in einem Beschluss vom 16.12.2016  (X B 41/16) eine missverständliche gewählte Formulierung in seinem Urteil vom 25. März 2015 (Az. X R 20/13) dahingehend klargestellt, dass bei einer offenen Ladenkasse ein Kassenbericht erforderlich, aber auch ausreichend ist.

 

Dieser muss auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens erstellt worden sein. Ein "Zählprotokoll", in dem die genaue Stückzahl der vorhandenen Geldscheine und -münzen aufgelistet wird, so stellt der Senat klar, habe er nicht gefordert.

Anmerkung:
Gerade in bargeldintensiven Betrieben und Branchen mit Missbrauchsgefahr durch Mitarbeiter kann sich - ungeachtet der Anforderungen durch die Rechtsprechung - der Abgleich des "Soll" mit dem "Ist" der Kasse zur Wahrung eigener wirtschaftlicher Interessen anbieten. Zudem können regelmäßige Zählprotokolle probate Abwehrargumente bieten, sofern das Finanzamt (aus verschiedenen Gründen) die Kassenführung bemängelt und dadurch die Beweiskraft der Buchführung (§ 158 Abgabenordnung) verwerfen will. Ohnehin muss auch nach der o.g. Entscheidung die Kasse täglich ausgezählt werden.  

08.02.2017

 

Die im Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Diese Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 2016 (Az. GrS 1/15) ist von grundlegender Bedeutung für die Besteuerung insolvenzgefährdeter Unternehmen.

 

1. Rechtslage

Ein Sanierungsgewinn, der dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise vom Gläubiger erlassen werden, erhöht das Betriebsvermögen und ist grundsätzlich steuerbar. Bis zum Veranlagungszeitraum 1997 waren Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. in voller Höhe steuerfrei. Voraussetzung war die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses. Seit Aufhebung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) ist ein Sanierungsgewinn demgegenüber grundsätzlich steuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

 

In dem Sanierungserlass, der sich auf die Billigkeitsregelungen der § 163 und § 227 der Abgabenordnung (AO) stützt, hat das BMF in einer allgemeinverbindlichen Verwaltungsanweisung geregelt, dass Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage erlassen werden können (BMF-Schreiben vom 27. März 2003; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009). Liegt ein Sanierungsplan vor, wird davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Prüfung im Einzelfall, ob persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe vorliegen, findet nicht mehr statt.

 

2. Streitfall

Die Entscheidung des Großen Senats erging im Streitfall eines Klägers, der als Einzelunternehmer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelte. Er war mit seinem Betrieb über mehrere Jahre mit Verlust tätig. Im Dezember 2007 verzichteten eine Sparkasse und eine Bankengruppe auf "nicht bedienbare Forderungen". Das für den Kläger zuständige Finanzamt (FA) berücksichtigte bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb auch die Forderungsverzichte der Banken in Höhe von ca. 620.000 € und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer entsprechend fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

Der Kläger beantragte zudem den "Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn". Auch diesen Antrag lehnte das FA ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 entschied das FA, dass dem Kläger kein Billigkeitserlass nach dem Sanierungserlass zustehe. Es fehle insbesondere an einer Sanierungseignung, da der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erlitten habe. Die Klage zum Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Im Revisionsverfahren, dem das BMF beigetreten ist, legte der X. Senat des BFH dem Großen Senat die Frage vor, ob der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

 

3. Entscheidung des Großen Senats

Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH verstößt der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dass Sanierungsgewinne der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen sollen, hat der Gesetzgeber im Jahr 1997 ausdrücklich entschieden, indem er die bis dahin hierfür geltende gesetzliche Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 66 EStG a.F.) abschaffte.

 

Der Finanzverwaltung ist es verwehrt, diese Gewinne aufgrund eigener Entscheidung gleichwohl von der Besteuerung zu befreien. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, indem sie mit dem Sanierungserlass die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns unter Bedingungen, die der damaligen gesetzlichen Steuerbefreiung ähnlich sind, allgemein als sachlich unbillig erklärt und von der Besteuerung ausnimmt. Die im Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verletzt damit das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

 

4. Bedeutung der Entscheidung

Der Sanierungserlass gewährte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung. Dies beruhte darauf, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen geben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für die Begünstigung wurde aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der Unternehmenssanierung abgeleitet. Wichtig war und ist dies insbesondere für insolvenzgefährdete Unternehmen.

 

Für den Erfolg des Forderungsverzichts als Sanierungsmaßnahme kommt es auch auf die Beteiligung des Steuergläubigers an. Denn der aus betrieblichen Gründen vom Gläubiger erklärte Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist als Betriebseinnahme beim Schuldner zu erfassen. Damit führt der Forderungsverzicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Die Besteuerung dieses Gewinns wird im Hinblick auf das mit dem Forderungsverzicht verfolgte Sanierungsziel teilweise als problematisch angesehen. In der Literatur wird zudem darüber diskutiert, ob die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne den Charakter einer europarechtswidrigen Beihilfe in Form einer Steuervergünstigung aufweist.

Aus der Entscheidung des Großen Senats folgt nicht, dass Billigkeitsmaßnahmen auf der Grundlage einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung generell unzulässig sind. Vorauszusetzen ist nur, dass in jedem davon betroffenen Einzelfall tatsächlich ein Billigkeitsgrund für die Ausnahme von der Besteuerung vorliegt. Die Entscheidung des Großen Senats steht auch nicht einem im Einzelfall möglichen Erlass von Steuern auf einen Sanierungsgewinn aus persönlichen Billigkeitsgründen entgegen.

 

Auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats ist davon auszugehen, dass finanzgerichtliche Klagen auf Gewährung einer Steuerbegünstigung nach dem Sanierungserlass keinen Erfolg mehr haben werden. Unberührt bleiben individuelle Billigkeitsmaßnahmen, die auf besonderen, außerhalb des Sanierungserlasses liegenden Gründen des Einzelfalls wie etwa auf persönlichen Billigkeitsgründen beruhen. Hierauf wird künftig der Berater noch verstärkter achten müssen.

 

03.02.2017

 

Am 01.02.2017 hat das Bundeskabinett den Entwurf für ein BKA-Gesetz beschlossen. Hierbei ausdrücklich zu begrüßen, dass der Gesetzgeber nunmehr das Vertrauensverhältnis aller Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu ihren Mandanten schützt. Die bisherige gesetzliche Regelung gewährt lediglich Strafverteidigern umfassenden Schutz vor Überwachungsmaßnahmen durch das BKA. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinen Entscheidungen zum BKA-Gesetz festgestellt, dass diese Unterscheidung verfassungsrechtlich nicht tragfähig ist.

Anmerkung: In einem nächsten Schritt sollten ebenfalls Steuerberaterinnen und Steuerberater in den Schutzbereich als Organe der Steuerrechtspflege einbezogen werden. Denn auch sie sind befugt, in Abgabenangelegenheiten als vollwertiger Verteidiger aufzutreten.

 

06.01.2017

 

Mit den Beratungen im Bundestag am 15.12.2016 hat das lange Ringen um die Details des sog. Kassengesetzes ein Ende gefunden. Tags darauf stimmte der Bundesrat dem Gesetzentwurf zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen zu. Die Empfehlungen des Finanzausschusses des Bundestags haben die Planungen um einige für die Praxis relevante Änderungen ergänzt.

 

Anforderungen an elektronische Aufzeichnungssysteme

 

Die Neuerungen sehen die gesetzliche Einführung der bisher untergesetzlich geltenden Einzelaufzeichnungspflicht speziell für elektronische Aufzeichnungssysteme vor (§ 146a Abs. 1 S. 1 AO). Diese gesetzliche Pflicht gilt für die Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen und anderen Vorgängen grundsätzlich ab 1.1.2020 (vgl. ergänzend die am Ende stehende tabellarische Übersicht zu den Anwendungszeitpunkten der neuen Regelungen insgesamt). Im Falle der Nutzung von elektronischen Aufzeichnungssystemen dürfen nur noch solche Geräte verwendet werden, die die digitalen Grundaufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht, geordnet und unveränderbar aufzeichnen. Die Daten müssen auf einem Speichermedium gesichert und verfügbar gehalten werden.

 

Um die Pflicht zu erfüllen, hat der Steuerpflichtige das elektronische Aufzeichnungssystem künftig durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen (§ 146a Abs. 1 AO). Die Beweiskraft der Buchführung nach § 158 AO bleibt dabei grundsätzlich unberührt. Nach der Gesetzesbegründung soll aber eine gesetzliche Vermutung für die Richtigkeit der Kassenaufzeichnungen bestehen, wenn eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung vorhanden ist und ordnungsgemäß genutzt wird.

 

Welche Geräte fallen unter den Begriff „elektronische Aufzeichnungssysteme“?

 

In einer noch zu entwickelnden Rechtsverordnung wird präzisiert, was ein elektronisches Aufzeichnungssystem ist (vgl. Begründung, BT-Drs. 18/10667, S. 17: sog. Kassensicherungs-Verordnung - KassenSichV). Das BMF wird ermächtigt, die KassenSichV mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates sowie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu erlassen (§ 146a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO).

 

Der im März 2016 vom BMF veröffentlichte Referentenentwurf für eine technische Verordnung zur Durchführung des Gesetzes (TV-RefE) gibt einen ersten Hinweis zu der Begriffsbestimmung. Danach sollen elektronische Aufzeichnungssysteme elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen sein (§ 1 TV-RefE). Elektronische Buchhaltungsprogramme sollen nicht dazu gehören.

 

Was fällt unter den neuen Begriff des „anderen Vorgangs“?

 

Sog. „andere Vorgänge“ sind künftig neben den Geschäftsvorfällen von dem elektronischen Aufzeichnungssystem aufzuzeichnen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung sind andere Vorgänge solche, die unmittelbar durch die Betätigung der Kasse erfolgen (z. B. Tastendruck, Scanvorgang eines Barcodes), unabhängig davon, ob sich daraus ein Geschäftsvorfall entwickelt. Durch jede Betätigung der Kasse soll somit eine Protokollierung des anderen Vorgangs erfolgen. Darunter sollen beispielsweise nicht abgeschlossene Geschäftsvorfälle, Stornierungen und Trainingsbuchungen fallen.

 

Anforderungen an die technische Sicherheitseinrichtung

 

Die technische Sicherheitseinrichtung wird aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle bestehen. Das Sicherheitsmodul protokolliert jede digitale Aufzeichnung (z.B. den Geschäftsvorfall, den anderen Vorgang oder die Trainingsbuchung). In der KassenSichV wird festgelegt, welche technischen Anforderungen für die Sicherheitseinrichtung künftig gelten. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll mit der Festlegung der Eigenschaften der Komponenten beauftragt werden (§ 146a Abs. 3 S. 3 AO).

 

Die zu entwickelnden Sicherheitseinrichtungen sollen in einer Vielzahl von Kassen eingesetzt werden können. Bei Systemkassen soll nicht jede einzelne Kasse ein Sicherheitsmodul benötigen. Vielmehr soll ein Sicherheitsmodul für sämtliche im System verbundene Kassen verwendet werden können.

 

Pflicht zur Zertifizierung der technischen Sicherheitseinrichtung

 

Die technische Sicherheitseinrichtung muss zertifiziert sein. Das Zertifizierungsverfahren ist ein technisches Konzept zur Sicherstellung der Unveränderbarkeit von digitalen Grundaufzeichnungen. Die Zertifizierung erfolgt durch das BSI nach den Vorgaben der KassenSichV. Sie soll durch die Hersteller bzw. Entwickler der technischen Sicherheitseinrichtung beantragt werden. Das Zertifikat bestätigt, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.

 

Zur Unterstützung des Wettbewerbs unter den Herstellern von Sicherheitseinrichtungen ist eine technologieoffene und herstellerunabhängige Lösung geplant. Das BSI schätzt die Anzahl der Hersteller auf etwa fünf (vgl. BT-Drs. 18/9535, S. 16). Entsprechend wird davon ausgegangen, dass mehrere Hersteller am Markt auftreten werden. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass beim Erwerb eines neuen elektronischen Aufzeichnungssystems die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung im Gerät vorhanden ist. Zudem sollen elektronische Aufzeichnungssysteme aufgerüstet werden können. Es wird angenommen, dass der Preis einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung etwa 10 Euro pro Einheit betragen wird.

 

Den Steuerpflichtigen trifft zudem die Pflicht, die Zertifizierung fortlaufend aufrechtzuerhalten. Selbst wenn das Zertifikat unbegrenzt gültig sein sollte, nimmt das Statistische Bundesamt an, dass durch veränderte Manipulationsmöglichkeiten eine neue Zertifizierung alle 5 Jahre notwendig werden könnte.

 

Mitteilungspflicht

 

Der Steuerpflichtige hat den nach §§ 18 bis 20 AO zuständigen Finanzämtern, wie dem Wohnsitz- oder dem Betriebsfinanzamt, folgende Angaben mitzuteilen (§ 146a Abs. 4 AO):

 

- Name und Steuernummer,

- Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,

- Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

- Anzahl, Seriennummern und Anschaffungsdaten der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,

- Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.

 

Diese Angaben sind auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck innerhalb eines Monats nach der Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erteilen. Die Informationen dienen der Finanzverwaltung unter anderem bei der risikoorientierten Fallauswahl für Außenprüfungen (vgl. BT-Drs. 18/10667, S. 29).

 

Belegausgabepflicht bei Nutzung von elektronischen Aufzeichnungssystemen

 

Jeden Steuerpflichtigen, der ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet, trifft künftig eine Belegausgabepflicht (§ 146a Abs. 2 AO). Der Unternehmer hat einen Beleg über den Geschäftsvorfall zu erstellen und diesen dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform ausgehändigt werden. Er muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall erteilt werden. Den Kunden trifft nicht die Pflicht, den Beleg mitzunehmen.

 

Das Gesetz sieht aus Zumutbarkeitsgründen eine Ausnahme von der Belegausgabepflicht für den Fall vor, dass Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkauft werden. Wenn der Steuerpflichtige diese Ausnahme nutzen möchte, muss er einen Antrag im Sinne des § 148 AO bei der Finanzbehörde stellen. Die Entscheidung über die Befreiung von der Pflicht trifft die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Befreiung kann widerrufen werden.

 

Verbot des gewerbsmäßigen Bewerbens und In-Verkehr-Bringens

 

Innerhalb des Geltungsbereichs der AO gilt das Verbot, folgende Gegenstände gewerbsmäßig zu bewerben oder gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen, wenn sie den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen (§ 146a Abs. 1 S. 5 AO i.V.m. § 146a Abs. 1 S. 1 bis 3 AO):

 

- elektronische Aufzeichnungssysteme,

- Software für elektronische Aufzeichnungssysteme,

- zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen.

 

Ausgenommen von dem Verbot ist der Handel von vorgenannten Gegenständen in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes. Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung gibt Anhaltspunkte für die Bestimmungen der Begriffe des In-Verkehr-Bringens, des Bewerbens und der Gewerbsmäßigkeit (vgl. BT-Drs. 18/9535, S. 20).

 

Neue Sanktionen

 

Der Katalog der Steuergefährdungsvorschrift gem. § 379 AO wurde um folgende vorsätzliche oder leichtfertige Pflichtverletzungen erweitert:

 

Unrichtiges Aufzeichnen bzw. unrichtiges Aufzeichnen-Lassen von Geschäftsvorfällen oder Betriebsvorgängen (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO),

Keine oder nicht richtige Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AO),

Kein oder nicht richtiger Schutz eines elektronischen Aufzeichnungssystems durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 AO),

Gewerbsmäßiges Bewerben oder In-Verkehr-Bringen der oben aufgeführten Gegenstände (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO).

 

Für diese Pflichtverstöße gilt ein Bußgeldrahmen von bis zu 25.000 Euro. Verletzungen gegen die neuen Pflichten zur Mitteilung gegenüber der Finanzbehörde und zur Belegausgabe können mangels Einbeziehung in die Ordnungswidrigkeitenvorschrift nicht geahndet werden.

 

Zur Vermeidung eines Bußgelds gilt es zu beachten, dass insbesondere in folgenden Fällen eine Rezertifizierung oder Neuzertifizierung erforderlich ist:

 

- individuelle Änderungen an der technischen Sicherheitseinrichtung,

- Bekanntwerden von Umständen, wonach eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen oder technischen Anforderungen der KassenSichV entspricht.

 

Treten diese Umstände ein, dürfte das elektronische Aufzeichnungssystem nicht mehr oder nicht richtig geschützt sein. Werden die als zweites genannten Umstände bekannt, wird dies im Bundessteuerblatt Teil I und auf der Internetseite des BSI veröffentlicht. Im Rahmen dieser Veröffentlichung wird darauf hingewiesen, dass die Zertifizierung formal erloschen ist.

 

Zudem erfolgt der Hinweis, dass nach Ablauf einer angemessenen Frist die technische Sicherheitseinrichtung, deren Zertifizierung erloschen ist, nicht mehr die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, sofern nicht innerhalb dieser Frist den Anforderungen der KassenSichV entsprochen wird.

 

Einführung einer Kassen-Nachschau

 

Ergänzend zu den bereits vorhandenen Instrumenten der Steuerkontrolle wird als neues Instrument eine Kassen-Nachschau gesetzlich eingeführt (§ 146b AO, vgl. BT-Drs. 18/9535, S. 12). Sie dient der zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erfassung von Geschäftsvorfällen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme. Bei einer Kassen-Nachschau kann die Finanzverwaltung ohne vorherige Ankündigung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen die Ordnungsgemäßheit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen sowie Kassenausgaben überprüfen. Die Prüfung erfolgt während der üblichen Geschäftszeiten. Es können computergestützte Kassensysteme, Registrierkassen und offene Ladenkassen kontrolliert werden. Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems. Eine Beobachtung der Kassen und ihrer Handhabung in den Geschäftsräumen ist ohne Pflicht zur Vorlage eines Ausweises des Amtsträgers zulässig. Dies gilt z.B. für Testkäufe. Sobald der Amtsträger beispielsweise folgende Anordnungen gegenüber dem Steuerpflichtigen erteilt, muss er sich ausweisen:

 

- bei der Anweisung, dass er der Öffentlichkeit nicht zugängliche Geschäftsräume betreten will,

- bei der Aufforderung, Bücher oder die für die Kassenführung erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen (wie das Zertifikat, Systembeschreibungen zum verwendeten Kassensystem, Bedienungs-  oder Programmieranleitungen) vorzulegen,

- bei dem Verlangen, Einsicht in die digitalen Daten oder deren Übermittlung über die einheitliche digitale Schnittstelle nehmen zu können,

- bei der Aufforderung zur Auskunftserteilung.

 

Die unangekündigte Kassen-Nachschau soll das Entdeckungsrisiko des steuerunehrlichen Unternehmers deutlich erhöhen. Sofern ein Anlass zu Beanstandungen der Kassenaufzeichnungen, -buchungen oder der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung besteht, kann der Amtsträger ohne vorherige Prüfungsanordnung zur Außenprüfung übergehen.

 

Gesetzliche Implementierung der Einzelaufzeichnungspflicht

 

Nach den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung (GoB) und der ständigen Rechtsprechung gilt seit jeher untergesetzlich der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht. Zur Klarstellung wird die Pflicht nunmehr gesetzlich vorgegeben (§ 146 Abs. S. 1 AO).

 

Die Einzelaufzeichnungspflicht bedeutet, dass aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle laufend zu erfassen, einzeln festzuhalten sowie aufzuzeichnen und aufzubewahren sind. Einzelne Vorgänge sollen sich so in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen können.

 

Der BFH entwickelte eine Ausnahme von dieser Pflicht (BFH-Urteil vom 12.5.1966, BStBl III S. 372), welche von der Finanzverwaltung in dem Anwendungsschreiben zu den GoBD vom 14.11.2014 anerkannt ist (vgl. Rz. 39): Von der Pflicht ausgenommen ist der Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung. Dies gilt für den Einzelhandel und vergleichbare Berufsgruppen aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität. Nach dem Anwendungsschreiben zu den GoBD stellt sich die Frage der Zumutbarkeit jedoch dann nicht, wenn elektronische Grundbuchaufzeichnungen zur Erfüllung der Einzelaufzeichnungspflicht tatsächlich technisch geführt werden. Entsprechend gilt in diesen Fällen die Ausnahme nicht.

 

Das Kassengesetz schreibt die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht nunmehr gesetzlich fest. Sie ist qua Gesetz nur auf offene Ladenkassen anwendbar (§ 146 Abs. 1 S. 3, 4 AO). Damit wird die nach dem Anwendungsschreiben zu den GoBD geltende Finanzverwaltungspraxis ebenfalls in das Gesetz übertragen: Registrierkassen müssen Umsätze nach dem Auslaufen der im BMF-Schreiben vom 26.11.2010 geregelten Übergangsregelung, also ab 1.1.2017 einzeln aufzeichnen können (BStBl. I 2010, S. 1342, sog. „Kassenrichtlinie 2010“). Demnach ist die Ausnahme ab 1.1.2017 bereits aus untergesetzlichen Gründen nur auf offene Ladenkassen anwendbar.

 

Was gilt ab wann? In der Praxis sind die folgenden Anwendungszeitpunkte zu beachten (§ 30 EGAO).

 

- Pflicht zum Einsatz eines elektronischen Aufzeichnungssystems mit zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung: Grundsatz: ab 1.1.2020 // Ausnahme: ab 1.1.2023 – Gilt für Registrierkassen, die die Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 (sog. „Kassenrichtlinie 2010“) erfüllen und nach dem 25.11.2010 angeschafft wurden bzw. vor dem 1.1.2020 erworben werden, jedoch bauartbedingt nicht aufrüstbar sind.

 

- Mitteilungspflicht: Grundsatz: ab 1.1.2020 // Nachmeldungspflicht für „Altkassen“: Für elektronische Aufzeichnungssysteme, die vor dem 1.1.2020 angeschafft worden sind, hat der Steuerpflichtige die Mitteilung bis zum 31.1.2020 zu erstatten.

 

- Belegausgabepflicht: ab 1.1.2020

 

- Verbot des gewerbsmäßigen Bewerbens und In-Verkehr-Bringens: ab 1.1.2020

 

- Neue Sanktionen: ab 1.1.2020

 

- Kassen-Nachschau: ab 1.1.2018 (Vor dem 1.1.2020 kann vom Prüfer keine Datenübermittlung über die einheitliche digitale Schnittstelle verlangt werden. Der ordnungsgemäße Einsatz des elektronischen Aufzeichnungssystems wird erstmals ab 1.1.2020 geprüft.)

 

- Einzelaufzeichnungspflicht: Mit Inkrafttreten des Gesetzes.

 

Ausblick

 

Nach den Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD des Finanzausschusses des Bundestags soll das Gesetz vier Jahre nach seinem Inkrafttreten evaluiert werden (vgl. BT-Drs. 18/10667, S. 21). In die Evaluierung soll das Erreichen der Wirkungsziele ebenso einbezogen werden wie die Effizienz der Belegausgabepflicht. Sollte die Evaluierung ergeben, dass die gesetzlichen Maßnahmen zu einer wirksamen Manipulationsbekämpfung nicht ausreichen, werde der Gesetzgeber nachsteuern. Dabei werde auch die Einführung einer generellen Registrierkassenpflicht gekoppelt mit einer Belegausgabepflicht in die Erwägungen einzubeziehen sein. 

 

Information 084/2016 des DStV

05.01.2017

 

Die im BMF-Schreiben vom 26.11.2010 (BStBl. I 2010, S. 1342) zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften (sog. „Kassenrichtlinie 2010“) bis zum 31.12.2016 geltende Übergangsregelung wird nicht verlängert. Sie gilt für Registrierkassen und weitere Geräte, die bis dato keine Einzelaufzeichnungs- sowie Speicherungs- bzw. Datenexportfunktion haben. Damit stehen die Geräte bei vielen Unternehmern nun selbst als Posten auf der Einkaufsliste.

 

Welche Anforderungen gelten ab 1.1.2017? Welche Geräte sind betroffen? Was bedeuten die Einzelaufzeichnungspflicht sowie die Regelungen zur Aufbewahrung?

 

Im Schreiben vom 26.11.2010 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Anforderungen an die mittels

• Registrierkassen,

• Waagen mit Registrierkassenfunktion,

• Taxametern sowie

• Wegstreckenzählern erfassten Geschäftsvorfälle dargelegt.

 

Demnach müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten unveränderbar sowie vollständig aufgezeichnet und aufbewahrt werden. Dazu zählen auch die mit dem Gerät erstellten Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Eine Verdichtung dieser Daten oder allein die Speicherung der Rechnungsendsummen sind unzulässig. Darüber hinaus müssen alle einzeln aufgezeichneten Daten, d.h. neben den Journal- auch Auswertungs- und Programmierdaten sowie Stammdatenänderungen, revisionssicher gespeichert werden.

 

Zudem müssen sie über die Dauer der Aufbewahrungsfrist (i. d. R. 10 Jahre)

 

• jederzeit verfügbar,

• unverzüglich lesbar und

• maschinell auswertbar sein.

 

Das ausschließliche Vorhalten aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ausgedruckter Form ist nicht ausreichend. Diese Vorgaben müssten von der Kasse grundsätzlich selbst erfüllt werden. Reicht der Kassenspeicher nicht aus und ist auch keine Speichererweiterung möglich, müssen die Daten auf einem externen Datenträger, wie einem USB-Stick oder einer externen Festplatte, unter Einhaltung der o.g. Kriterien vorgehalten werden. Außerdem müssen in einem solchen Archivsystem auch die vorgenannten Auswertungen möglich sein.

 

Das gilt entsprechend bei einem Wechsel des Kassensystems. Auch hier sind die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Kassendaten des Altsystems zu sichern. Die ausgeführten Pflichten gelten nicht nur für Buchführungspflichtige. Auch Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (sog. Einnahmenüberschussrechner) müssen sie beachten.

 

Die Aufbewahrungspflicht umfasst auch sonstige Organisationsunterlagen, wie z. B. Handbücher, Bedienungs- und Programmieranleitungen, sämtliche Programmierprotokolle (wie beispielsweise über Artikelpreisänderungen, das Einrichten eines Bedieners oder Trainingskellners, über Berichteinstellungen und über die Änderung von Steuersätzen) sowie Struktur- und Verfahrensdokumentationen. Empfehlenswert ist zudem, ungewöhnliche Vorfälle, wie den Defekt einer Registrierkasse oder Nachstornos, zu protokollieren bzw. zu dokumentieren.

 

Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass Kassensysteme zu Datenverarbeitungssystemen zählen. Damit gilt für sie gleichfalls die Verwaltungsanweisung zu den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ (v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, S. 1450). Diese Grundsätze legen u.a. die weiteren Anforderungen an eine softwaregestützte Kassenbuchführung fest, wie Beleg-, Grund(buch)aufzeichnungs- und Journalfunktion.

 

Eine letzte Frist für nicht aufrüstbare „Altgeräte“ galt nur bis zum 31.12.2016.

 

Für bauartbedingt nicht aufrüstbare Geräte hatte die Finanzverwaltung eine sog. Härtefallregelung geschaffen. Nur bis zum 31.12.2016, durften Steuerpflichtige die Kassen, die technisch nicht durch Softwareanpassungen und Speichererweiterungen den Anforderungen entsprechend aufgerüstet werden konnten, einsetzen. In diesen Fällen sollte ein Nachweis des Herstellers, dass ein Aufrüsten nicht möglich ist, den Buchführungsunterlagen beigefügt werden. War eine Softwareanpassung oder Speichererweiterung zur Erfüllung der Anforderungen der sog. „Kassenrichtlinie 2010“ möglich und ist bislang unterblieben, konnte sich der Unternehmer auch schon bislang nicht auf die Übergangsregelung berufen.

09.12.2016

 

Boni und andere Zahlungen von Krankenkassen an ihre Mitglieder mindern nicht in jedem Fall die steuerlich abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge. Diese Ansicht vertritt nunmehr auch das Bundesfinanzministerium in einem aktuellen Schreiben.

 

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung verringern Zahlungen der gesetzlichen Krankenversicherung an ihre Mitglieder den als Sonderausgaben abzugsfähigen Krankenversicherungsbeitrag. Das galt unterschiedslos sowohl für Beitragserstattungen als auch für Bonus-, Prämien- und andere Zahlungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist dieser Verwaltungsauffassung kürzlich mit einem Urteil entgegengetreten (Az. X R 17/15).

 

Mit aktuellem Schreiben vom 6. Dezember 2016 reagiert das Bundesfinanzministerium (BMF) auf das Urteil (IV C 3 – S 2221/12/10008:008). Im Schreiben wird ausgeführt: „Werden von der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen eines Bonusprogramms … Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten und damit von den Versicherten vorab privat finanziert worden sind, handelt es sich … nicht um eine Beitragsrückerstattung."

 

Die Versicherten müssen folglich prüfen, ob sie bei einer Bonuszahlung zuvor selbst Kosten beispielsweise für Gesundheitskurse, Massagen oder Vorsorgeuntersuchungen getragen haben. In diesem Fall darf das Finanzamt die Erstattungen der Krankenkasse nicht von den gezahlten Mitgliedsbeiträgen abziehen.

 

Wer bereits einen Steuerbescheid unter Anrechnung der Bonuszahlungen hat, kann nunmehr vom Finanzamt eine Änderung einfordern, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen. Das ist möglich, wenn der Steuerbescheid in Bezug auf die Anrechnung der Bonuszahlung vorläufig erging oder Einspruch eingelegt worden war. Zur Abwicklung der vorläufig ergangenen Steuerbescheide hat das BMF noch ein gesondertes Schreiben angekündigt.

 

Zukünftig ist zu erwarten, dass die Krankenkassen die elektronischen Mitteilungen an die Finanzverwaltung ändern und die begünstigten Bonuszahlungen nicht mehr mitteilen. Dennoch sollten die Versicherten zunächst weiterhin sorgfältig prüfen, aus welchem Grund Bonuszahlungen ihrer Krankenkassen erfolgt sind.

 

PM 32/16 des NVL

 

23.11.2016

 

Privat krankenversicherte Steuerzahler müssen jedes Jahr genau überprüfen, ob die Beitragsrückerstattung oder die steuerliche Berücksichtigung der Krankenkassenbeiträge ohne Beitragsrückerstattung günstiger ist.

Viele privat Versicherte entscheiden im Dezember, ob sie die im Jahr angefallenen Arzt- und Arzneikosten bei der Krankenkasse geltend machen oder selbst tragen und dafür eine Beitragsrückerstattung beanspruchen. Bereits bei einer überschlägigen Berechnung zeigt sich, ob es günstiger ist, auf die Beitragsrückerstattung zu verzichten. 
 
Sind beispielsweise für Arztbesuche und Medikamente im Jahr 1.700 Euro angefallen und kann sich der Versicherte aussuchen, ob er diese Kosten bei seiner Krankenkasse geltend macht oder nicht, ergibt sich folgendes Ergebnis:

 

Die Versicherung gewährt z. B. eine Beitragsrückerstattung von 2.000 Euro, wenn er keine Kosten geltend macht. Dies wäre eine „Ersparnis“ von 300 Euro. Allerdings kann er dann auch 2.000 Euro weniger Krankenkassenbeiträge in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen. Bei einem Steuersatz von 35 Prozent ergibt dies eine Einbuße von 700 Euro.

 

Zudem kann er die Arzt- und Medikamentenkosten nicht als außergewöhnliche Belastungen in der Einkommensteuererklärung ansetzen, weil er auf die Erstattungsmöglichkeit verzichtet hat (FG Rheinland-Pfalz – 2 V 1883/11). Dieser Steuerzahler sollte sich demnach gegen die Beitragsrückerstattung entscheiden und die Aufwendungen bei seiner Krankenkasse einreichen.

 

So erhält er eine Erstattung von der Krankenkasse von 1.700 Euro und einen Steuervorteil von 700 Euro. Andernfalls bekäme er nur die 2.000 Euro von der Krankenkasse.   
 
Wurde ein Selbstbehalt vereinbart, ist dieser selbstverständlich auch bei der Berechnung zu berücksichtigen. 
 

23.11.2016

 

Unternehmer sollten Ladenkassen, die keine Einzeldaten speichern können und keinen Datenexport ermöglichen, bis zum Jahresende austauschen. Denn am 31. Dezember 2016 läuft die aus dem Jahr 2010 stammende Übergangsregel für diese Kassenmodelle aus. Werden die alten Kassen weiter im Unternehmen eingesetzt, besteht ab dem Jahr 2017 die Gefahr, dass die Finanzverwaltung - allein aus diesem formalen Grund (!) - Umsätze hinzuschätzt. Bisher ist eine Verlängerung dieser Übergangsfrist nicht vorgesehen.
 
Vor allem dürfen Unternehmer diese Frist nicht mit dem laufenden Gesetzgebungsverfahren zum „Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ verwechseln. Mit diesem Gesetz möchte die Bundesregierung künftig verhindern, dass Kassen manipuliert werden. Danach müssen elektronische Registrierkassen ab dem Jahr 2020 zusätzlich über eine elektronische Sicherheitseinrichtung verfügen. Dieses Gesetzgebungsverfahren ändert aber nichts an der Tatsache, dass Kassen ohne Einzelaufzeichnungsmöglichkeit bis zum 31. Dezember 2016 ersetzt werden sollten. 
 
Hinweis: Eine Registrierkassenpflicht gibt es nicht und soll es wohl auch künftig nicht geben. Wer keine elektronische Ladenkasse einsetzen möchte, sollte aber genaue (Kassenbuch-) Aufzeichnungen führen. Weist die Kassendokumentation Lücken auf, wird das Finanzamt schnell eine Hinzuschätzung vornehmen und gegebenenfalls eine Straftat vermuten.

 

Gerne stehen wir Ihnen in jeder Lage der "Kassen-Problematik" zur Seite!
 

07.11.2016

 

Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren und Cash Games zu gewerblichen Einkünften führen können (Urteil vom 18.07.2016; Az.14 K 1370/12).

 

Der Kläger pokerte in den Streitjahren 2005 bis 2007 auf insgesamt 91 Pokerturnieren in verschiedenen europäischen Ländern. Daneben nahm er auch an sog. Cash Games in Spielbanken teil. Hierbei handelt es sich um Pokerrunden, in die die Teilnehmer jederzeit einsteigen und die sie (gegen Auszahlung etwaiger Gewinne) auch jederzeit wieder verlassen können. Aufgrund seiner großen Erfolge wurde in der Presse und im Internet über den Kläger berichtet. Das beklagte Finanzamt behandelte die Pokergewinne als gewerbliche Einkünfte und unterwarf sie der Einkommen- und Gewerbesteuer. Der Kläger vertrat demgegenüber die Ansicht, dass die Gewinne nicht steuerbar seien, weil es sich um Glücksspiele handele.

Das FG Münster hat die Klage abgewiesen.

 

Nach Auffassung des Finanzgerichts hat der Kläger mit der Teilnahme an den Pokerturnieren und den Cash Games sämtliche Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt. Insbesondere stellten die vom Kläger besuchten Turniere keine Glücksspiele dar, weil aufgrund wissenschaftlich-mathematischer Untersuchungen feststehe, dass bei einem Pokerturnier nicht das Zufallsmoment, sondern das Geschicklichkeitsmoment und die Spielerfahrung ausschlaggebend seien. Dies gelte jedenfalls für solche Spieler, deren Fähigkeiten über diejenigen eines Durchschnittsspielers hinausgingen. Der Kläger habe auch die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung überschritten, da er – anders als ein Hobbyspieler – nicht lediglich seine privaten Spielbedürfnisse befriedigt habe.

 

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen.

07.11.2016

 

Die Erstattung einer Steuer auf eine vom Steuerpflichtigen widerrufene Bankverbindung ist keine für das Finanzamt schuldbefreiende Zahlung.

So entschied das Finanzgericht Münster mit Datum vom 21.01.2016 (Az. 6 K 3303/14).

 

Auch nach allgemeiner Ansicht erlischt bei Zahlung per Giroüberweisung der Anspruch darauf erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers (vgl. BGH, Urt. v. 15.05.1952 - IV ZR 157/51; BFH, Urt. v. 08.01.1991 - VII R 18/90, BStBl II 1991, 442). Ab dem Zeitpunkt des Widerrufs der Kontoverbindung - die Bekanntgabe einer neuen Bankverbindung ist gleichzeitig ein Widerruf - kann das Finanzamt schuldbefreiend nur noch auf die neue Bankverbindung überweisen (vgl. BFH, Urt. v. 26.04.2010 - VII B 212/09, BFH/NV 2010, 1414).

05.10.2016

 

Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie liegen nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Hiervon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen.

 

Ob ein solcher Zusammenhang besteht, richtet sich zum einen nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsphäre. 


Auslösender Moment sind dabei die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben (vgl. BFH, Urteil vom 08.07.2015, VI R 46/14).

Nach den vorgenannten Grundsätzen ist zu klären, ob und in welchem Umfang die von einem Arbeitnehmer für die Durchführung einer Veranstaltung oder Feier getragenen Kosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden können.

 

Zur Beurteilung, ob die Aufwendungen betrieblich oder privat veranlasst sind, ist nach der Rechtsprechung in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Dieser bildet allerdings lediglich ein - wenn auch erhebliches - Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium.


Bezüglich des Anlasses der Feier ist zu berücksichtigen, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist. Der Beschäftigte wird hierbei für seine langjährige Pflichterfüllung gegenüber dem Dienstherrn geehrt. Ein Dienstjubiläum stellt sich damit als Teil der Berufstätigkeit dar.

 

Weitere Kriterien sind etwa wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertretet oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt.

 

Zu berücksichtigen ist zudem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Auswirkungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder das eben nicht der Fall ist (BFH-Urteile vom 11.01.2007, VI R 52/03; vom 01.02.2007, VI R 25/03; vom 10.07.2008, VI R 26/07; BFH-Beschluss vom 24.09.2013, VI R 35/11).

 

03.10.2016

 

Nun ist es doch vollbracht, aus dem Deutschen Bundestag und Bundesrat konnte am 22. September 2016 „weißer Rauch" vermeldet werden. Der Vermittlungsausschuss brachte eine Beschlussempfehlung (BR-Drucksache 18/9690) zur Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) auf den Weg, die voraussichtlich im Oktober 2016 dann endgültig Eingang ins Gesetz finden soll.

 

Ein erster Blick in die letzten Änderungen zeigt, dass die vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetzesänderung vom 24. Juni 2016 nicht noch einmal komplett aufgeschnürt wurde. Man beschränkte sich im Rahmen der - abermaligen - Kompromisssuche auf einzelne, wenn auch für viele Betroffene nicht unbedeutende Details:

 

Einer der bedeutendsten „Änderungen der Änderungen" stellt sicherlich der neu justierte Kapitalisierungsfaktor nach § 203 Bewertungsgesetz (BewG) von nunmehr einheitlich 13,75 im vereinfachten Ertragswertverfahren dar. Damit bewegt man sich abermals über der noch jüngst vorgesehenen Bandbreite von 10 bis 12,5. In Abs. 2 der Vorschrift findet sich allerdings eine Öffnungsklausel, nach der das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Kapitalisierungsfaktor an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten anzupassen. Diese Flexibilisierung ist zu begrüßen, wirft aber gleichzeitig die Frage auf, ob lediglich der Verordnungsgeber verfassungsrechtlich dazu bestimmt sein kann, eine derart wichtige Frage außerhalb eines Gesetzgebungsverfahrens zu regeln.

 

Augenfällig sind auch die Modifizierungen an der Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG. Ein Erwerb von Todes wegen von begünstigtem Vermögens ist zwar immer noch auf Antrag bis zu sieben Jahre zu stunden. Zinsfrei hingegen ist nur noch das erste Jahr nach Festsetzung der Steuer. Ab dem zweiten Jahr gelten die allgemeinen Zinsvorschriften der Abgabenordnung (AO), wobei ausdrücklich die Stundungsmöglichkeit nach § 222 AO bestehen bleibt.

 

Weitere Restriktionen gelten nach der o.g. Beschlussempfehlung für Begünstigungen bei Familienunternehmen, der Katalog der nicht begünstigten Wirtschaftsgüter wurde nochmals erweitert und die Cash GmbH soll nun durch einen Kniff endgültig der Vergangenheit angehören. Unangetastet blieben dagegen die Neuregelungen für einen erschwerten steuerbegünstigten Übergang von Großunternehmen sowie im Hinblick auf die Verschärfungen bei der Lohnsummenklausel.

 

Für den interessierten Beobachter verbleiben nach nunmehr fast zweijährigen legislativem Verhandlungsmarathon - mit seinerzeit angestrebten „minimalinvasiven" Eingriffen - vor allem Fragen:

Wenn der bereits gefundene Kompromiss vom Juni 2016 nicht den verfassungsrechtlichen Ansprüchen aus Karlsruhe genügte, dann soll dies mit dem vorliegenden Papier der Fall sein? Und was hat die wieder verschärfte und oft realitätsferne Bewertung nach § 203 BewG mit den Anforderungen an eine zielgenaue Verschonung zu tun? Es verbleibt stattdessen der Eindruck, dass einige Fiskalpolitiker auf den letzten Metern der Einigungssuche noch möglichst viel für ihr jeweiliges Länder-Steuersäckel herausholen wollten -und es damit eher nachrangig um eine verfassungsfeste Ausformung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ging.

 

Fragen muss sich aber auch das Bundesverfassungsgericht selbst gefallen lassen. War es im Hinblick auf den jetzigen Kompromiss - dessen Verfassungsfestigkeit unterstellt - mithin wegen kleinerer Änderungen wirklich notwendig, die Verschonungsregeln zu verwerfen und den Gesetzgeber neu zu verpflichten (Entscheidung vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12)? Oder wäre nicht das ansonsten oft verwendete „gerade noch so verfassungsgemäß"- mit Rücksicht auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und die Rechtsicherheit für Unternehmer und Übernehmer - nicht angemessener gewesen?

Hauptbetroffene der Novelle werden nunmehr die Vielzahl von Klein- und Kleinstunternehmen sein, so ist nun einmal ein Großteil unserer Wirtschaft organisiert, die sich fortan beim unentgeltlichen Übergang mit dem Absurdum der Verschonungsregelungen beschäftigen „dürfen".

 

Und wenn die Karlsruher Richter mit ausführlicher Begründung zur Verfassungswidrigkeit einer Norm gelangen, ist diese auch konsequent (rückwirkend) als verfassungswidrig anzuerkennen, § 82 i.V.m. § 72 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG), Nichtigkeitserklärung. - Mit dem Änderungsauftrag an den Gesetzgeber, ohne aber ansonsten ein Auslaufen des Gesetzes anzuordnen, haben die Richter den Politikern stattdessen nicht nur unfreiwillig einen Freibrief zum gesetzgeberischen Laissez-Faire („die Regeln werden schon über den 30. Juni 2016 hinaus Bestand haben") gegeben. Sie haben aus Sicht der Praxis auch dem Grundsatz des effektiven Verfassungsrechtsschutzes leider keinen guten Dienst erwiesen.

 

24.08.2016

 

Im Kampf gegen Steuerhinterziehung tritt mit dem Automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten ab 2017 ein Abkommen in Kraft, das hinsichtlich nicht deklarierter Kapitalerträge die Gefahr der Entdeckung der Steuerhinterziehung nochmals spürbar erhöht. Mit einer strafbefreienden Selbstanzeige können Betroffene nach wie vor einer drohenden Verurteilung entgehen. Dies allerdings nur, wenn die Steuerhinterziehung noch nicht von den deutschen Finanzbehörden entdeckt wurde.

 

Einführung

 

Erstmals im Jahr 2006 erwarb eine deutsche Behörde eine CD mit relevanten Daten einer Liechtensteiner Bank, die ein ehemaliger Bankmitarbeiter dem Bundesnachrichtendienst zum Kauf angeboten hatte. Dies kann gewissermaßen als Auftakt im internationalen Kampf gegen Steuerhinterziehung betrachtet werden. Der Informationsaustausch auf EU-Ebene hat seitdem eine rasante Entwicklung genommen.

 

So hat bspw. die Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen noch im April 2016 umfangreiche Daten an 27 Staaten weitergegeben. Hierbei handelte es sich um Tausende verdächtige Konten ausländischer Privatleute und Unternehmen mit einem Anlagevolumen von insgesamt bis zu 100 Milliarden Schweizer Franken. Aktuell hat Nordrhein-Westfalen 19 europäischen Ländern mehr als 100.000 verdächtige Kontodaten zur Verfügung gestellt. Die Informationen, die der Steuerfahndung NRW teils anonym zugespielt worden waren, betreffen Konten bei einer Bank in Luxemburg und der Schweiz.

 

Im kommenden Jahr tritt nunmehr zudem das „Abkommen über den Automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten" in Kraft. Dieses wurde bereits am 29. Oktober 2014 durch 50 Staaten und Jurisdiktionen anlässlich eines Treffens in Deutschland im Bundesministerium der Finanzen unterzeichnet. Zwischenzeitlich ist die Zahl der beteiligten Staaten auf über 80 angestiegen. Dabei sind auch die Schweiz, Österreich oder Liechtenstein. Deutschland hat das Abkommen mittels dem „Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen" (BGBl. I S. 2531), dem „Gesetz zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten" (BGBl. II Nr. 35) in nationales Recht umgesetzt.

 

Die wesentlichen Aspekte des Automatischen Informationsaustausches

 

Mit dem Abkommen verpflichtet sich Deutschland, von den in ihrem Gebiet ansässigen Finanzinstituten Informationen zu Konten zu erheben, die hier für in anderen Vertragsstaaten ansässige Personen geführt werden und diese dem anderen Vertragsstaat zur Verfügung zu stellen.

 

Es handelt sich hierbei insbesondere um die Mitteilung von:

 

Name, Anschrift, Steueridentifikationsnummer sowie Geburtsdaten und –ort jeder meldepflichtigen Person, Kontonummer, Jahresendsalden der Finanzkonten und gutgeschriebenen Kapitalerträgen, einschließlich Einlösungsbeträgen und Veräußerungserlösen.

 

Im Gegenzug verpflichten sich die anderen Vertragsstaaten gegenüber Deutschland, diesem Informationen zu Finanzkonten von in Deutschland steuerpflichtigen Personen zu übermitteln.

Ferner verpflichten sich die beteiligten Staaten, die von ihren Finanzinstituten in dem Abkommen näher bezeichneten und für die Besteuerung im anderen Vertragsstaat relevanten Informationen über Finanzkonten regelmäßig, d.h. einmal jährlich, zu erheben und dem anderen Vertragsstaat in einem automatischen Verfahren zu übermitteln.

 

Ziel der Vertragsstaaten ist es die Steuerhinterziehung durch Nutzung ausländischer Finanzinstitute, ausländischer Rechtsträger oder ausländischer Vermögenswalter weltweit transparent zu machen.

De facto wird damit das Ende des Bankgeheimnisses, insbesondere in Staaten wie der Schweiz oder Liechtenstein, eingeläutet.

Die wichtigsten Begrifflichkeiten des Abkommens („Finanzinstitute" und „Finanzkonten")

 

Die vorstehend genannten Meldepflichten sollen nur Finanzinstituten obliegen. Gemäß § 1 Abs. 1 lit. c) der Mehrseitigen Vereinbarung muss es sich für den jeweiligen Vertragsstaat (z.B. Deutschland) um ein in diesem Staat ansässiges Finanzinstitut handeln, d.h. es muss diesem Vertragsstaat zugeordnet sein. Zweigniederlassungen des Finanzinstituts gehören nicht zum dem Finanzinstitut des Vertragsstaats, wenn sich die Zweigniederlassung nicht in diesem Vertragsstaat befindet, sondern außerhalb.

Das heißt: Zweigniederlassungen einer in Deutschland ansässigen Bank innerhalb Deutschlands gehören zur betreffenden Bank. Zweigniederlassungen einer in Deutschland ansässigen Bank, die sich nicht in Deutschland, also im Ausland befinden, sollen demgegenüber nicht zum Finanzinstitut des Vertragsstaates, also der in Deutschland ansässigen Bank, gehören.

Finanzinstitute wären zudem Zweigniederlassungen einer nicht in Deutschland ansässigen Bank, die sich in Deutschland befinden.

 

§ 1 Abs. 1 lit. e) der Mehrseitigen Vereinbarung definiert den Ausdruck des „meldepflichtigen Kontos" als ein „vom meldepflichtigen Finanzinstitut geführtes Konto". Gemeint ist ein Konto i.S.d. § 2 des Abkommens. Erfasst werden danach Einlagekonten, Verwahrkonten, im Falle eines Investmentunternehmens Eigen- und Fremdbeteiligungen an den Finanzinstituten sowie von einem Finanzinstitut ausgestellte oder verwaltete rückkaufsfähige Versicherungsverträge und Rentenversicherungsverträge.

 

Beginn des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten

 

Gemäß § 3 Abs. 3 des Abkommens sollen die vorstehend genannten Informationen erstmals ab dem in der Anlage des Abkommens genannten Jahren, innerhalb von 9 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres ausgetauscht werden. Für Deutschland ist dies das Jahr 2016, so dass erstmals ab September 2017 auszutauschen sind.

 

Handlungsempfehlung

 

Betroffene sollten sich dennoch nicht allzu viel Zeit mit einer strafbefreienden Selbstanzeige lassen. Denn zum einen findet – wie in der Einleitung aufgezeigt – bereits jetzt ein Informationsaustausch zwischen deutschen Finanzbehörden und anderen Staaten statt. Zum anderen entfällt gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige, wenn eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

 

Objektives Merkmal der Tatentdeckung …

 

Schon angesichts der verbreiteten Praxis des Ankaufs von Steuer-CDs stellt sich die Frage, wann der Steuerpflichtige mit der Entdeckung seiner Tat rechnen musste. Genügt die allgemeine Berichterstattung über den Ankauf einer Steuer-CD? Muss die Bank, bei der der Steuerpflichtige ein bislang nicht gegenüber den Finanzbehörden offenbartes Konto unterhält, namentlich genannt sein oder genügen allgemeine Bezeichnungen wie dass es sich um eine Bank aus der Schweiz oder Liechtenstein handelt? Führt bereits der erste Bericht zur Tatentdeckung oder ist der konkrete Abgleich mit der Steuerakte des betroffenen Steuerpflichtigen erforderlich.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) liegt eine Tatentdeckung i.S.d. § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Ereignisses gegeben ist. Diese Definition enthält eine doppelte, zweistufige Prognose. Zunächst ist – auf der Grundlage der vorhandenen, regelmäßig noch unvollständigen Informationen – die Verdachtslage vorläufig zu bewerten. Aufbauend auf dieser bloß vorläufigen Bewertung muss der Sachverhalt, auf den sich der Verdacht bezieht, zudem rechtlich geeignet sein, eine Verurteilung wegen einer Steuerstraftat oder –ordnungswidrigkeit zu rechtfertigen.

 

Daraus folgt, dass es mangels kriminalistischer Erfahrung dahingehend, dass ausländische Kapitalerträge grundsätzlich verschwiegen, Inhaber ausländischer Bankkonten also stets steuerunehrlich sind, es in den Fällen angekaufter Bank-CDs zur Beantwortung der Frage, ob Tatentdeckung vorliege, grundsätzlich darauf ankommt, ob ein Abgleich mit der Steuerakte des Betroffenen erfolgt sei.

 

Der bloße Ankauf bzw. die Existenz einer Steuer-CD ist demnach nicht geeignet, den Sperrgrund der Tatentdeckung zu verwirklichen. In Ausnahmefällen kann jedoch auch nach der BGH-Rechtsprechung eine Tatentdeckung schon vor dem Abgleich der Daten auf der CD mit der Akte des Steuerpflichtigen anzunehmen sein. Dies soll u.a. dann der Fall sein, wenn die Steuerquelle verschleiert wurde und die Art und Weise der Verschleierung nach kriminalistischer Erfahrung ein signifikantes Indiz für unvollständige oder unrichtige Angaben des Steuerpflichtigen ist. Dies wird vereinzelt bereits für das Unterhalten eines Nummernkontos bei einer ausländischen Bank angenommen.

 

… und das Merkmal „Wissen" oder „Rechnenmüssen"

 

Dies betrifft aber lediglich die objektive Komponente der Tatentdeckung. Bedeutsam ist vor allem aber auch das subjektive Element – insbesondere das Rechnenmüssen mit der Tatentdeckung. Eine konkrete Kenntnis und damit „Wissen" von der Entdeckung der Tat wird im Falle des Ankaufs von Steuer-CDs oder auch anderweitiger Formen des Informationsaustauschs demgegenüber kaum jemals gegeben sein, da der Steuerpflichtige in der Regel nicht in der Lage ist nachzuvollziehen, ob sich seine Daten auf der betreffenden CD befinden oder wann genau ein Abgleich der Daten mit seiner Steuerakte stattfindet.

 

Der Zeitpunkt ab dem ein Steuerpflichtiger damit rechnen muss, dass seine Steuerhinterziehung entdeckt ist, wird von der Rechtsprechung demgegenüber sehr früh bemessen.

 

So können nach Ansicht des AG Kiel schon allgemeine Presse- und Rundfunk-Berichte über den Ankauf von „Steuer-CDs" dazu führen, dass der Steuerpflichtige damit rechnen muss, dass seine Tat jedenfalls zum Teil entdeckt ist. Denn es könne nicht pauschal angenommen werden, dass unmittelbar nach dem Erwerb einer "Steuer-CD" noch nicht mit der Entdeckung der Tat gerechnet werden braucht, weil noch kein Abgleich mit den Steuerakten der auf der CD genannten Personen erfolgen konnte. Denn vor dem Ankauf prüften die Steuerbehörden stichprobenartig die Qualität der Daten und könnten auch hierbei schon die Daten des Täters mit seinen Steuerakten abgeglichen haben. Demgegenüber müsse der Täter erhebliche Zeit nach der Berichterstattung über einen CD-Kauf in geringem Umfang, irgendwann sogar nicht mehr mit der Tatentdeckung rechnen.

 

Auch das Schleswig-Holsteinische OLG hat mit Urteil vom 30. Oktober 2015 entschieden, dass ein Steuerpflichtiger jedenfalls dann mit der Entdeckung seiner Straftat im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO rechnen müsse, wenn er Kenntnis von der einschlägigen Medienberichterstattung über den Ankauf einer "Steuer-CD" hat, auf der sich Daten einer vom Steuerpflichtigen eingeschalteten Bank befinden.

 

Diese von der Rechtsprechung vertretene Auffassung wird in Teilen der Literatur heftig kritisiert. Hierbei wird argumentiert, nur eine enge Auslegung des Begriffs des „Rechnenmüssens" gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO werde dem Zweck der Selbstanzeige, den Täter zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit zu motivieren gerecht. Die allgemeine Berichterstattung über den Erwerb von Steuer-CDs führe nicht dazu, dass ein Steuerpflichtiger mit der Entdeckung „seiner" Tat rechnen müsse. Die gelte selbst dann, wenn ein Bankinstitut namentlich genannt wird. Erst wenn mehr als 50% der Kunden einer spezifischen Bank von einem Datenleck betroffen seinen und die Auswertung der Daten zu mindestens 50% abgeschlossen, bestünde eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass auch die eigene Tat entdeckt sei.

 

Steuerpflichtige sollten sich jedoch immer auf das „worst-case"-Szenario einstellen und im Rahmen der strafbefreienden Selbstanzeige nach Maßgabe der Rechtsprechung agieren.

 

Fazit

 

Mit der Etablierung von Standards für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, der sich auch die bislang über 80 Staaten, darunter die Schweiz und Liechtenstein angeschlossen haben, wird sich der Fahndungsdruck und –erfolg im Bereich der Steuerhinterziehung insbesondere im Zusammenhang mit ausländischem Vermögen in naher Zukunft noch weiter erhöhen.

 

In dieser Hinsicht ist es ggf. ratsam eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO zu stellen. Hiermit sollte allerdings nicht abgewartet werden, bis es zum ersten Datenaustausch zwischen Deutschland und anderen Staaten gekommen ist.

Zum einen findet bereits jetzt ein Informationsaustausch zwischen Deutschland und anderen Staaten statt, insbesondere in Form des An- bzw. Verkaufs sog. "Steuer-CDs". Zum anderen ist zu langes Zögern mit erheblichen Risiken verbunden, da die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige mit Entdeckung der Tat entfällt (§ 371 Abs. 2 Nr. 2 AO). Hierbei kann insbesondere die subjektive Komponente des "Rechnenmüssens mit der Tatentdeckung" ein Risikofaktor sein, da die Rechtsprechung sehr früh das Vorliegen geeigneter Umstände, die den Täter zu der Schlussfolgerung, seine Tat sei entdeckt, veranlasst haben müssten, annimmt. So kann bereits die mediale Berichterstattung über den Ankauf von „Steuer-CDs" genügen.

 

Trotz der gebotenen Eile sollten Steuerpflichtige sich professionelle Unterstützung bei der Erstattung einer Selbstanzeige holen. Denn diese muss nicht nur rechtzeitig erfolgen, sondern auch vollständig und fehlerfrei sein, damit das gewünschte Ziel der Straffreiheit erreicht werden kann.

 

07.08.2016

 

Die Steuerfahndung darf von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen. In seinem Urteil vom 12. Mai 2016 II R 17/14 sieht der Bundesfinanzhof (BFH) hierin keinen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, GG).

 

Im Streitfall richtete die Steuerfahndungsstelle eines Finanzamts (FA) an die Herausgeberin einer Tageszeitung und eines Anzeigenblatts ein Auskunftsersuchen. Das FA verlangte für einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren die Übermittlung von Namen und Adressen sämtlicher Auftraggeber von Anzeigen der Rubrik "Kontakte", in denen sexuelle Dienstleistungen beworben wurden. Das FA begründete sein Auskunftsersuchen u.a. mit einem vom Bundesrechnungshof beanstandeten Vollzugsdefizit bei der Besteuerung der im Rotlichtmilieu tätigen Betriebe und Personen. Das Finanzgericht (FG) sah darin eine ausreichende Begründung für das Auskunftsersuchen und wies die Klage ab.

 

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Danach kann ein Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen rechtmäßig sein. Zwar umfasst der Schutzbereich der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich auch den Anzeigenteil von Presseerzeugnissen. Die konkrete Reichweite des Grundrechtsschutzes ergibt sich jedoch erst unter Berücksichtigung der "allgemeinen Gesetze" i.S. des Art. 5 Abs. 2 GG. Von der Pressefreiheit geschützt sind danach nur solche Anzeigen, die für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam sind oder der Kontrollfunktion der Presse dienen. Bei den streitgegenständlichen Anzeigen war dies nicht der Fall. Allein die wirtschaftliche Bedeutung der Anzeigen für das Presseerzeugnis führte ebenfalls nicht zur Unvereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, da nur relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen waren.

 

Einschränkungen bestehen aber für Auskunftsersuchen, die eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung enthalten, laufende Auskünfte zu erteilen. Diese bedürfen einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung. Zudem muss zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein besonderes Ermittlungsbedürfnis bestehen.

(PM 53/16 des BFH)

 

Anmerkung:

Man darf gespannt sein, ob der Kläger weiter vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wird, was zu wünschen wäre. Aus meiner Sicht ist noch lange nicht ausgemacht, dass "Karlsruhe" eine solche Praxis billigen wird. Es ist schon - ohnehin - sehr weitgehend, sich von einem Wirtschaftsbeteiligten ohne weiteren Verdacht und "ins Blaue hinein" alle Kundendaten herausgeben zu lassen. Das muss erst Recht für einen Zeitungsverlag gelten, dessen wirtschaftliche Basis sich zu einem großen Teil aus Anzeigenkunden zusammensetzt!

05.07.2016

 

Rund 35.000 Klagen gingen im letzten Jahr bei den Finanzgerichten der Länder ein. In rund 40 Prozent der Fälle konnten die Kläger einen Erfolg oder Teilerfolg erzielen. Noch vor 10 Jahren betrug die Erfolgsquote lediglich 24 Prozent.

 

Wenn sich Steuerpflichtige und Finanzverwaltung nicht einigen können, sind die 18 Finanzgerichte der Bundesländer gefragt. Laut dem Geschäftsbericht der Finanzgerichte für die Jahre 2013 bis 2015 gingen allein im letzten Jahr 34.974 Klagen und 6.013 Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz bei den Finanzgerichten ein. Die Anzahl der Verfahren ist dabei seit Jahren rückläufig. Demgegenüber steigt die Erfolgsquote für die Steuerpflichtigen. In etwas mehr als 40 Prozent der Verfahren konnten die Kläger im Jahr 2014 einen Erfolg erzielen, in dem die Finanzämter im Klageverfahren den Steuerbescheid änderten oder die Finanzgerichte ganz oder teilweise zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden.

 

Wenn die Entscheidung eines Landesfinanzgerichts für den Steuerpflichtigen nachteilig ausfällt, bleibt noch die Revision oder Beschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH). Das oberste deutsche Finanzgericht hat nach seinem Jahresbericht im vergangenen Jahr 2.721 Verfahren abgeschlossen. Hiervon wurden bei den Revisionsverfahren 41 Prozent zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, bei den Nichtzulassungsbeschwerden waren es immerhin noch 14 Prozent. Das ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass sich Steuerbeamte und Juristen bereits vorher ausführlich mit den Fällen beschäftigt hatten. Es bleibt auch 2016 spannend, denn für dieses Jahr hat der BFH eine Reihe interessanter Entscheidungen angekündigt. Hervorzuheben sind folgende Rechtsfragen:

 

-  Ehescheidung: Prozesskosten für eine Ehescheidung als außergewöhnliche Belastung abziehbar? (Az. VI R 66/14, VI R 81/14, VI R 19/15)

 

 

-  Firmenwagen: Kann ein Arbeitnehmer Zuzahlungen zu einem Firmenwagen als Werbungskosten geltend machen? (Az. VI R 24/14, VI R 49/14, VI R 2/15)

 

 

-  Selbstbehalt: Sind mit der privaten Krankenkasse vereinbarte Selbstbehaltsleistungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen absetzbar? (Az. X R 43/14)

 

  

PM 19/2016 des NVL

 

Anmerkung: Aus nach eigener Erfahrung handelt es bei den Finanzgerichten um fachlich und sachlich bestens ausgestattete Instanzen, die einen unvoreingenommenen richterlichen Blick auf den vorgebrachten Steuerfall gewährleisten. Sollten Sie Unterstützung bei der Frage der Erhebung der Klage oder bei der Durchführung brauchen, sprechen Sie uns einfach an! 

 

30.06.2016

 

Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Entwurf für ein „Bürokratieentlastungsgesetz" (BEG ) II vorgelegt. Zentrale Erleichterungen steuerlicher Art sollen dabei sein:

 

•  Entlastung bei der Aufbewahrung von Lieferscheinen

•  höhere Grenze bei der vierteljährlichen Lohnsteueranmeldung

          für kleine Unternehmen (Anhebung von 4000 auf 5000 Euro)

•  Anhebung der Kleinunternehmergrenze in der Umsatzsteuer von 17.500 auf 20.000 Euro

•  Anhebung der Grenze für die vereinfachte Rechnungsstellung

          in der Umsatzsteuer von 150 auf 200 Euro

•  Vereinfachung bei der vorfälligen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen

          (Schätzung der Beiträge auf Grundlage des Vormonats, wenn die Abrechnung

          des Arbeitsentgelts nach dem 5. Bankarbeitstages erfolgt)

•  Vorbereiten elektronischer Datenübertragungen an die Soziale Pflegeversicherung

 

Anmerkung: Es bleibt abzuwarten, welche Regelungen im Endeffekt tatsächlich umgesetzt werden. Insbesondere bei den Erleichterungen zu den Aufbewahrungspflichten wurden Unternehmer und Steuerpflichtige in der Vergangenheit schon mehrfach enttäuscht. Da der Entwurf aber schon jetzt nicht übermäßig ambitioniert ist, stehen die Chancen aber für eine Realisierung möglicherweise gut. 

 

 

29.06.2016

 

Ausgelöst durch schwere Unwetter Ende Mai/Anfang Juni 2016 sind in weiten Teilen Deutschlands beträchtliche Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen Betroffenen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.

 

Die Bundesregierung unterstützt die hohe Spendenbereitschaft in Deutschland, damit möglichst schnell und unbürokratisch Hilfe geleistet werden kann. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat daher im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Regelungen erlassen, die Spendern, Organisationen und Unternehmen sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Hilfeleistung erleichtern.

 

Die Vereinfachungsregelungen gelten für Unterstützungen, die vom 29. Mai 2016 bis 31. Dezember 2016 geleistet werden. Die Steuerverwaltungen von Bund und Ländern wollen mit diesen Verwaltungsanweisungen dazu beitragen, dass den von den Unwettern Betroffenen schnell und unkompliziert geholfen werden kann.

 

Das entsprechende BMF-Schreiben vom 28. Juni 2016 finden Sie hier. Gerne können Sie uns auch auf dieses Thema ansprechen.

27.06.2016

 

Einkommensteuererklärung 2015

 

Gesetzliche Frist zur Abgabe: 31. Mai 2016, der ist vorbei. Die vorgesehene Fristverlängerung um zwei Monate gilt für dieses Jahr noch nicht. Wer seine Steuererklärung noch fertigstellen muss, sollte beim Finanzamt eine Fristverlängerung beantragen. Wird die Erklärung durch einen Steuerberater erstellen lässt, gilt eine längere Frist bis zum 31.12.2016.

 

Wer selbstständige Einkünfte oder solche aus Gewerbebetrieb hat – das gilt auch für Beteiligungseinkünfte zum Beispiel aus geschlossenen Fonds – muss die Erklärung elektronisch dem Finanzamt übermitteln. Die andere können sie noch per Vordruck einreichen, sollten aber doch auch von der elektronischen Übermittlung über das ELSTER-Portal Gebrauch machen.

 

Arbeitnehmer können oft auf eine Steuererklärung verzichten, sie sollten es aber nicht tun, weil häufig mit Erstattungen – im Durchschnitt etwa 900 Euro – zu rechnen ist.

Wer als Arbeitnehmer auch andere Einkünfte von mehr als 410 Euro im Jahr erhält oder Lohnersatzleistungen (z. B. Kranken-, Arbeitslosen- oder Elterngeld) bezieht, ist zur Abgabe einer Erklärung aber verpflichtet, dies gilt auch bei bestimmten Steuerklassen-Kombinationen.

 

Wer nicht zu einer Abgabe verpflichtet ist, aber eine Erstattung erwartet, kann Erklärungen für bis vier Jahren rückwärts einreichen; also ab 2012 noch bis zum 31.12.2016.

 

Fußballspiel als Betriebsveranstaltung – Grenzen beachten

 

Die EM läuft und viele fiebern mit. Wenn der ganze Betrieb oder zumindest eine Abteilung ein Spiel gemeinsam miterleben will, lässt sich eine Betriebsveranstaltung (Obergrenze: zwei  Feiern pro Jahr) gestalten. Bei der Lohn-/Einkommensteuer bleiben die Ausgaben bis zu 110 Euro (Freibetrag) pro Mitarbeiter steuerfrei. Bei der Umsatzsteuer entfällt beim Überschreiten der 110-Euro-Grenze (Freigrenze) der gesamte Vorsteuerabzug für den Arbeitgeber.

 

Urlaubsvertretung durch Schüler und Studenten

 

Schüler und Studenten wollen in der Regel in den Sommer- bzw. Semesterferien ihre Kasse aufbessern. Schüler oder Studenten bleiben hierbei sozialversicherungsfrei, wenn die Beschäftigung von vornherein auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt bleibt.

 

27.06.2016

 

Am 20.06.2016 haben sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD über die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer geeinigt. Damit wird der Weg frei für einen Abschluss des parlamentarischen Verfahrens im Deutschen Bundestag und im Bundesrat.

Hierzu führt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) weiter aus:

Die Einigung schützt den Bestand vor allem von mittelständischen Unternehmen und garantiert den Erhalt der vorhandenen Arbeitsplätze in Deutschland. Sie stellt eine ausgewogene Lösung dar, die die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 insbesondere auch durch Einführung einer Bedürfnisprüfung erfüllt und der Bedeutung der Erbschaft- und Schenkungsteuer für eine gerechte Vermögensverteilung in Deutschland Rechnung trägt. Damit steht die Reform für Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit und ein langfristiges Wirtschaften in unseren Betrieben.

Gegenüber dem Regierungsentwurf vom 08.07.2015 für ein Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. hierzu Hubert, StuB 19/2015 S. 743) sieht die Gesamteinigung im Einzelnen folgende Anpassungen vor:

1. Entlastung kleiner Unternehmen von Bürokratie

Kleine Unternehmen mit wenigen Beschäftigten werden auch weiterhin von bürokratischen Pflichten deutlich entlastet. Für Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten entfällt auch weiterhin die Lohnsummenprüfung für die Gewährung der Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Saisonarbeiter bleiben bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl unberücksichtigt.

2. Einschränkung von Steuergestaltungen

Missbräuchliche Steuergestaltung wird eingeschränkt, wie dies das Bundesverfassungsgericht gefordert hat. Wenn das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen 90 Prozent des gesamten Betriebsvermögens überschreitet, wird die Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen.

3. Förderung von Investitionen

Die Erbschaftsteuer darf Investitionen in den Unternehmen nicht behindern und Arbeitsplätze nicht gefährden. Deshalb werden diejenigen Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, steuerrechtlich begünstigt.

4. Verwaltungsvermögen

Dem Anliegen der Länder, wie im geltenden Recht beim Begriff des Verwaltungsvermögens zu bleiben, wird entsprochen. Das Verwaltungsvermögen ist grundsätzlich nicht begünstigt. Es wird aber bis zu 10 Prozent wie steuerrechtlich begünstigtes Betriebsvermögen behandelt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass Drittlandsbeteiligungen bei einer Holdinggesellschaft, Altersversorgungsverpflichtungen und verpachtete Grundstücke, die zum Zwecke des Absatzes von eigenen Produkten überlassen werden (z. B. bei Brauereigaststätten und Tankstellen), begünstigt werden. Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) können zu 15 Prozent zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern.

5. Steuererleichterungen für Familienunternehmen

Die Einigung würdigt als Rückgrat unserer mittelständischen Wirtschaft die besondere Situation von Familienunternehmen mit langfristigen Bindungen über Generationen hinweg. Diese Verfügungsbeschränkungen bei der Anteilsweitergabe werden als Steuerbefreiung in Höhe von maximal 30 Prozent bei der Bestimmung des Unternehmenswerts berücksichtigt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der gemeine Wert eines Familienunternehmens auf Grund der für solche Unternehmen üblichen Verfügungsbeschränkungen bei der Anteilsweitergabe nicht dem für den Erben beim Verkauf tatsächlich erzielbaren Wert entspricht. Die Verfügungsbeschränkungen müssen zwei Jahre vor und 20 Jahre nach dem Tod des Erblassers bzw. dem Schenkungszeitpunkt vorliegen.

6. Große Unternehmensvermögen

Das Bundesverfassungsgericht hat Einschränkungen bei der Verschonung großer Vermögensübergänge gefordert. Ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. € pro Erwerber ist eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell vorgesehen. Der Verschonungsabschlag verringert sich um einen Prozentpunkt für jede 750.000 Euro, die der Erwerb oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. € liegt. Keine Verschonung wird gewährt ab einem Erwerb von 90 Mio. € (bei der Optionsverschonung mit 7 Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mindestens 700 %) bzw. von 89,75 Mio. € (bei der Regelverschonung mit 5 Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mindestens 400 %).

7. Realistische Vermögensbewertung

Wir vermeiden in Zeiten von niedrigen Zinsen eine Überbewertung von Unternehmen. Deshalb wird der beim sog. vereinfachten Ertragswertverfahren für die Bestimmung des Unternehmenswerts maßgebliche Kapitalisierungsfaktor angepasst. Der Kapitalisierungsfaktor, der multipliziert mit dem nachhaltig erzielbaren Jahresertrag den Unternehmenswert ergibt, wird von derzeit 17,86 auf einen Korridor von 10 bis maximal 12,5 abgesenkt.

8. Erweiterte Stundungsregelung

Die Zahlung der Erbschaftsteuer darf die Existenz des Unternehmens nicht gefährden, auch wenn dem Steuerpflichtigen bei der Bedarfsprüfung kein Steuererlass gewährt wird. Daher wird ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose Stundung bis zu zehn Jahren bei Erwerben von Todes wegen eingeführt. Die Stundung erfolgt zinslos und erstreckt sich auf die Steuer, die auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert entfällt. Voraussetzung ist die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist.

9. Inkrafttreten

Nach erfolgreichem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Deutschen Bundestag und im Bundesrat soll das Gesetz rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten.


Achtung: Nach derzeitigem Stand ist die Abstimmung im Bundesrat am 8.7.2016 geplant. Das Abstimmungsverhalten von Bündnis 90/Die Grünen ist hierbei noch unklar.

06.06.2016

 

In Umsatzsteuervoranmeldungen können Unternehmer nur in Deutschland gezahlte Umsatzsteuer als so genannte Vorsteuer geltend machen. Für in Rechnungen ausgewiesene ausländische Umsatzsteuer gilt ein besonderes Vorsteuervergütungsverfahren. Mit diesem Verfahren erhält der Unternehmer die im Ausland gezahlte Umsatzsteuer erstattet, sofern er in dem ausländischen Land nicht als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer registriert ist.

 

Das Vergütungsverfahren für EU-Länder erfolgt über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Hier gilt für 2015 gezahlte Umsatzsteuer eine Antragsfrist bis 30. September 2016

 

Das BZSt informiert auch über die außereuropäischen Staaten, mit denen auf Grundlage zwischenstaatlicher Abkommen ebenfalls eine Vorsteuervergütung möglich ist. Hierzu zählen
z. B. die USA, Kanada, Japan oder die Schweiz. In diesen Fällen muss die Antragstellung über die Außenhandelskammern oder direkt vor Ort geltend gemacht werden. Die Kontaktdaten sind unter www.ahk.de zu finden.

 

Wichtig: Die Frist für die Antragstellung ist nicht verlängerbar und endet am 30.06.2016 für Nicht EU-Länder und am 30.09.2016 für EU-Länder.

 

Die Anträge sind in der Regel in den Drittstaaten auf dem Postweg zu stellen. Da der Eingang und nicht die Absendung maßgeblich sind, ist unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Postlaufzeiten Eile geboten!

 

Der Vergütungszeitraum beträgt mindestens drei aufeinanderfolgende Monate, höchstens ein Jahr. Zudem sind Antragsmindestsummen zwischen 50 Euro (EU-Land) und 500 Euro (Nicht-EU-Länder) zu beachten. Die Vorsteuerbeträge müssen durch Originalrechnungen belegt werden. Jedem einzelnen Antrag ist eine Unternehmerbescheinigung (Formular USt 1 TN) beizufügen. Eine solche Bescheinigung wird beim zuständigen deutschen Finanzamt durch den Unternehmer beantragt und gilt ein Jahr.

 

12.05.2016

 

Der Bundestag hat am 12. Mai 2016 das „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens" beschlossen. Es regelt unter anderem die vollautomatische Bearbeitung von Steuererklärungen. Damit kann die Bearbeitung schneller erfolgen, aber es drohen neue rechtliche Risiken.

 

Bei der vollautomatischen Bearbeitung von Steuererklärungen setzt die Finanzverwaltung darauf, dass immer mehr Daten elektronisch gemeldet werden. Es geht dabei vor allem um Löhne, Versicherungsbeiträge, Renten oder Sozialleistungen, die von Arbeitgebern, Versicherern und anderer Stellen an die Finanzverwaltung übermittelt werden müssen. Bürger oder ihre steuerlichen Berater sollen zukünftig diese Daten gar nicht mehr selbst in die Steuererklärung eintragen müssen.

 

Was nach Vereinfachung aussieht, hat allerdings einen Haken. Der Bürger ist und bleibt vor dem Gesetz verantwortlich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten, die ohne seine Mitwirkung übermittelt und verarbeitet werden. Sie werden als seine Angaben gewertet, wenn er in der Steuererklärung hierzu nichts Abweichendes einträgt. Ob die beim Finanzamt eingegangenen Daten tatsächlich korrekt sind, kann er jedoch erst mit dem Steuerbescheid erkennen. Stellt er Fehler fest, wird er dies zukünftig dem Finanzamt mitteilen müssen. Das gilt auch, wenn der Fehler zu seinen Gunsten ausfällt. Damit wird der Bürger stärker als bisher in die Pflicht genommen, auch für Fehler anderer. Bisher besteht diese Verpflichtung nicht, wenn die Steuererklärung selbst korrekt war.

 

Die Verlängerung der Abgabefristen für die Steuererklärung um zwei Monate vom 31. Mai auf den 31. Juli, bei Beratung durch Steuerberater oder Lohnsteuerhilfevereine und auf den letzten Februartag des zweiten Folgejahres, ist zu begrüßen. Bei Fristüberschreitung drohen allerdings höhere Strafen. Mindestens werden 25 Euro Verspätungszuschlag pro Monat fällig. Der Verspätungszuschlag kann die Steuer sogar um ein Vielfaches übersteigen.

 

Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.

 

20.04.2016

 

Der Erwerb von Photovoltaikanlagen erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Vielen Privatleuten ist jedoch unbekannt, dass sie mit einer solchen Investition zum Unternehmer werden, wenn sie ihren erzeugten Strom in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Dies hat zur Folge das Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss.

 

Erfreulich ist jedoch, dass der Eigenheimbesitzer die für die Installation der Anlage selbst gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurückfordern kann. Dies gilt ebenso für alle weiteren gezahlten Umsatzsteuerbeträge in Rechnungen, die im Zusammenhang mit der Anlage stehen.

 

Die Voraussetzung ist, dass der Eigenheimbesitzer dem Finanzamt anzeigt, dass und inwieweit er die Photovoltaikanlage seiner unternehmerischen Sphäre zuordnet. Doch hier drängt die Zeit, denn die Zuordnung muss bis zum 31.5. des Folgejahres erfolgen, d.h. das diese Zuordnung für alle im Kalenderjahr 2015 erstellten Anlagen bis zum 31.5.2016 erfolgen muss. Dies gilt auch, wenn der Erwerber einen Steuerberater beauftragt und deshalb eine Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärung bis zum Jahresende gilt.

 

Hierfür empfehlen wir eine 100 %ige Zuordnung zum Unternehmen, da nur diese den vollen Vorsteuerabzug ermöglicht und somit einen Finanzierungsvorteil bedingt. Die Zuordnung kann unter anderem durch die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung oder schriftlich an das Finanzamt erfolgen.

 

Anmerkung:

Die Frist zum 31. Mai des laufenden Jahres müsse alle Unternehmer beachten, die bis dahin noch nicht dokumentiert (zum Beispiel durch Umsatzsteuer-Voranmeldungen) haben, dass Wirtschaftsgüter zu ihrem Betriebsvermögen gehören sollen. Der typische Fall ist hierbei neben den Fotovoltaikanlagen das Büro oder die Betriebsstätte des Unternehmers im erworbenen/gebauten Eigenheim. 

06.04.2016

 

Mit Spannung wird derzeit die Frage diskutiert, was mit den Regeln der Erbschaft-und Schenkungsteuer passiert, wenn die Politik nicht eine Einigung bis zum 30. Juni 2016 zu Stande bringt. Möglich wäre, dass das gesamte Recht und damit die Erhebung der Erbschaftsteuer verfassungswidrig ist, da das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Privilegierung von Betriebsvermögen auch die Norm des § 19 ErbStG ins Visier nahm, und nicht nur die entsprechenden Regelungen zum Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG.

 

Demgegenüber soll das Gesetz nach Angaben des Gerichtssprechers des Bundesverfassungsgerichts weiterhin anwendbar bleiben, unter Hinweis auf den Tenor des Urteils: „Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung bis spätestens zum 30. Juni 2016 zu treffen.“ Beide Sätze stünden, so der Sprecher, unabhängig voneinander.

 

Zum Vergleich hieß es im Jahr 1995 bei der Vermögensteuer: „Ger Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 1996 zu treffen. Längstens bis zu diesem Zeitpunkt ist das bisherige Recht weiterhin anwendbar.“

 

Anmerkung:

 

Bislang setzte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber allenfalls eine Frist zu einer Neuregelung, wenn es sich nicht sogar zu einer rückwirkenden Verfassungswidrigkeitserklärung durchringen konnte. Dies unterblieb zumeist aus fiskalischen Gründen. Wenn nunmehr der Legislative sogar eine längere „Frist“ als gesetzt verbleibt, darf getrost der Sinn einer Normenkontrolle durch die Karlsruher Richter bezweifelt werden. Sollte das bisherige Recht über den 30. Juni 2016 hinaus Gültigkeit besitzen, stellt sich noch die Frage, ob dies für das gesamte Gesetz gilt. Vorstellbar wäre nämlich auch, dass die „Grundnormen“ des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes bestehen bleiben und nur die „Privilegierungen“ für das Betriebsvermögen außer Kraft treten.

 

Angesichts dieses - nicht unmöglichen - Szenarios sollten größere Übertragungen dringend vor dem Stichtag 30. Juni 2016 erfolgen. Alles andere wäre ein Glücksspiel.

 

31.03.2016

 

Der Gesetzgeber ist auch dann nicht am Erlass eines Gesetzes gehindert, wenn dieses zu völkerrechtlichen Verträgen im Sinne von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG im Widerspruch steht. Dies hat der Zweite Senat durch heute veröffentlichten Beschluss in einem Verfahren der konkreten Normenkontrolle entschieden. Nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG kommt völkerrechtlichen Verträgen, soweit sie nicht in den Anwendungsbereich speziellerer Öffnungsklauseln (Art. 1 Abs. 2, 23, 24 GG) fallen, innerstaatlich der Rang eines einfachen Bundesgesetzes zu. In diesem Fall verlangt das Demokratieprinzip, dass spätere Gesetzgeber die Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen revidieren können. Etwas anderes folgt weder aus dem Rechtsstaatsprinzip noch aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes. Auch letzterer hat zwar Verfassungsrang, beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen. Die Richterin König hat ein Sondervotum zu dem Beschluss abgegeben.

 

Sachverhalt und Verfahrensgang:

 

In dem - heute nicht mehr gültigen - DBA-Türkei 1985 haben Deutschland und die Türkei unter anderem vereinbart, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen in der Türkei erzielen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden und nur bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte berücksichtigt werden dürfen. Nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in der seit dem Steueränderungsgesetz 2003 bis heute gültigen Fassung wird die Freistellung „ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden“.

 

Wesentliche Erwägungen des Senats:

 

Die Vorlage ist zulässig aber unbegründet. Die in Rede stehende Norm des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist verfassungsgemäß.

 

In der Ordnung des Grundgesetzes haben völkerrechtliche Verträge in der Regel den Rang einfacher Bundesgesetze. Sie können daher durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden.

 

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts haben gemäß Art. 25 Satz 2 GG innerhalb der nationalen Rechtsordnung einen Rang über den einfachen Gesetzen, aber unterhalb der Verfassung. Zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören das Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts, das heißt diejenigen Normen des Völkerrechts, die unabhängig von vertraglicher Zustimmung für alle oder doch die meisten Staaten gelten. Konkrete Bestimmungen völkerrechtlicher Verträge nehmen daher grundsätzlich nicht an dem in Art. 25 Satz 2 GG vorgesehenen Vorrang teil. Anders als andere Rechtsordnungen kennt das Grundgesetz keinen generellen Vorrang völkerrechtlicher Verträge vor dem einfachen Gesetzesrecht.

 

Nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erlangen völkerrechtliche Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, erst durch das dort vorgesehene Zustimmungsgesetz innerstaatliche Wirksamkeit. Aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zudem, dass völkerrechtlichen Verträgen, soweit sie nicht in den Anwendungsbereich einer anderen, spezielleren Öffnungsklausel - insbesondere Art. 23 bis 25 GG - fallen, innerstaatlich der Rang eines einfachen Bundesgesetzes zukommt und sie insofern keinen Übergesetzes- oder gar Verfassungsrang besitzen.

 

Der als allgemeine Regel des Völkerrechts anerkannte Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind („pacta sunt servanda“), beschreibt zwar eine besondere (völkerrechtliche) Pflichtenstellung des Staates gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner, sagt jedoch nichts über die innerstaatliche Geltung und den Rang völkerrechtlicher Verträge. Er bewirkt insbesondere nicht, dass alle Bestimmungen völkerrechtlicher Verträge zu allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG werden, die den einfachen Gesetzen vorgehen.

 

Der Grundsatz, dass ein (Bundes-) Gesetz durch ein späteres, ihm widersprechendes (Bundes-) Gesetz verdrängt wird, wird durch Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG nicht außer Kraft gesetzt. Die gegenteilige Auffassung ist abzulehnen, denn sie widerspricht insbesondere dem Demokratieprinzip und dem Grundsatz der parlamentarischen Diskontinuität. Demokratie ist Herrschaft auf Zeit. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn ein Parlament die Gesetzgeber späterer Legislaturperioden binden und in ihren Möglichkeiten beschränken könnte, gesetzgeberische Entscheidungen der Vergangenheit aufzuheben oder zu korrigieren, weil dadurch politische Auffassungen auf Dauer festgeschrieben würden. Zudem ist der Gesetzgeber nicht für die Kündigung völkerrechtlicher Verträge zuständig. Daher muss er zumindest in der Lage sein, innerhalb seines Kompetenzbereichs vom völkerrechtlich Vereinbarten abzuweichen.

 

Auch aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nicht, dass völkervertragliche Regelungen nicht durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden können. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Görgülü-Beschluss (BVerfGE 111, 307) - entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung - nicht entschieden, dass der Gesetzgeber nur zur Wahrung tragender Verfassungsgrundsätze von völkerrechtlichen Vereinbarungen abweichen dürfe. Der Beschluss verhält sich zu den Folgen eines Verstoßes des Gesetzgebers gegen Völkervertragsrecht nicht, sondern betrifft ausschließlich die Rechtsfolgen einer unzureichenden Beachtung von Völkerrecht durch die Fachgerichte. Zudem ging es im Görgülü-Beschluss um die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention, eines dem internationalen Menschenrechtsschutz dienenden Vertrages, der in Art. 1 Abs. 2 GG eine spezifische Verankerung erfahren hat.

 

Das Völkerrecht schließt die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht aus. Es fordert zwar von den Staaten die Erfüllung der zwischen ihnen geschlossenen Verträge nach Treu und Glauben (Art. 26 der Wiener Vertragsrechtskonvention, WVRK). Es schließt allerdings nur aus, dass ein Staat unter Berufung auf innerstaatliches Recht die Verletzung einer völkerrechtlichen Pflicht auf völkerrechtlicher Ebene rechtfertigen kann (Art. 27 Satz 1 WVRK). Insoweit überlässt es das Völkerrecht den Staaten, die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer Kollision zwischen einem völkerrechtlichen Vertrag und einem Gesetz nach den entsprechenden Rang- und Kollisionsregeln des nationalen Rechts zu regeln und dem nationalen Recht den Vorrang einzuräumen. Der damit verbundene Völkerrechtsverstoß ist gleichwohl nicht unbeachtlich. Bei weniger gravierenden Vertragsverletzungen kommen regelmäßig nur ein Recht zur ordentlichen Kündigung (Art. 56 WVRK), ein Anspruch auf Herstellung des vertragsmäßigen Zustands oder - subsidiär - eine Schadensersatzforderung in Betracht. Bei erheblichen Verletzungen kann der Vertragspartner  berechtigt sein, den Vertrag unabhängig von der Vereinbarung eines Kündigungsrechts zu beenden oder ihn zu suspendieren (Art. 60 WVRK).

 

Die Verfassungswidrigkeit völkervertragswidriger Gesetze lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf den ungeschriebenen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes begründen.

Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit hat Verfassungsrang. Er ergibt sich aus einer Zusammenschau der verfassungsrechtlichen Vorschriften, die das Verhältnis Deutschlands zur internationalen Staatengemeinschaft zum Gegenstand haben (insbesondere Art. 23 bis 26 und Art. 59 Abs. 2 GG). Die Bestimmungen enthalten eine Verfassungsentscheidung für eine auf die Achtung und Stärkung des Völkerrechts aufbauende zwischenstaatliche Zusammenarbeit.

Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Verträge. Eine solche widerspräche den differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den innerstaatlichen Rang völkerrechtlicher Normen, aus denen der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit abgeleitet wird. Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit dient nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere als Auslegungshilfe für die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verfassung sowie das einfache Recht. In der Kammerrechtsprechung ist dies dahingehend konkretisiert worden, dass im Rahmen geltender methodischer Grundsätze von mehreren möglichen Auslegungen eines Gesetzes grundsätzlich eine völkerrechtsfreundliche zu wählen ist. Das aus dem Grundgesetz abgeleitete Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung gilt jedoch nicht absolut und ungeachtet der methodischen Grenzen der Gesetzesauslegung.

 

Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG kann daher nicht völkerrechtsfreundlich dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen, und zwar allein um einen Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden, über völkervertragliche Bindungen hinwegsetzen dürfte. Eine solche Auslegung ist methodisch nicht vertretbar. Dies wird mit Blick auf Doppelbesteuerungsabkommen besonders deutlich: Da Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig nicht gegen tragende Grundsätze der Verfassung verstoßen, hätten sie de facto - wie die allgemeinen Regeln des Völkerrechts - regelmäßig einen Rang über den Gesetzen. Eine solche Gleichsetzung widerspräche jedoch der in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG getroffenen Unterscheidung des Verfassungsgebers. Darüber kann sich die Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG nicht hinwegsetzen, auch nicht unter Berufung auf den Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit.

 

Entgegen einer vom Bundesfinanzhof aufgegriffenen Ansicht ist die einseitige Abkommensüberschreibung schließlich nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig. Die Auslegung des grundgesetzlichen Rechtsstaatsgebots muss den Anforderungen einer systematischen Interpretation des Verfassungstextes genügen. Eine (vermeintlich) rechtsstaatliche Auslegung findet jedenfalls in den ausdrücklichen Vorgaben des Grundgesetzes und im Demokratieprinzip ihre Grenze. Daher kann auch aus dem Rechtsstaatsprinzip ein - insbesondere den Art. 25 Satz 2, Art. 59 Abs. 2 GG widersprechender - begrenzter Vorrang des Völkervertragsrechts vor dem einfachen Gesetz oder eine Einschränkung des „lex-posterior-Grundsatzes“ nicht abgeleitet werden.

 

Vor diesem Hintergrund verstößt § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG - unabhängig davon, ob er in der Sache tatsächlich eine Abkommensüberschreibung enthält - nicht gegen das Grundgesetz.

 

Das DBA-Türkei 1985 ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung einer Überschreibung des DBA-Türkei 1985 ist daher Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG. Da der Gesetzgeber gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nur an die verfassungsmäßige Ordnung, nicht aber an einfache Gesetze gebunden ist, kann er das Zustimmungsgesetz zu dem DBA-Türkei 1985 ungeachtet der fortbestehenden völkerrechtlichen Verbindlichkeit durch den Erlass von Gesetzen, die dem im Doppelbesteuerungsabkommen Vereinbarten inhaltlich widersprechen, aufheben oder ändern. Nichts anderes ergibt sich - wie dargelegt - aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit und dem Rechtsstaatsprinzip.

Selbst wenn man davon ausginge, dass es für die Zulässigkeit einer Abkommensüberschreibung entscheidend auf die Möglichkeit des Gesetzgebers ankommt, sich im Einklang mit dem Völkerrecht von einem (teilweise) nicht mehr gewollten Vertrag zu lösen, führte dies nicht zur Unzulässigkeit einer Überschreibung. Denn der Gesetzgeber ist unabhängig davon, ob eine Kündigung völkerrechtlich zulässig ist, nach den Regelungen des Grundgesetzes zur Kündigung eines völkerrechtlichen Abkommens nicht befugt (Art. 59 Abs. 1 GG). Die Kündigung des Doppelbesteuerungsabkommens zum Zweck der Neuverhandlung und vertraglichen Durchsetzung eigener Absichten ist daher,  entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs, kein milderes Mittel, um dem Demokratieprinzip gerecht zu werden.

 

§ 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Vorschrift enthält zwar eine Ungleichbehandlung, weil sie die mit der Freistellung von der deutschen Steuer verbundene Begünstigung bei Nichterbringung des geforderten Nachweises versagt, während sie für diejenigen, die den Nachweis erbringen, bestehen bleibt. Darüber hinaus verlangt § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG den Nachweis nur für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; für andere Einkunftsarten ist dies nicht der Fall. Diese Ungleichbehandlungen sind jedoch durch einen hinreichenden sachlichen Grund gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber mit der in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG angeordneten Nachweisplicht der bei der Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Vergleich zu sonstigen Einkunftsarten erhöhten Missbrauchsgefahr entgegenwirken wollte.

 

Abweichende Meinung der Richterin König:

 

Die Entscheidung der Senatsmehrheit kann ich weder in der Argumentation noch im Ergebnis mittragen. Sie bestätigt im Wesentlichen eine Rechtsauffassung, die der Zweite Senat bereits in seinem Urteil zum Reichskonkordat aus dem Jahr 1957 vertreten hat. In einer globalisierten Welt, in der die Staaten durch eine Vielzahl völkerrechtlicher Verträge in einem weiten Spektrum von Regelungsbereichen miteinander verflochten sind, halte ich diese Rechtsauffassung für nicht (mehr) überzeugend. Vielmehr muss zwischen dem Demokratieprinzip einerseits und dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit andererseits ein angemessener Ausgleich hergestellt werden.

Als Kriterien, die bei der Abwägung heranzuziehen sind, kommen insbesondere die folgenden in Betracht: das mit dem späteren Gesetz verfolgte Regelungsziel und dessen Bedeutung für das Gemeinwohl, die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der durch die völkerrechtliche Regelung begünstigten Individuen, die Dringlichkeit der abweichenden Regelung, die Möglichkeit des Rückgriffs auf zumutbare völkerrechtsgemäße Mittel zur Beendigung der völkerrechtlichen Bindung, wie etwa Abgabe einer interpretativen Erklärung, Kündigung oder Modifizierung des Vertrags, und die bei einem Völkerrechtsbruch im Raume stehenden Rechtsfolgen.

Die vorgeschlagene Lösung führt weder zu einer uneingeschränkten Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung noch zu einem unbedingten Vorrang des Völkerrechts auch vor dem Verfassungsrecht. Der (spätere) Gesetzgeber wird allerdings verpflichtet, vor einer bewussten Abweichung von einem völkerrechtlichen Vertrag sorgfältig die einzelnen oben aufgeführten Aspekte gegeneinander abzuwägen. Richtig ist zwar, dass das Parlament selbst einen völkerrechtlichen Vertrag nicht kündigen oder suspendieren kann. Es hat jedoch die Möglichkeit, seinen politischen Willen kundzutun und die Regierung zu entsprechenden Schritten im Außenverhältnis aufzufordern. Die in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Systematik wird nicht unterlaufen, weil die vorgeschlagene Lösung nicht zu einer generellen „Sperrwirkung“ führt. Der Gesetzgeber behält die aus dem Demokratieprinzip folgende Kompetenz, völkerrechtliche Verträge zu überschreiben; aus dem im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ausgelegten Rechtsstaatsprinzip ergeben sich allerdings Einschränkungen in Bezug auf ihre Ausübung.

Nach diesen Maßstäben wäre § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2003 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Es handelt sich um eine völkerrechtswidrige Abkommensüberschreibung. Wägt man die oben genannten Kriterien gegeneinander ab, so überwiegen die Gesichtspunkte, die gegen die Verfassungsmäßigkeit der Abkommensüberschreibung sprechen. Insbesondere hätte das Abkommen zeitnah gekündigt und neu verhandelt werden können, wie dies im Jahr 2011 auch geschehen ist. (Pressemitteilung 9/2016 des BVerfG).

 

Anmerkung: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist vor allem vor dem Hintergrund bedauerlich, als der Gesetzgeber in jüngerer Zeit in einer Vielzahl von Fällen völkerrechtliche Abkommensbestimmungen einseitig und zumeist fiskalisch "überschrieben" hat. Das Gericht hat hierzu nicht einmal - unter Umständen unabhängig vom Einzelfall - Grenzen gezogen. Das abweichende Votum der Richterin König enthält hingegen ausgleichende Grundsätze, mit deren Hilfe der Gesetzgebungspraxis auch weiterhin Flexibilität (z.B. bei eklatantem "Missbrauch von Abkommensbegünstigungen) an die Hand gegeben, ohne grünes Licht für uferlosen Völkerrechtsbruch zu signalisieren. 

30.03.2016

 

Das Bundesministerium der Finanzen der Finanzen hat am 18. März 2016 einen Referentenentwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen sowie den Referentenentwurf einer Technischen Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen veröffentlicht. Zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, z. B. Kassenaufzeichnungen, soll die Unveränderbarkeit von digitalen Grundaufzeichnungen sichergestellt und Manipulationen ein Riegel vorgeschoben werden.

 

Die Maßnahmen bestehen im Wesentlichen aus drei Komponenten:

  1. Verpflichtender Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (keine Registrierkassenpflicht)
  2. Einführung einer Kassen-Nachschau
  3. Sanktionierung von Verstößen

 

Das Konzept ist technologieoffen, um den besonderen Verhältnissen verschiedenartiger Wirtschaftsbereiche Rechnung tragen zu können sowie zu gewährleisten, dass im Zuge technischer Innovationen Weiterentwicklungen erfolgen können.

Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen künftig über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik soll die technischen Anforderungen an die technische Sicherheitseinrichtung bestimmen und zertifizieren.

Es soll eine Kassen-Nachschau eingeführt werden. Diese kann unangekündigt erfolgen und stellt ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung dar.

Werden Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Nutzung der technischen Sicherheitseinrichtung festgestellt, können diese als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25 000 Euro geahndet werden, unabhängig davon, ob ein steuerlicher Schaden entstanden ist. Den derzeitigen Referentenentwurf finden Sie hier.

 

Anmerkung:

Es bleibt zu hoffen, dass mit Hilfe der neuen Technologie in die Praxis Rechtssicherheit einkehrt. Bislang wird es mit einer teils überbordenden Bürokratie den Steuerpflichtigen überlassen, die Manipulationssicherheit ihrer Kassen nachzuweisen. Da dies oftmals in der geforderten Tiefe nicht möglich ist, drohen Unternehmern gerade bei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen existenzbedrohende Hinzuschätzungen. Dies betrifft nicht nur klassische Bargeschäfte wie in der Gastronomie, sondern bspw. auch Apotheken. 

25.02.2015

 

Der neue OECD-Standard zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (sog. Common Reporting Standard, CRS) verpflichtet Finanzinstitute künftig, wie bereits nach dem sog. FACTA-Abkommen mit den USA, bei ihren Kunden die steuerliche Ansässigkeit zu ermitteln und bestimmte Informationen an die Steuerverwaltung des Ansässigkeitsstaats weiterzugeben. Neukunden sollen hierzu per Formular ab dem 1.1.2016 eine Selbstauskunft abgeben und werden von den Banken zur Klärung von Zweifelsfragen pauschal an ihre steuerlichen Berater verwiesen.

 

Bei der Erteilung dieser Auskünfte und beim Ausfüllen der Formulare zur steuerlichen Ansässigkeit ist größte Vorsicht geboten. Der Bewertung müssen jeweils die Vorschriften des Ansässigkeitsstaats zu Grunde gelegt werden, die von den deutschen Regelungen abweichen können. Dies erfordert spezielle Kenntnisse und Erfahrungen der einschlägigen ausländischen Steuervorschriften.

 

Der Bundesrat hat auf seiner Sitzung am 18.12.2015 zwei Gesetzentwürfen zum automatischen Austausch von Kontodaten zugestimmt. Dabei handelt es sich um das Gesetz über den automatischen Austausch von Informationen über Auslandskonten von Privatpersonen (BR-Drs. 565/15) sowie um das Gesetz zur Regelung der gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen mit EU-Staaten und Drittstaaten (BR-Drs. 566/15). Damit ist der Weg frei, den OECD-Standard auch in das deutsche Recht zu überführen.

 

Deutschland und 50 weitere Staaten hatten sich Ende Oktober 2014 in einem globalen Abkommen verpflichtet, sich ab Herbst 2017 gegenseitig über Auslandskonten von Privatpersonen zu informieren. Ebenso wie bereits im Rahmen des sog. Foreign Account TAX Compliance Act (FACTA) mit den USA vom 31.3.2015 sind Finanzinstitute des gesamten Finanzdienstleistungssektors (u.a. Banken, Versicherungen und Investmentfonds) verpflichtet, Kunden mit einer ausländischen Steueransässigkeit zu identifizieren und Informationen über Zinsen, Dividenden, Guthaben auf Konten oder Erlöse aus dem Verkauf von Finanzvermögen an die zuständigen Steuerbehörden zu melden.

 

 

23.02.2016

 

Zum Jahresbeginn treten bei Einkommensteuer und Sozialversicherung zahlreiche Neuregelungen für Arbeitnehmer und Ruheständler in Kraft:

 

Höherer Grundfreibetrag und Abbau der kalten Progression

Der Grundfreibetrag, auch steuerfreies Existenzminimum genannt, steigt um 180 Euro auf 8.652 Euro pro Person und Jahr. Für Ehe- und Lebenspartner, die eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, gilt der doppelte Betrag. Außerdem wird der Steuertarif zwecks Abbau der „kalten Progression" leicht verändert. Dadurch verringert sich für viele die Steuerbelastung:

 

Einkommen

Steuer 20161)

Ersparnis

gegenüber 20151)

10.000 €

206 €

31 €

20.000 €

2.560 €

51 €

30.000 €

5.468 €

68 €

40.000 €

8.826 €

92 €

50.000 €

12.636 €

121 €

60.000 €

16.805 €

133 €

70.000 €

21.005 €

 133 €

 

 

1) Werte für Grundtabelle, ohne Solidaritätszuschlag

 

Mehr Sozialabgaben

Für viele Arbeitnehmer und Rentner erhöhen sich die Sozialabgaben. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag in die gesetzliche Krankenversicherung steigt auf 1,1 Prozent. Stärker belastet werden gesetzlich versicherte Arbeitnehmer mit höherem Einkommen, da auch die Beitragsbemessungsgrenzen steigen. Bei der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung erhöht sich der Grenzbetrag auf 50.850 Euro Jahresbruttolohn. In die Renten- und Arbeitslosenversicherung müssen Arbeitnehmer Beiträge bis zu einem Jahreslohn von 74.400 Euro (West) bzw. 64.800 Euro (Ost) einzahlen.

 

Altersvorsorge wird attraktiver

Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, berufliche Versorgungswerke oder Rürup-Verträge können bis 22.767 Euro pro Jahr gefördert werden. Das Finanzamt berücksichtigt davon 82 Prozent als Sonderausgaben, 2 Prozentpunkte mehr als 2015. Für Arbeitnehmer beläuft sich der Sonderausgabenabzug aufgrund der steuerfreien Arbeitgeberbeiträge allerdings nur auf 64 Prozent ihres selbst gezahlten Rentenversicherungsbeitrags.

 

Plus für Eltern

Das monatliche Kindergeld steigt um 2 Euro je Kind, der Kinderfreibetrag auf 4.608 Euro jährlich. Unverändert bleibt hingegen der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf bei 2.640 Euro pro Kind. Eltern teilen sich grundsätzlich die Freibeträge. Beide Freibeträge führen in der Regel erst ab einem Einkommen von mehr als 32.000 bzw. 64.000 Euro (ledige bzw. verheirate Eltern) zu einer zusätzlichen steuerlichen Entlastung gegenüber dem Kindergeld. Anderes gilt, wenn Eltern nicht zusammen leben. In diesen Fällen kann der Elternteil, bei dem das Kind lebt, durch Übertragung des Betreuungsfreibetrags vom anderen Elternteil bereits ab ca. 16.200 Euro Einkommen (Grundtabelle) von den Freibeträgen profitieren.

 

Belastung für Ruheständler

Bis zum Jahr 2040 muss jeder neue Rentnerjahrgang jährlich einen höheren Prozentsatz seiner Rente versteuern. Wer 2016 erstmals Rente bezieht, hat einen steuerpflichtigen Rentenanteil von 72 Prozent. 28 Prozent der Jahresrente bleiben steuerfrei. Der endgültige Freibetrag wird erstmals aus der Jahresrente 2017 berechnet.
Für Pensionäre verringert sich der Versorgungsfreibetrag. Bei Versorgungsbeginn 2016 bleiben noch 22,4 Prozent der Pension steuerfrei, höchstens jedoch 1.680 im Jahr. Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag verringert sich auf 504 Euro.
Wer 2016 seinen 65. Geburtstag feiert und deshalb erstmals Anspruch auf den Altersentlastungsbetrag hat, erhält 22,4 Prozent, höchstens 1.064 Euro als Abzugsbetrag auf bestimmte Einkünfte. Der Altersentlastungsbetrag wird beispielsweise auf Löhne oder auf Einkünfte aus Vermietung oder auch voll steuerpflichtige Einkünfte aus Pensionskassen oder Riester-Verträgen gewährt, nicht jedoch auf Renten und Pensionen.

 

Mehr Unterhalt

Wer bedürftige Angehörige oder andere begünstigte Personen unterstützt, kann Zahlungen bis 8.652 Euro abziehen. Der Unterhaltshöchstbetrag wurde mit dem Grundfreibetrag angehoben. Beiträge zur Basisabsicherung in der Krankenversicherung und zur gesetzlichen Pflegeversicherung sind zusätzlich absetzbar. Eigenes Einkommen des Unterstützten verringert allerdings den maximalen Abzugsbetrag, wenn es im Jahr 624 Euro übersteigt.

 

Steuer-ID wird wichtiger

Kindergeldzahlungen dürfen nur noch erfolgen, wenn die Steuer-ID sowohl für die Eltern als auch für das Kind angegeben ist. Fehlten die Nummern bei früheren Anträgen, können sie bis zum Jahresende nachgereicht werden.
Vor 2011 erteilte Freistellungsaufträge für Kapitalerträge, die noch ohne Steuer-ID bei Banken und anderen Finanzinstituten eingereicht wurden, verlieren ab 2016 ihre Gültigkeit, wenn die Bank die Steuer-ID nicht kennt.

 

Freibeträge für zwei Jahre

Arbeitnehmer dürfen sich beim Finanzamt Freibeträge zur laufenden Lohnsteuerermäßigung für zwei Jahre eintragen lassen. Bisher war jedes Jahr ein neuer Antrag erforderlich.

 

Bei Fragen können Sie sich gern an uns wenden!

 

PM des NVL e.V.

 

2015-09-17

 

Am 30. September 2015 endet die Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Vorsteuervergütungen aus dem Jahr 2014 für im Ausland empfangene Lieferungen und Leistungen. Das gilt auch für Vorsteuerbeträge, die dem Unternehmer in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union im Rahmen einer Dienstreise in Rechnung gestellt wurden, ohne dass in diesem Land Umsätze erzielt wurden. Anträge von Unternehmen, die in Drittländern ansässig sind, waren schon bis zum 30.06.2015 zu stellen, diese Frist ist bereits abgelaufen.

 

Antragstellung in elektronischer Form beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)

 

Das BZSt prüft, ob der Antragsteller im Vergütungszeitraum zum Vorsteuerabzug berechtigt war und die angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bzw. Steuernummer korrekt ist. Die Abwicklung von Vorsteuervergütungsverfahren erfordert wegen der Formalisierung einen nicht zu unterschätzenden Aufwand. Für jeden Mitgliedsstaat ist ein gesonderter Antrag zu stellen, der nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz zu übermitteln ist.

 

Elektronische Anträge ab 50 Euro pro Jahr und Vergütungsstaat

 

Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 Euro oder einem entsprechend in Landeswährung umgerechneten Betrag entsprechen. Bei Nettorechnungen ab 1.000 Euro (bei Kraftstoffrechnungen 250 Euro) sind Kopien der Rechnungen oder Einfuhrdokumente gescannt dem Antrag beizufügen.

 

(Pressemitteilung des Steuerberaterverbandes Berlin Brandenburg e.V.)

 

2015-09-04

 

Am 26.8.2015 ist der vom Bundesrat am 10.7.2015 beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität dem Bundestag zugeleitet worden. Darin sind die folgende Maßnahmen zur steuerlichen Förderung von Elektroautos vorgesehen:

 

Gewährt ein Arbeitgeber eine kostenfreie oder verbilligte Möglichkeit, die privaten Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeuge seiner Arbeitnehmer aufzuladen, soll der geldwerte Vorteil für das Aufladen der Batterien steuerfrei sein. Diese Steuerfreiheit wird nur Sachbezüge umfassen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 3 Nr. 46 EStG-E) und soll nur für die Jahre 2015 bis 2019 gelten (§ 52 Abs. 4 EStG-E).

 

Mittels Sonderabschreibungen für Elektrofahrzeuge und Ladevorrichtungen im betrieblichen Bereich sollen Unternehmen zu entsprechenden Investitionen animiert werden. Danach soll von den AK/HK einmalig im Jahr der Anschaffung oder Herstellung eine Sonderabschreibung zusätzlich zur linearen AfA abgezogen werden können. Diese ist rückläufig gestaltet und beträgt im Jahr 2015 = 50 %, in 2016 = 40 %, in 2017 = 30 %, in 2018 und 2019 noch 20 %. Begünstigte Wirtschaftsgüter sind reine Elektrofahrzeuge, Hybridelektrofahrzeuge, sog. Range-Extender-Fahrzeuge, sowie Ladevorrichtungen. Es müssen jeweils neue Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sein (§ 7e EStG-E).

Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.

 

Zudem hatte der Bundesrat am 10.7.2015 auch eine Entschließung verfasst und die Bundesregierung um eine Förderung der Nutzung von Zweirädern mit Elektrounterstützung bzw. mit Elektroantrieb gebeten, indem das sog. Dienstwagenprivileg auf Zweiräder ausgedehnt wird.

 

Die Bundesregierung wird im weiteren Gesetzgebungsverfahren prüfen, ob und wie eine deutlich stärkere Nutzung von Zweirädern in der betrieblichen Mobilität erreicht werden kann.

2015-09-02

 

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit zahlt im September höhere Kindergeldbeträge aus. Bundestag und Bundesrat hatten im Juni und Juli rückwirkend zum 1. Januar eine Anhebung um 4 Euro je Kind und Monat beschlossen. Ab September passt die Familienkasse nun die aktuellen Auszahlungssätze an, die Nachzahlung für die Vormonate erfolgt nach Angaben der Bundesagentur spätestens ab Oktober gesondert per Extrazahlung.

 

Parallel dazu werden ebenfalls die Kinderfreibeiträge erhöht, die Anpassung ist für den Lohnmonat Dezember 2015 vorgesehen. Für alle anderen Steuerpflichtigen ergibt sich die Steuerersparnis im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2015.

 

Bereits die Kinderfreibeträge des Jahres 2014 waren zu niedrig bemessen. Für 2014 ist aber keine (rückwirkende) Erhöhung geplant. Insofern ist diesbezüglich bald mit ersten Musterklagen zu rechnen.

 

Auch Alleinerziehende werden künftig höher entlastet: Für sie wird der Entlastungsbetrag von 1.308 Euro auf 1.908 Euro angehoben und erhöht sich für jedes weitere Kind im Haushalt um 240 Euro.

2015-09-02

 

Aufgrund der BFH-Rechtsprechung und der Gesetzesänderungen zu § 13b UStG in 2014 gibt es bisher insbesondere für die Zeit vor der Gesetzesänderung (01.10.2014) im Bereich der Bauleistungen an Bauträger rechtliche Unsicherheiten. Dies betrifft insbesondere die Fragen der rechtssicheren Abwicklung der Abtretung und Verrechnung der Umsatzsteuer des Subunternehmers an das Finanzamt gemäß § 27 Abs. 19 UStG, für den Fall, dass der Bauträger Umsatzsteuer für Bauleistungen vom Finanzamt zurückfordert. Da auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20.07.2015 (Drucks. 18/5603) noch Verständnisfragen offen ließ, hat der Steuerberaterverband Schleswig-Holstein wir das Gespräch mit dem Finanzministerium Schleswig-Holstein gesucht und konnten in diesen Fragen eine grundlegende Klarstellung erreichen.

 

Demnach wirkt die angenommene Abtretung grundsätzlich an Zahlung statt, wenn der leistende Unternehmer schutzwürdig ist und seine Mitwirkungspflichten erfüllt.

Sofern die Verrechnung nicht erfolgreich umgesetzt werden konnte, wird der Anspruch durch die Finanzämter auf zivilrechtlichem Wege gegenüber dem Leistungsempfänger durchgesetzt. Eine mögliche Insolvenz des Leistungsempfängers oder eine zivilrechtliche Verjährung der Ursprungsforderung stehen dem nicht entgegen (vgl. Antwort der Bundesregierung zu den Fragen Nr. 8 und Nr. 11 – 13 der Anlage).

 

Denkbare Fallkonstellationen, in denen der Leistende dennoch (steuerrechtlich oder zivilrechtlich) in Anspruch genommen werden könnte, ergeben sich lediglich in Fällen eigenen Verschuldens (z.B. Mängelrüge, Schadensersatz): 

 

Sofern eine erfolgreich geltend gemachte Mängelrüge besteht, erfolgt eine Annahme der Abtretung nur in Höhe des geminderten Betrages. Der darüber hinausgehende Betrag wird sodann steuerrechtlich gegenüber dem Leistenden geltend gemacht.

 

Wenn die Forderung zunächst nur einredebehaftet ist, steht es im Ermessen des FA, in welcher Höhe die Abtretungserklärung angenommen wird.

 

Für den Fall, dass der Leistungsempfänger nach erfolgter Abtretung mit begründeten Ansprüchen (z. B. aus Schadensersatz) die Aufrechnung gegenüber dem Finanzamt erklärt bzw. der Aufrechnung des Finanzamts Einwendungen entgegensetzt, die z. B. zu einer Minderung der Forderung führen, bleibt die Abtretung trotzdem wirksam und die originäre Steuerschuld erloschen. Hier kann ggf. ein zivilrechtlicher Anspruch des FA gegenüber dem Leistenden geltend gemacht werden.

Auch bei Zusammenwirken von Leistendem und Leistungsempfänger mit der Absicht, einen Steuerausfall herbeizuführen, kann das Finanzamt eine Zustimmung zur Abtretung an Zahlung statt ablehnen, da der leistende Unternehmer in diesen Fällen nicht schutzwürdig ist.

2015-08-17

 

Der Bundesfinanzhof hat am 22. Juli 2015 ein Urteil zur Zulässigkeit der Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs veröffentlicht (BFH 25.03.2015 X R

20/13). Der BFH geht zudem im Urteil auf die Auswirkungen des Fehlens der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen beim Einsatz eines programmierbaren

Kassensystems ein sowie auf die Aufbewahrungspflicht von Speisekarten. Der Zeitreihenvergleich wird von der Finanzverwaltung im Rahmen von

Außenprüfungen insbesondere bei Gastronomiebetrieben zunehmend häufig angewandt. Beim Zeitreihenvergleich handelt es sich um eine mathematischstatistische

Verprobungsmethode, bei der die jährlichen Erlöse und Wareneinkäufe des Betriebs in kleine Einheiten - regelmäßig in Zeiträume von einer Woche - zerlegt

werden. Für jede Woche wird sodann der Rohgewinnaufschlagsatz (das Verhältnis zwischen Erlösen und Einkäufen) ermittelt. Die Finanzverwaltung geht davon aus,

dass der höchste Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen beliebigen Zehn-Wochen-Zeitraum ergibt, auf das gesamte Jahr anzuwenden ist. Dadurch werden

rechnerisch zumeist erhebliche Hinzuschätzungen zu den vom Steuerpflichtigen angegebenen Erlösen ausgewiesen.

 

Der BFH hat diese Schätzungsmethode nunmehr nur unter folgenden Einschränkungen zugelassen:

 

1. Das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb muss über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.

 

2. Bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ist der Zeitreihenvergleich zum Nachweis materieller Mängel der Buchführung von vornherein ungeeignet

 

3. Ist die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten nicht konkret nachgewiesen, sind andere Schätzungsmethoden

vorrangig.

 

4. Auch wenn solche anderen Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, dürfen die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nicht unbesehen übernommen

werden, sondern können allenfalls einen Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung bilden.

 

5. Nur wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Erkenntnisse feststeht, können die Ergebnisse eines --technisch korrekt

durchgeführten - Zeitreihenvergleichs auch für die Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden.

 

In diesem Zusammenhang hat der BFH ferner entschieden, dass beim Einsatz eines programmierbaren Kassensystems bereits das Fehlen der aufbewahrungspflichtigen

Betriebsanleitung sowie der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen Mangel darstellt, dessen Bedeutung dem Fehlen von

Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse gleichsteht und der daher

grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.

 

Immerhin: Speisekarten sind laut dem BFH-Urteil nicht generell aufbewahrungspflichtig. Etwas anderes gilt nur, wenn sie zum Verständnis

und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind.

 

Quelle: LSWB

2015-08-17

 

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG).

 

Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläu­fig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)-Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivil­rechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen.

 

Als "zwangsläufige Aufwendungen" erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskos­ten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenz­grundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 553).

 

Demgegenüber nahm der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivil­prozesskosten schon dann an, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

 

Zur Begründung hieß es, streitige Ansprüche seien wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Da die Parteien zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche mithin auf den Weg vor die Gerichte verwiesen werden, entstünden Zivilprozesskosten für den Kläger wie auch für den Beklagten zwangsläufig.

 

Nach nochmaliger Prüfung hält der BFH an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffas­sung nicht mehr fest. Der Senat kehrt unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 zu seiner früheren vertretenen Ansicht zurück.

 

Zwar kann sich der Steuerpflichtige nach einem verlorenen Zivilprozess unabhängig davon, ob er als Kläger oder als Be­klagter an ihm beteiligt war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745) der eigentlichen Zahlungsverpflich­tung aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies allein reiche jedoch nicht aus, um aus rechtlichen Gründen zwangsläu­fige Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 2 EStG anzunehmen. Vielmehr stellt die Rechtsprechung für die Entscheidung darüber, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, seit jeher auf die wesentliche Ursache ab, die zu den jeweiligen Aufwendungen geführt hat. Hierbei kommt es auf das verursachende Ereignis an, das zur Zahlungsverpflichtung (und zum Prozess) führt. So kommen z.B. Auf­wendungen zur Tilgung von Schulden nur dann als außergewöhnli­che Belastung in Betracht, wenn die Schuldaufnahme durch Aus­gaben veranlasst war, die ihrerseits den Tatbestand des § 33 EStG erfüllen (vgl. Senatsurteile vom 18. November 1977 VI R 142/75, BFHE 124, 39, BStBl II 1978, 147; vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78). Entschei­dend für die Frage, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, ist daher die wesentliche Ursache, die zu den Aufwendungen geführt hat (BFH-Urteile in BFHE 206, 16 und vom 18. März 2004 III R 31/02).

 

Ausgehend hiervon sind die Kosten eines Zivilprozesses grundsätzlich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das die Prozessführung mit der Folge der Zahlungsverpflichtung verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist (Urteil vom 3. Juni 1982 VI R 41/79). Daran fehle es im Allgemeinen bei einem Zivil­prozess.

 

Anmerkung:

Auf die zuvor steuerlich anerkannten Kosten eines Zivilprozesses hatte bereits der Gesetzgeber reagiert und den Abzug dieser Kosten ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt auch hier für die Fälle, in denen der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren. Dies bleibt stets eine Frage des Einzelfalls. Umstritten sind derzeit besonders die Ehescheidungskosten mit unterschiedlichen Entscheidungen durch die Finanzgerichte.

2015-08-12

 

Der Streit um die Steuerschuldnerschaft bei Bauträgern beschäftigt die Praxis bereit seit mehreren Jahren. Zur Regelung der Altfälle, in denen Bauträger von ihrem Recht auf Korrektur der Umsatzsteuerbescheide (und damit nicht unerhebliche Summe an Umsatzsteuer zurückfordern) Gebrauch machen, hat der Gesetzgeber in 2014 Übergangsregelungen geschaffen, die in Wissenschaft und Steuervollzug höchst umstritten sind. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat in einer viel beachteten Entscheidung vom 3.6.2015 (Az.  5 V 5026/15) sehr deutlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen aus dem "Kroatiengesetz" geäußert.

 

Für die Praxis ergeben sich damit (nach wie vor) mindestens die folgenden Handlungshinweise: Bauträger sollten weiterhin Änderungsanträge stellen bzw. diese versuchen auch durchzusetzen. Ferner können auch eine Vielzahl von individuellen Einreden geltend gemacht werden, die dem Finanzamt im Rahmen dessen Aufrechnung mit dem Auszahlungsanspruch entgegen gesetzt werden können. Diese sind durch fachlich versierte Personen zu prüfen. Bauleistende sollten selbst keine geänderten USt-Erklärungen abgeben und sich bei Änderungen der Bescheide durch das Finanzamt auf die möglicherweise verfassungswidrige Rechtslage berufen. Auch hier ist in den meisten Fällen eine individuelle Prüfung der Sach- und Rechtslage angezeigt. 

 

Das Gericht führt wie folgt aus: 

 

Nach summarischer Überprüfung des derzeitigen Sach- und Streitstands bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids. Zweifel bestehen insoweit, als der angefochtene Bescheid ohne Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nach § 176 Abs. 2 AO erlassen worden ist. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob die Suspendierung des § 176 AO durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG verfassungsgemäß ist. Die Prüfung dieser Frage bleibt einem Hauptverfahren vorbehalten.

 

§ 176 Abs. 2 AO  bestimmt, dass bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden darf, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Mit Schreiben vom 16.10.2009 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) zum Anwendungsbereich der Regelung über die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG Stellung genommen und diesen auf die bis dato nicht dieser Bestimmung unterfallenden Bauträger  erweitert. Der BFH entschied hiergegen mit Urteil vom 22.08.2013, dass die Vorschrift einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner sei, wenn er die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung mit Bauwerksbezug seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. Dies treffe auf Bauträger regelmäßig nicht zu, so dass diese Vorschrift auf sie nicht anzuwenden sei.

 

Die Voraussetzungen des§ 176 Abs. 2 AO liegen danach im Streitfall vor. Die Anwendung der Vertrauensschutzregelung ist nach der momentanen Auffassung des Senats nicht durch § 27 Abs. 19 UStG ausgeschlossen. Diese Norm wurde durch Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes vom 25.07.2014 mit Wirkung vom 31.07.2014 zur Regelung der Fälle geschaffen, in denen sich Bauträger auf die zitierte Rechtsprechung des BFH berufen und die Erstattung der entrichteten Umsatzsteuer beantragen, und sieht vor, dass dann, wenn Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15. Februar 2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und sich diese Annahme als unrichtig heraus stellt, die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern ist, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. Nach Satz 2 der Norm steht § 176 AO der Änderung nicht entgegen.

 

Nach Auffassung des Senats ist ernstlich zweifelhaft, ob die rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung beim leistenden Unternehmer unter Suspendierung des Vertrauensschutzes nicht gegen das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen verstößt, welches aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet wird. Das hätte zur Folge, dass die Regelung insoweit unwirksam wäre.

 

Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Da eine Norm erst mit der Verkündung rechtlich existent ist, muss der von einem Gesetz Betroffene bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird. Die maßgebliche Rechtsfolge steuerrechtlicher Normen ist dabei das Entstehen der Steuerschuld. Im Sachbereich des Steuerrechts liegt eine echte Rückwirkung daher nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert.

 

Es spricht viel dafür, dass es sich so auch in Fällen wie dem Vorliegenden verhält. § 27 Abs. 19 UStG greift in die im Zeitpunkt seiner Verkündung bereits entstandene Steuerschuld für 2009 nachträglich ein, so dass eine unzulässige echte Rückwirkung jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint. Darüber hinaus dürfte diese Gesetzeslage auch gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, der gebietet, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sind und dass ihre Anwendung für den Einzelnen voraussehbar ist. Die beliebige Abbedingung des Vertrauensschutzes nach§ 176 AO je nach Kassenlage ist mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und mit der Rechtsstaatlichkeit staatlichen Handelns nicht vereinbar. Anhaltspunkte dafür, dass eine der in der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen für die Zulässigkeit rückwirkender belastender Gesetze vorliegen (vgl. etwa Beschluss vom 08.07.1977) vermag der Senat derzeit nicht zu erkennen.

 

Die rückwirkende Suspendierung des § 176 Abs. 2 AO ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil – wie der Antragsgegner meint – ein Vertragspartner den Sachverhalt nachträglich verändert hat. Richtig ist vielmehr, dass die Übertragung der Steuerschuldnerschaft nicht zur Disposition der beteiligten Geschäftspartner steht, sondern Ausdruck des Befolgung eines Gesetzesbefehls und der dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen ist. Mit der Rückforderung der Umsatzsteuer verhält sich der Bauträger daher auch nicht etwa abredewidrig, sondern er macht lediglich die korrekte Besteuerung nach dem Gesetz, wie sie vom BFH vorgegeben wurde, geltend (so auch Lippross a.a.O.). Im Übrigen schützt
§ 176 Abs. 2 AO nicht das Vertrauen in eine Steuerfestsetzung, sondern in die geltende Gesetzeslage, auf die Handlungen eines Steuerpflichtigen keinen Einfluss haben.

 

Ebenso verfehlt ist der Hinweis des Antragsgegners auf einen nicht eintretenden Vermögensschaden beim Antragsteller, wenn dieser die Steuer seinem Vertragspartner nachträglich in Rechnung stellt, da hierbei die zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften übersehen werden. Eine Forderung aus dem Jahr 2009 ist bei Zugrundelegung der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren längst verjährt.

 

Schließlich ist unerheblich, dass die Änderung des Steuerbescheids auf § 164 Abs. 2 AO beruhte, da§ 176 AO für alle Fälle der Änderung von Steuerbescheiden zu berücksichtigen ist, unabhängig davon auf welchen Änderungsvorschriften sie beruht.

 

Die genannten Gründe sprechen gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG. Bis zur endgültigen Klärung dieser Rechtsfrage im Rahmen einer noch zu erhebenden Klage ist die Aussetzung der Vollziehung geboten.

2015-07-10 

 

Brandenburg hat die Grunderwerbsteuer zum 1.7.2015 um 30 % erhöht und zwar von 5,0 % auf 6,5 %. Auf diese Änderung weist der Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg hin. Der Kauf eines Einfamilienhauses im Wert von 200.000 Euro verteuert sich dadurch in Brandenburg um 3.000 Euro. Die Grunderwerbsteuer spielt auch bei der Umstrukturierung von Betrieben eine wichtige Rolle, so dass auch Unternehmen diese Steuerart gut im Blick haben müssen. Steuerberater helfen Ihnen allerdings, dass nicht mehr Grunderwerbsteuer anfällt als nötig.

 

Vor 33 Jahren betrug die Grunderwerbsteuer noch bundeseinheitlich 7 %; umfang-reiche Befreiungen führten aber dazu, dass über 80 % aller Grundstücke mit einer Steuerlast von 0 übertragen werden konnten. Anfang der 80-er Jahre kam es dann zu einer radikalen Reform (wie teils heute gefordert), indem Ausnahmen gestrichen wurden zu Gunsten eines einheitlichen niedrigen Steuersatzes.

 

Jetzt sind wir wieder auf dem Weg in die Vergangenheit, allerdings ohne die seinerzeitigen Befreiungstatbestände und mit deutlich höheren Grundstückspreisen. Nur Bayern und Sachsen sind seit 1998 beim "normalen" und niedrigeren Steuersatz von 3,5 % geblieben, alle anderen Bundesländer haben den Steuersatz kräftig um bis zu 86 % erhöht.

 

Das Ministerium der Finanzen Brandenburg hat Informationen zur Grunderwerbsteuer veröffentlicht, u. a. für welche Rechtsvorgänge und ab wann genau der neue Steuersatz gilt. Diese Information ist nicht nur für Grundstückskäufe in Brandenburg hilfreich. Da ein Ende der Preisspirale bei der Grunderwerbsteuer auch in anderen Bundesländern nicht absehbar ist, wird es immer wieder neue „Erhöhungsstichtage" geben.

 

PM des Steuerberaterverbandes Berlin Brandenburg e.V./eigene Recherche

2015-07-10

 

Das Bundeskabinett hat am 8. Juli 2015 den Gesetzentwurf zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG beschlossen.

   

Das BVerfG hatte in seinem Urteil vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12) die bestehenden Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen zwar grundsätzlich für geeignet und erforderlich gehalten, um Unternehmen in ihrem Bestand zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Es hielt die Ausgestaltung der Verschonungsregelungen jedoch teilweise mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar.

   

Die Regelungsinhalte des Gesetzentwurfs im Einzelnen:

   

1. Begünstigtes Vermögen

   

Das bisherige Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sieht eine Verschonung vor, wenn das Betriebsvermögen einen Verwaltungsvermögenanteil von bis zu 50% erreicht. Dies wurde vom BVerfG als unverhältnismäßig eingestuft. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zukünftig nur das sog. begünstigte Vermögen verschont werden kann. Begünstigt ist solches Vermögen, das überwiegend seinem Hauptzweck nach einer gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit dient.

   

Die Abgrenzung des begünstigten Vermögens nach dem Hauptzweck verhindert zudem die vom BVerfG kritisierten missbräuchlichen Gestaltungen. In mehrstufigen Unternehmensstrukturen mit Beteiligungsgesellschaften wird das begünstigte Vermögen aufgrund einer konsolidierten Betrachtung ermittelt. Ein Ausnutzen eines Verwaltungsvermögensanteils von 50% auf jeder Stufe der Beteiligungsebenen, wie es das geltende Recht zulässt (sog. Kaskadeneffekte in Beteiligungsgesellschaften), ist danach nicht mehr möglich.

   

2. Verschonungsregeln

   

Wie im bisher geltenden Recht wird das begünstigte Vermögen nach Wahl des Erwerbers zu 85% oder zu 100% von der Erbschaft und Schenkungsteuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:

 

- entscheidet sich der Erwerber für die Verschonung i.H.v. 85% des begünstigten Vermögens, muss er den Betrieb mindestens fünf Jahre fortführen (Behaltensfrist) und nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400% der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Lohnsummenregelung).

 

- bei der Wahl der vollständigen Befreiung von der Erbschaftsteuer zu 100% muss der Erwerber die Behaltensfrist von sieben Jahren einhalten und nachweisen, dass er insgesamt die Lohnsumme von 700% im Zeitraum von sieben Jahren nicht unterschreitet (Lohnsummenregelung).

       

   

3. Kleine Unternehmen

   

Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten waren bisher von der Lohnsummenregelung unabhängig von ihrer Größe gänzlich ausgenommen. Diese Grenze ist vom BVerfG verworfen worden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Anforderung an die Lohnsummenregelung mit der Zahl der Beschäftigten steigt:

 

- bei Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten wird auf die Prüfung der Lohnsummenregelung verzichtet. 

 

- bei Unternehmen mit vier bis zehn Beschäftigten gilt, dass bei einer Behaltensfrist von mindestens fünf Jahren die Lohnsumme 250% der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten darf. Bei einer Behaltensfrist von mindestens sieben Jahren darf die Lohnsumme 500% nicht unterschreiten.

 

- Bei Unternehmen mit elf bis 15 Beschäftigten gilt, dass bei einer Behaltensfrist von mindestens fünf Jahren die Lohnsumme 300% der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten darf. Bei einer Behaltensfrist von mindestens sieben Jahren darf die Lohnsumme 565% nicht unterschreiten.

    

Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Langzeiterkrankte und Auszubildende werden nicht mitgerechnet.

   

4. Große Betriebsvermögen

   

Nach dem derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gelten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf. Dies sieht das BVerfG als verfassungswidrig an. Beim Erwerb großer Unternehmensvermögen mit einem begünstigen Vermögen von über 26 Mio. Euro (Prüfschwelle) sieht der Gesetzentwurf daher ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung oder einem besonderen Verschonungsabschlag vor. Bei Vorliegen bestimmter für Familienunternehmen typischer gesellschaftsvertraglicher oder satzungsmäßiger Beschränkungen wird die Prüfschwelle auf 52 Mio. Euro angehoben.

   

Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nichtbetrieblichem bereits vorhandenen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.

   

Bei begünstigten Vermögen von über 26 Mio. Euro bzw. 52 Mio. Euro kann sich der Erwerber anstelle einer Verschonungsbedarfsprüfung alternativ für ein Verschonungsabschmelzmodell entscheiden. Hier erfolgt eine Teilverschonung, die mit zunehmendem Vermögen schrittweise verringert wird.

   

Ausgehend von einem Verschonungsabschlag bei bis zu 26 Mio. Euro von 85% (bei einer Haltefrist von fünf Jahren) bzw. von 100% (bei einer Haltefrist von sieben Jahren) sinkt die Verschonung schrittwiese für jede zusätzlichen 1,5 Mio. Euro, die der Erwerb über der jeweiligen Prüfschwelle liegt, um jeweils 1% bis zu einem Wert begünstigten Vermögens von 116 Mio. Euro bzw. 142 Mio. Euro (bei Vorliegen bestimmter gesellschaftsvertraglicher oder satzungsmäßiger Beschränkungen).

   

Ab 116 Mio. Euro bzw. 142 Mio. Euro gilt ein einheitlicher Verschonungsabschlag von 20% (bei einer Haltefrist von fünf Jahren) bzw. von 35% (bei einer Haltefrist von sieben Jahren).

2015-04-08

 

In den letzten Wochen und Monaten mehren sich Durchsuchungen der Steuerfahndung bei Gastronomen. Neben den üblichen Verdachtsmomenten der Finanzbehörde, z.B. wegen vermeintlichen Schwarzein- und verkäufen oder angeblichen Schwarzlohnzahlungen, zeichnet sich dieses Mal eine andere Qualität der Ermittlung ab. Die bisher bekannten Fälle von Durchsuchungen fanden zum einen im Rahmen von bestehenden Betriebsprüfungen statt. Ferner haben die Fälle insbesondere gemein, dass bei allen betroffenen Betrieben Auslöser die Annahme des Betriebsprüfers war, dass die Kassensoftware nicht mehr nachvollziehbare Manipulationsmöglichkeiten biete, zum Beispiel in Form von Stornierungen, und die betroffenen Gastronomen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten. Mitarbeiter der Finanzverwaltung haben sich offenbar recht intensiv mit der ein oder anderen Software beschäftigt, und halten diese für manipulierbar.

 

Unterdessen hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die steuerliche Haftung von Herstellern manipulierbarer Kassen bejaht (5 V 2068/14, Beschluss vom 7.1.2015).

2014-11-05

 

Kosten für ein Erststudium oder eine Erstausbildung sind beruflich veranlasst und müssten deshalb steuerlich besser berücksichtigt werden – damit folgt der Bundesfinanzhof (BFH) der Auffassung des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Das oberste deutsche Steuergericht hat ein vom BdSt unterstütztes Musterverfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.

 

Im Fall studierte der Kläger internationale Betriebswirtschaftslehre. Dazu gehörte ein Auslandssemester in Australien. Die Kosten für dieses Auslandsstudium, wie Studiengebühren, Miete, Verpflegungsmehraufwand und Flug, machte der junge Mann in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ordnete die Kosten der privaten Lebensführung zu und berücksichtigte sie lediglich als Sonderausgaben. Damit wirkten sich die Kosten für das Auslandssemester steuerlich nicht aus. Mit seiner Klage und der Revision beim BFH begehrt der Kläger, die Kosten für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen und entsprechende Verluste festzustellen. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

 

Der aktuelle Vorlagebeschluss stellt einen weiteren Höhepunkt im Streit um die steuerliche Behandlung von Berufsausbildungs- und Studienkosten dar. Ausgangspunkt war ein Urteil des Reichsfinanzhofs aus dem Jahr 1937. Damals entschieden die Richter, dass Aufwendungen für eine Ausbildung zur privaten Lebensführung gehören. Die Ausbildung sei „für die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzuordnen“. Der Bundesfinanzhof brach mit dieser „Lebenskampf“-Rechtsprechung bereits 2002. Seitdem versucht der Gesetzgeber durch immer neue Nichtanwendungsgesetze die studentenfreundliche Rechtsprechung des BHF auszuhebeln. Mit dem so genannten Zollkodex-Anpassungsgesetz plant der Gesetzgeber derzeit sogar, die Erstausbildung im Einkommensteuergesetz zu definieren. Damit soll der Steuerabzug von Studienkosten weiter eingeschränkt werden.

 

PM 40/2014 des BdSt

 

Mein Beitrag hierzu im Handelsblatt:

 

www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/steuern/werbungskosten-paukenschlag-fuer-teure-berufsausbildungen/10938230.html

 

 

2014-11-04

 

Das FG Rheinland-Pfalz hat als erstes Finanzgericht über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.10.2014 - 4 K 1976/14; Revision zugelassen).


Hintergrund: Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG n.F. sind Prozesskosten grds. vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Das Finanzgericht bejahte das Vorliegen der Abzugsvoraussetzungen bei den Prozesskosten für die Ehescheidung selbst, lehnte sie hingegen bezüglich der Scheidungsfolgesachen ab.


Zur Begründung führte das Finanzgericht weiter aus:

 

Die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen abzugsfähig seien, gehe auf eine Formulierung in einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahre 1996 zurück, in welchem gerade die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten bestätigt worden sei.

 

Mit der Übernahme dieser Formulierung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG habe der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Wertungen - einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung - übernommen.

 

Für einen Steuerpflichtigen sei es existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden könne, seien daher für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

 

Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG lediglich die für zu weitgehend erachtete neue Rechtsprechung des VI. Senats des BFH aus dem Jahr 2011 zur Anerkennung von Prozesskosten auch für beliebige (nicht aussichtslose) Prozesse als außergewöhnliche Belastung habe korrigieren und die bis zu dieser Rechtsprechungsänderung bestehende Rechtslage wiederherstellen wollen.

 

So ergebe sich aus einer Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren das Ziel, die Anerkennung von Prozesskosten auf den „bisherigen engen Rahmen“ zu beschränken. Hierzu hätten die unmittelbaren Kosten eines Scheidungsprozesses stets gezählt.

 

Anmerkung: Scheidungsfolgekosten sind nach Ansicht des Finanzgerichts demgegenüber nach der Neuregelung ab 2013 nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung, die für das neue Familienrecht entsprechend gelte, seien Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht nicht als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG anzusehen. Diese Folgesachen würden nicht zwingend, sondern nur auf Antrag eines Ehepartners mit dem Scheidungsverfahren zusammen - im Zwangsverbund - verhandelt und entschieden. Sie könnten auch in einer außergerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden. Die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats des BFH aus dem Jahr 2011 sei ab dem Veranlagungszeitraum 2013 durch die gesetzliche Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen überholt.


Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v. 31.10.2014/ NWB-Verlag

2014-10-15

 

EuGH legt zuletzt gezeigte Zurückhaltung ab: Pauschalbesteuerung von intransparenten Investmentfonds verstößt gegen europäisches Recht!

 

Der EuGH hat entschieden, dass die pauschale Besteuerung von Erträgen aus sog. intransparenten ausländischen Investmentfonds gemäß § 6 InvStG eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt (EuGH, Urteil v. 9.10.2014 - Rs. C-326/12; van Caster und van Caster).


Hintergrund: Das ab 2004 geltende InvStG enthält im Abschnitt 1 (§§ 1 bis 10) gemeinsame Regelungen für inländische und ausländische Investmentanteile. Zu ihnen gehört auch die in § 6 geregelte „Besteuerung bei fehlender Bekanntmachung?. Das FG Düsseldorf hatte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die pauschale Besteuerung von Erträgen aus so genannten ?intransparenten? (inländischen und ausländischen) Investmentfonds nach § 6 InvStG gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt, weil sie eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstelle (FG Düsseldorf, Beschluss v. 3.5.2012 – 16 K 3383/10 F).

Da es sich bei den betroffenen Fonds in der Regel um ausländische Fonds handelt, ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung geeignet ist, einen deutschen Anleger davon abzuhalten, Anteile an einem ausländischen Investmentfonds zu zeichnen, da ihn eine solche Anlage einer nachteiligen pauschalen Besteuerung aussetzen kann, ohne ihm die Möglichkeit zu bieten, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die Höhe seiner tatsächlichen Einkünfte nachweisen lässt.

 

Eine Regelung eines Mitgliedstaats, durch die Steuerpflichtige, die Anteile an ausländischen Investmentfonds gezeichnet haben, absolut daran gehindert werden, Nachweise vorzulegen, die – insbesondere hinsichtlich der Präsentation – anderen Kriterien entsprechen als den in den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für Investitionen im Inland vorgesehenen, geht über das hinaus, was erforderlich ist, um die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten.

 

Eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende kann nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle und die wirksame Einziehung der Steuern zu gewährleisten, da sie es dem Steuerpflichtigen nicht ermöglicht, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die Höhe seiner tatsächlichen Einkünfte nachweisen lässt.

 

http://www2.nwb.de/portal/content/ir/service/news/news_1441701.aspx

 

2014-08-13

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 29. April 2014 (Az.VIII R 20/12) entschieden, dass Kosten für betriebliche Fahrten mit einem Kraftfahrzeug selbst dann i.S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - dem Grunde nach - betrieblich veranlasst sind, wenn die Aufwendungen unangemessen sind.

 

Im Streitfall hatte ein selbständig tätiger Tierarzt den (hohen) Aufwand für einen 400 PS- starken Sportwagen als Betriebsausgabe geltend gemacht. Den (absolut) geringen Umfang der betrieblichen Nutzung (nur 20 Fahrten in drei Jahren) hat er mittels eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches nachgewiesen. Das Finanzamt hatte den als angemessen anzusehenden Aufwand für die betrieblichen Fahrten lediglich mit pauschal 1 € je gefahrenen Kilometer, das dagegen angerufene Finanzgericht (FG) mit pauschal 2 € je Kilometer angesetzt.

 

Auf die Revision des Klägers hat der BFH die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Grenzen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG für den Abzug unangemessener Aufwendungen gelten auch für die Beschaffung ausschließlich betrieblich genutzter PKW. Ob die Aufwendungen für das Fahrzeug unangemessen sind, bestimmt sich weiter danach, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen nach den Umständen des Einzelfalles ebenfalls auf sich genommen haben würde. Auf dieser Grundlage ist das FG ohne Rechtsfehler zu der Würdigung gekommen, die Kfz-Aufwendungen seien wegen des absolut geringen betrieblichen Nutzungsumfangs des Sportwagens sowie wegen der Beschränkung der wenigen Fahrten auf Reisen zu Fortbildungsveranstaltungen oder Gerichtsterminen und damit wegen fehlenden Einsatzes in der berufstypischen tierärztlichen Betreuung einerseits und des hohen Repräsentationswerts eines Luxussportwagens andererseits unangemessen. Ebenso hat der BFH es als zulässig angesehen, zur Berechnung des angemessenen Teils der Aufwendungen auf durchschnittliche Fahrtkostenberechnungen für aufwändigere Modelle gängiger Marken der Oberklasse in Internetforen zurückzugreifen.

 

PM 57/2014 des Bundesfinanzhofs

 

Anmerkung: Damit wird bei "unangemessenen Betriebsausgaben" nur der unangemessene Anteil gekürzt. Damit bleiben "angemessene" Betriebsausgaben aber steuerwirksam bestehen.

2014-07-14

 

Das Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Selbstanzeige startet voraussichtlich im September
2014. Die 1. Lesung im Bundestag soll Anfang November stattfinden. Ende November ist nach dem derzeitigen
Zeitplan eine Anhörung vor dem Finanzausschuss des Bundestages geplant, so dass das Gesetz
noch Ende Dezember verabschiedet werden und zum 1. Januar 2015 in Kraft treten kann.
Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder hatten sich auf ihrer Jahrestagung
Anfang Mai im Einzelnen auf folgende Verschärfungen und Positionen verständigt:
 
1. Die Berichtigungspflicht erstreckt sich künftig in allen Fällen der Steuerhinterziehung auf einen Zeitraum
von mindestens zehn Jahren. Damit ist auch die umgehende Nachentrichtung der hinterzogenen Steuer
für den gesamten Zehnjahreszeitraum zwingend, um Strafbefreiung erlangen zu können.
 
2. Zu diesem Zweck wird die Strafverfolgungsverjährung durch Änderung des § 376 Abs. 1
AO auch bei einfacher Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre ausgedehnt.
 
3. Künftig kommt in Fällen der schweren Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 3
AO nur noch ein Absehen von Strafverfolgung bei gleichzeitiger Zahlung des Zuschlages
in Betracht. § 371 Abs. 2 AO wird um einen entsprechenden Ausschlusstatbestand ergänzt.
 
4. Die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO ist künftig nur noch bei einem Hinter-
ziehungsbetrag von bis zu 25.000 Euro möglich. Ab diesem Betrag wird nur noch bei
gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages von der Strafverfolgung abgesehen.

 

5. Der Zuschlag nach § 398a AO wird abhängig vom Hinterziehungsvolumen wie folgt festgelegt:

 

· Über 25.000 Euro bis 100.000 Euro beträgt er 10 Prozent,

· über 100.000 Euro bis 1.000.000 Euro beträgt er 15 Prozent,

· über 1.000.000 Euro beträgt er 20 Prozent.

 

6. Die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen von 6 Prozent pro Jahr ist künftig zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die strafbefreiende Selbstanzeige.

 

7. Es wird gesetzlich klargestellt, dass auch die Umsatzsteuer- oder Lohnsteuer-Nachschau eine Sperrwirkung für die strafbefreiende Selbstanzeige auslöst ebenso wie eine Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nur an den Begünstigten.

 

8. Im Bereich der Anmeldesteuern gibt es eine gesetzliche Klarstellung zur Beseitigung bestehender praktischer und rechtlicher Verwerfungen.

Insbesondere muss eine berichtigte oder verspätete Steuer(vor)anmeldung, die keine

Jahreserklärung ist, als wirksame Teilselbstanzeige gelten können.

 

9. Ein steuerartenübergreifendes Vollständigkeitsgebot wird nicht befürwortet, da dieses in Anbetracht der erhöhten Anforderungen an die Rechtssicherheit im Strafrecht kaum rechtsklar ausgestaltet werden könnte. Hinzu kommt, dass es nur unter erheblichem Aufwand für die Finanzämter administrierbar und überprüfbar wäre.

 

Aufgrund der bereits bestehenden rechtlichen und praktischen Probleme im Bereich

der Anmeldesteuern (insbesondere Umsatzsteuer und Lohnsteuer) müssten diese aus Gründen der Rechtsklarheit aus dem Vollständigkeitsgebot ausgenommen werden, um eine handhabbare Regelung überhaupt zu ermöglichen. Diese Sonderbehandlung der Umsatzsteuer würde zu Verwerfungen hinsichtlich der anderen Steuerarten führen und wäre rechtlich kaum zu begründen.

 

10. Es wird eine europarechtskonforme steuerliche Anlaufhemmung bei ausländischen Kapitalerträgen mit zeitlicher Befristung eingeführt, deren konkrete rechtliche Umsetzung im Gesetzgebungsverfahren festgelegt wird.

 

11. Insbesondere wegen verfassungsrechtlicher Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz des Selbstbelastungsverbots und daraus folgender Verwertungsverbote wird von einer Einführung einer Obergrenze für die Wirksamkeit der Selbstanzeige abgesehen. Solche Verwertungsverbote hätten im Besteuerungsverfahren nicht nur im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, sondern auch in administrativer Hinsicht erhebliche negative Auswirkungen.“

 

Der Bundesminister der Finanzen unterstützt die Eckpunkte zur Verschärfung der Selbstanzeige. Der Gesetzesvorschlag soll in Abstimmung mit den Ländern auf dieser Grundlage erarbeitet werden.

  

Nach Auffassung der Steuerberaterverbände und -kammern bergen die geplanten Verschärfungen das Risiko, dass die Selbstanzeige kaum noch rechtssicher nutzbar ist, so ist die korrekte Nacherklärung über 10 Jahre schwierig. Zu begrüßen ist die von der Finanzministerkonferenz beschlossene gesetzliche Klarstellung bei den Anmeldesteuern, durch die eine Korrektur ins besondere von Umsatzsteuervoranmeldung en wieder ohne strafrecht liches Risiko möglich sein soll. Entscheidend ist hier dann die konkrete gesetzliche Formulierung.

 

 

 

 

Die Schweiz verschärft im Kampf gegen Steuersünder die Spielregeln. Durch ein neues Gesetz soll den Geldhäusern die Annahme von Schwarzgeld verboten werden.

 

Zum Beitrag der Wirtschaftswoche:

www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht/schweizer-banken-annahme-von-schwarzgeld-soll-strafbar-werden/10139990.html

 

2014-06-02

 

Mit Urteil vom 8. April 2014 IX R 45/13 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass nachträgliche Schuldzinsen auch im Fall einer nicht steuerbaren Veräußerung der vormals vermieteten Immobilie grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.

 

Der Kläger war an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die im Jahr 1996 ein Mehrfamilienhaus errichtete, welches nach Fertigstellung der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung diente. Die GbR veräußerte das Mehrfamilienhaus im Jahr 2007 - nach Ablauf der Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Erlös aus der nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie reichte nicht aus, um die im Zuge der Herstellung des Objekts aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten vollständig auszugleichen. Das verbliebene Restdarlehen wurde daher anteilig durch den Kläger getilgt. Hierfür musste er ein neues (Umschuldungs-) Darlehen aufnehmen; die auf dieses Darlehen gezahlten Schuldzinsen machte der Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2009 und 2010 als (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht; das Finanzgericht (FG) gab dem Kläger demgegenüber recht. Der IX. Senat des BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das FG zurück. Nach den Feststellungen des FG konnte der Senat nicht entscheiden, ob die geltend gemachten Schuldzinsen im Einzelfall als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

 

Die Entscheidung des IX. Senats knüpft an das Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 (BStBl II 2013, 275) an, mit dem der BFH den nachträglichen Schuldzinsenabzug auch schon im Falle einer nach § 23 EStG steuerbaren Veräußerung zugelassen hatte. In seiner jetzigenEntscheidung erweitert der BFH nunmehr die Möglichkeit des Schuldzinsenabzugs: ein solcher ist grundsätzlich auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie möglich, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.

 

Hinweis: Voraussetzung ist aber u.a., dass der Steuerpflichtige den aus der Veräußerung der bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös in vollem Umfang zur Ablösung des Anschaffungsdarlehens verwendet.

 

(PM des BFH)

 

2014-06-02

 

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) seine Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem sog. Schneeballsystem bestätigt. Danach hat der Anleger nicht nur die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, vielmehr können auch Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge zu solchen Einkünften führen.

 

Der Streitfall betraf einen Anleger, der hochverzinsliche Kapitalanlagen bei dem Betreiber eines Schneeballsystems abgeschlossen hatte. Er erhielt daraus Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden, sodass der Betreiber des Schneeballsystems den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils aufforderte, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Auszahlungswünsche.

 

Der BFH hat entschieden, dass der Anleger steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben werden und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt.

 

Dann steht der Steuerpflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist. Der VIII. Senat hat damit sein Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07 bestätigt.

 

(PM des BFH)

2014-06-02

 

Mit Urteil vom 16. Januar 2014 V R 28/13 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass zur Identifizierung einer abgerechneten Leistung in der Rechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen werden kann, ohne dass diese Unterlagen der Rechnung beigefügt sein müssen.

 

Zum Vorsteuerabzug berechtigt ist nur, wer eine Rechnung i.S. der §§ 14, 14a des Umsatzsteuergesetzes besitzt, in der u.a. der Umfang und die Art der sonstigen Leistung angegeben ist. Solche Leistungsbeschreibungen sind erforderlich, um die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu sichern. Im Streitfall hatte der Kläger Rechnungen erhalten, die zur Beschreibung der ihm gegenüber erbrachten Dienstleistung ausdrücklich auf bestimmte Vertragsunterlagen verwiesen. Diese Vertragsunterlagen waren den Rechnungen allerdings nicht beigefügt. Das Finanzamt (FA) versagte den Abzug der Vorsteuerbeträge. Das Finanzgericht (FG) bestätigte diese Entscheidung. Nach seiner Ansicht fehlte es in den Rechnungen an einer hinreichenden Leistungsbeschreibung für die erbrachten Dienstleistungen. Daran ändere auch die Bezugnahme auf bestimmte Vertragsunterlagen nichts, weil diese Unterlagen den Rechnungen nicht beigefügt worden seien.

 

Dem folgte der BFH nicht. Eine Rechnung muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistungen ermöglicht. Zur Identifizierung der abgerechneten Leistung können andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden. Voraussetzung ist dabei lediglich, dass die Rechnung selbst auf diese anderen Unterlagen verweist und eindeutig bezeichnet. Solche Vertragsunterlagen müssen zwar existent, aber den Rechnungen nicht beigefügt sein. Das FA und das FG müssen daher ordnungsgemäß in Bezug genommene Vertragsunterlagen bei der Überprüfung der Leistungsbeschreibung berücksichtigen.

 

(PM des BFH)

2014-02-13

 

„Erstattungszinsen“ unterliegen weiterhin der Einkommensteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. November 2013 (Az. VIII R 36/10) klargestellt. Die in Rede stehenden Erstattungszinsen werden fällig, wenn das Finanzamt Steuern erstattet. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Beispiel: Für den Veranlagungszeitraum 2012 beginnt der Zinslauf ab April 2014. Viele Bürger haben dann schon ihren Steuerbescheid ohne Zinsen erhalten.

  

Mit der Entscheidung hat das Gericht eine kürzliche Änderung der Einkommensteuer gebilligt. Der Gesetzgeber wollte die Steuerpflicht von Zinsen seitens des Fiskus in jedem Fall sicherstellen. Aufgrund dessen sind sie seit 2010 ausdrücklich als Kapitaleinkünfte im Einkommensteuergesetz benannt. Die Bedenken des Klägers, eine Besteuerung vom Erstattungszinsen könne schon aus grundsätzlichen Erwägungen stattfinden, griffen hingegen nicht durch. Die Münchner Richter hatten im Übrigen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Besteuerung.

 

Betroffene Steuerpflichtige, die den Sparerpauschbetrag von 801 Euro (bei Zusammenveranlagung 1.602 Euro) überschreiten, müssen damit eine Einkommensteuererklärung abgeben und die Erstattungszinsen in der Anlage KAP eintragen. Kurioserweise müssen zwar Banken und Versicherungen die Abgeltungsteuer zuzüglich Soli und eventueller Kirchensteuer einbehalten. Der Fiskus selbst nimmt sich selbst aber von dieser Verpflichtung aus.

 

Hinweis: Umgekehrt muss der Bürger Nachzahlungen seinerseits verzinsen, wenn seit dem Veranlagungsjahr mehr als 15 Monate vergangen sind. Allerdings sind Nachzahlungszinsen nicht steuerlich abzugsfähig, was in der Fachwelt vielfach kritisiert wird.

2014-01-23

 

Die Entscheidung ist doch schneller gefallen als geplant: Die Frist für die Umstellung auf das neue einheitliche SEPA-Format wird verlängert. Die Brüsseler Botschafter der 28 EU-Staaten billigten eine entsprechende Vereinbarung mit dem Europaparlament.

 

Geldtransfers von Unternehmen und Vereinen sind damit noch bis zum 1. August im alten Format möglich.

 

http://www.haufe.de/steuern/gesetzgebung-politik/sepa-umstellungsfristen-werden-verlaengert_168_217908.html

2014-01-02

 

Presseberichten zufolge steht die strafbefreiende Selbstanzeige abermals vor einer Verschärfung. Demnach sollen die Finanzministerkonferenz beschließen, den Berichtigungszeitraum auf zehn Jahre zu verlängern, anstelle von fünf Jahren wie in der Regel bisher. Bei schwerwiegenden Fällen müssen allerdings bereits nach jetziger Rechtslage zehn Berichtigungsjahre in Kalkül gezogen werden.

 

- Bericht in der Süddeutschen Zeitung, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kriterien-fuer-straffreiheit-mehr-haerte-gegen-steuerhinterzieher-1.1854292

- Bericht auf faz.net, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/steuersuender-regeln-fuer-selbstanzeige-sollen-verschaerft-werden-12734163.html

 

Schon nach der letzten Reform im Rahmen des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes müssen für die Wirksamkeit der Selbstanzeige alle unverjährten Veranlagungszeiträume der betreffenden Steuerart neu deklariert werden. Da nunmehr das "Vollständigkeitsgebot" gilt, kann eine Teilselbstanzeige (z.B. nur eines von mehreren bisher verschwiegenen Konten) keine Straffreiheit mehr bewirken. In besonderen Fällen (Hinterziehungsbetrag größer als 50.000 Euro pro Tat und Steuerart) ist für die Straffreiheit ein zusätzlicher Geldbetrag von 5 Prozent der hinterzogenen Steuer in die Staatskasse zu entrichten.

 

Tipp: Die Erstellung einer strafbefreienden Selbstanzeige will, wie derzeit prominente Beispiele zeigen, sorgsam geplant sein. Entsprechende Unterlagen zur Nacherklärung und liquide Mittel zur Begleichung der Steuer müssen zeitnah vorhanden sein. Anderenfalls droht eine Offenbarung ohne die gewünschte Straffreiheit. Steuerpflichtige, die ohnehin eine Selbstanzeige in Betracht ziehen, sollte vor den Verschärfungen noch zügig handeln.

2013-11-28

 

Zufallserkenntnisse, die bei einer gegen einen anderen Beschuldigten durchgeführten Telefonüberwachung gewonnen worden sind, dürfen in einem Besteuerungsverfahren gegen den Betroffenen (hier: Inanspruchnahme als Haftender wegen Begehung oder Beteiligung an einer Straftat) nicht verwendet werden (Verwertungsverbot), wenn die dem Betroffenen im Haftungsbescheid zur Last gelegte Straftat strafprozessrechtlich die Anordnung einer Telefonüberwachung nicht gerechtfertigt hätte. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt (Beschluss vom 24. April 2013 VII B 202/12).

 

Das Hauptzollamt hatte den Kläger als Haftenden für Tabaksteuer in Anspruch genommen. Ihm wurde im Haftungsbescheid zur Last gelegt, den Verkauf von unverzollten und nicht versteuerten Zigaretten zwischen Dritten vermittelt zu haben. Der Verkäufer der Zigaretten war deshalb vom Amtsgericht wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden. Dem Kläger konnte im Strafverfahren eine Beteiligung allerdings nicht nachgewiesen werden. Im Haftungsbescheid ging das Hauptzollamt gleichwohl davon aus, dass der Kläger den Verkauf vermittelt habe und stützte sich dabei auf die Protokolle einer (aus anderen Gründen angeordneten) Telefonüberwachung aus dem Jahr 2007. Nach damals geltendem Recht durfte eine Telefonüberwachung wegen des Verdachts der Begehung von Steuerstraftaten nicht angeordnet werden. Das Finanzgericht hat den Haftungsbescheid aufgehoben mit der Begründung, die zufälligen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung dürften gegen den Kläger nicht verwertet werden.

 

Diese Rechtsansicht hat der BFH für offensichtlich zutreffend erklärt, ohne dass dies in einem Revisionsverfahren geprüft werden müsse. § 477 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) lasse die Verwertung in einem anderen Strafverfahren gewonnener Erkenntnisse nur zu, wenn diese durch die betreffende Maßnahme auch unmittelbar zur Aufklärung der dem Beschuldigten bzw. Haftungsschuldner vorgeworfenen Straftat hätten gewonnen werden können. Zufallserkenntnisse aus einer Telefonüberwachung dürften jedoch zu Beweiszwecken nur verwertet werden, wenn sich die Erkenntnisse auf Katalogtaten im Sinne des § 100a StPO bezögen. Selbst nach der inzwischen in Kraft getretenen Neufassung dieser Vorschrift gehört dazu die einfache (d.h. nicht gewerbs- oder bandenmäßig begangene) Steuerhehlerei nicht.

 

PM des Bundesfinanzhofs

 

2013-11-28

 

Von Markus Deutsch

 

Das Abgeordnetenhaus Berlin hat am 7.11.2013 einer Grunderwerbsteuererhöhung von derzeit 5 Prozent auf 6 Prozent bedauerlicherweise zugestimmt. Das Änderungsgesetz wurde am 23.11.2013 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin veröffentlicht (GVOBL. 2013, 583). Der erhöhte Steuersatz ist für alle ab dem 1.1.2014 verwirklichten Rechtsvorgänge zu zahlen. Sofern tatsächlich noch möglich, sollten Übertragungen insofern vor dem Jahresende 2013 erfolgen. 

 

Die abermalige Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist vor allem vor dem Hintergrund der steigenden Immobilienpreise bedauerlich, die schon jetzt für viele Familien, aber auch Investoren, den Grunderwerb kaum noch erschwinglich macht.

2013-10-28

Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der an einer

betrieblichen Weihnachtsfeier nicht teilgenommen hat, keinen Anspruch auf das bei dieser

Gelegenheit an die anwesenden Mitarbeiter verschenkte iPad mini im Wert von ca. 400

EUR hat.

 

Der Arbeitgeber, ein Handelsunternehmen mit ca. 100 Mitarbeitern, wollte mit dieser nicht

angekündigten Geschenkaktion die in der Vergangenheit geringe Teilnehmerzahl an

Betriebsfeiern steigern und hat das iPad deshalb nur an die anwesenden ca. 75

Mitarbeiter bei der Weihnachtsfeier 2012 vergeben. Der klagende Arbeitnehmer, der zum

Zeitpunkt der Weihnachtsfeier arbeitsunfähig war, berief sich auf die Gleichbehandlung

und sah das iPad zudem als Vergütung an, die ihm auch während seiner Krankheit

zustehe.

 

Dem folgte das Gericht nicht: Der Arbeitgeber habe mit seiner „Überraschung“ ein

freiwilliges Engagement außerhalb der Arbeitszeit belohnen wollen. Deshalb handele es

sich um eine Zuwendung eigener Art, die nicht mit einer Vergütung für geleistete Arbeit zu

vergleichen sei. Der Arbeitgeber sei bei solchen Zuwendungen auch berechtigt, die

Mitarbeiter unterschiedlich zu behandeln, wenn er damit das Ziel verfolgt, die

Betriebsfeiern attraktiver zu gestalten und die Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren.

Gegen die Entscheidung kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt

werden.

 

Arbeitsgericht Köln – Aktenzeichen 3 Ca 1819/13, PM 8/13

2013-10-17

 

Reicht der Steuerpflichtige beim Finanzamt gleichzeitig zwei Steuererklärungen ein, die den Gewinn desselben Jahres betreffen, von denen aber eine den Gewinn nur zur Hälfte wiedergibt, so kann darin eine Ordnungswidrigkeit in Form einer leichtfertigen Steuerverkürzung liegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Urteil vom 23. Juli 2013 VIII R 32/11).

 

Ein Arztehepaar hatte den Gewinn seiner Arztpraxis in der Gewinnfeststellungserklärung richtig angegeben und hälftig auf die Eheleute verteilt. In der Einkommensteuererklärung bezifferten sie die entsprechenden Einkünfte des Ehemannes zutreffend mit der Hälfte des Gewinns, die Einkünfte der Ehefrau indes nur mit einem Viertel. Beide Steuererklärungen waren durch einen Steuerberater angefertigt worden; die Eheleute hatten sie unterschrieben und beim Finanzamt (FA) eingereicht.

 

Das FA erließ den Einkommensteuerbescheid zunächst auf der Grundlage der Einkommensteuererklärung. Nachdem der Fehler später aufgefallen war, berücksichtigte das FA in einem Änderungsbescheid den Gewinnanteil der Ehefrau in voller Höhe. Dagegen wandten die Eheleute ein, dass beim Erlass des Änderungsbescheids die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO -) bereits abgelaufen gewesen sei. Das Finanzgericht gab ihnen Recht.

 

Der BFH sah dies jedoch anders: Da die Eheleute eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S. des § 378 AO begangen hätten, verlängere sich die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf fünf Jahre. Daher habe das FA den Einkommensteuerbescheid noch ändern können. Die Eheleute hätten den Fehler bei Unterzeichnung ihrer Einkommensteuererklärung, spätestens aber nach Erhalt des Einkommensteuerbescheids bemerken und korrigieren müssen. Ihnen hätte sich die Frage aufdrängen müssen, weshalb der in der Einkommensteuererklärung ausgewiesene Gewinnanteil der Ehefrau von ihrem Gewinnanteil, der in der Gewinnfeststellungserklärung angegeben war, erheblich abwich. Da sie diese gravierende Abweichung hingenommen und die Steuererklärung gleichwohl unterzeichnet und in den Verkehr gegeben hätten, ohne sich bei ihrem steuerlichen Berater oder beim FA nach dem Grund der Abweichung zu erkundigen, hätten sie die ihnen obliegende Sorgfalt in erheblichem Umfang verletzt und eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen.

 

PM des BFH vom 18.9.2013

Steuerlicher Jahresendspurt für Arbeitnehmer!

PM des NVL e.V. vom 14.10.2014

 

Jahresendzeit ist Steuersparzeit. Mit nur wenigen Maßnahmen können Steuerpflichtige in den letzten Wochen bis Silvester bares Geld verdienen. Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (NVL) in Berlin gibt hierzu einige Tipps.

 

Ehegatten können noch bis zum 30. November ihre Lohnsteuerklasse für das laufende Jahr wechseln. Das kann in vielen Fällen schon beim monatlichen Lohnsteuerabzug Vorteile bringen. So profitieren beispielsweise Paare mit unterschiedlich hohem Einkommen, wenn sie die Klassen III und V oder das Faktor-Verfahren wählen. Ansonsten ergeben sich die Ersparnisse erst in der späteren Steuerveranlagung. Ebenso können Arbeitnehmer noch „last minute“ beim Finanzamt Freibeträge für Werbungskosten wie Aufwendungen für Fahrten zur Arbeitsstätte oder Fortbildungskosten eintragen lassen. Das mindert die Einkommensteuer schon unterjährig.

 

Wer vor Jahresende eine günstigere Steuerklasse wählt, hat auch Vorteile, falls er im kommenden Jahr arbeitslos wird. Die Bezüge werden dann mit der am ersten Januar 2014 geltenden Steuerklasse berechnet und fallen hierdurch höher aus.

 

Für die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gelten jährliche Höchstgrenzen von 4.000 und 1.200 Euro, die direkt von zu zahlenden Einkommensteuer abgezogen werden. Also bietet es sich noch vor Jahresfrist an, beispielsweise eine Firma für den großen Hausputz zu beauftragen, den Garten neu anlegen zu lassen oder im Haushalt Reparaturen durch Handwerker ausführen zu lassen. Fällt der Rechnungsbetrag höher aus, sind auch Abschlagzahlungen möglich und die Rechnungssumme verteilt sich auf zwei Jahre. „Der Bundesfinanzhof (Az. VI R 61/10) hat den Steuerbonus für Handwerksleistungen sogar für Neu- und Umbauten zugelassen, solange die Steuerpflichtigen im Objekt ihren Haushalt führen“, unterstreicht Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des NVL.

 

Für den Abzug von allgemein außergewöhnlichen Belastungen gilt die Regel, die Aufwendungen möglichst zusammengeballt geltend zu machen. Grund ist der nicht abziehbare Eigenbehalt, dessen Höhe von den Einkünften, dem Familienstand und der Anzahl der Kinder abhängt. Diese „zumutbare Eigenbelastung“ muss in jedem Veranlagungszeitraum erst einmal überschritten werden. Kleinere jährliche Aufwendungen haben deshalb keine steuerliche Auswirkung. Haben Steuerzahler in diesem Jahr bereits nennenswerte Rechnungen, zum Beispiel für den Zahnarzt, kann es sich lohnen, den Kauf einer ohnehin notwendigen Brille für 2014 schon in dieses Jahr vorzuziehen. Umgekehrt könnten auch Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen ins kommende Jahr verschoben werden, wenn dann höhere Beträge anfallen.

 

Steuerpflichtige können sich außerdem jahresbezogene Prämien sichern. So erhalten Riester-Sparer pro Jahr eine Grundzulage von 154 Euro vom Staat. Hinzu kommt bei Familien eine Kinderzulage von jährlich 185 bzw. 300 Euro pro Nachwuchs. Für Zulageberechtigte, die Anfang 2013 noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hatten, erhöht sich der Zuschuss einmalig um 200 Euro. Wer sich die volle Zulage sichern will, muss dieses Jahr den Vertrag abschließen und den einkommensabhängigen Mindestbeitrag leisten.

 

Steuervorteilelassen sich kurzfristig auch mit Sonderzahlungen zur Altersversorgung, wie in die Rürup-Versicherung oder einem Versorgungswerk, erzielen. Beiträge in genannte Kassen sind steuerbegünstigt und erhöhen die Auszahlungen im Rentenalter. Privat Krankenversicherte sollten überlegen, ob sie Beiträge für 2014 bereits in diesem Jahr steuerwirksam zahlen. Dies funktioniert für bis zu 2,5 Jahre im Voraus. Eine Vorauszahlung bietet sich an, wenn die Einkünfte in 2013 besonders hoch waren und deshalb der hohe Steuersatz gemindert werden soll. Dieselben Erwägungen gelten bei Elternzeit, Auszeit oder Mutterschaft im Jahr 2014, wenn deshalb im kommenden Jahr nur geringe steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden und steuerliche Abzüge für die Krankenversicherung sich kaum oder gar nicht auswirken.   

 

Auch die Höchstbeträge für die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale von 2.400 Euro bzw. 720 Euro lassen sich in jedem Jahr neu nutzen. Für Aktive in Bildungswerken oder Vereinen kann sich daher noch ein schneller Vertragsschluss und Zahlung vor Jahresfrist lohnen.

 

Kurzentschlossene, die demnächst den freiwilligen Wehrdienst ableisten wollen, profitieren von einem besonderen „Steuerbonus“. Für sie sind die Geld- und Sachbezüge sowie die truppenärztliche Heilfürsorge steuerfrei. Bedingung ist aber, dass das Dienstverhältnis noch vor dem 1. Januar 2014 beginnt.

 

Auch für Kapitalanleger läuft die Uhr. Sie sollten prüfen, ob sie in diesem Jahr den Sparerpauschbetrag von 801 Euro - bei Zusammenveranlagung 1.602 Euro - ausschöpfen. Anderenfalls bietet es sich beispielsweise an, Aktien mit Kursgewinn zu veräußern, um einen steuerfreien Gewinn zu erzielen. Das Wertpapier kann schon am selben Tag wieder erworben werden. Das gleiche Prinzip gilt auch für andere Kapitalanlagen.

 

Ferner müssen Anleger von verlustträchtigen Depots bis zum 15. Dezember ihre Bank anweisen, eine Verlustbescheinigung für das Jahr 2013 auszustellen. Dann sind diese Verluste mit Gewinner-Depots im Rahmen der Einkommensteuererklärung verrechenbar. Sonst wird der Verlust nur verrechnet, wenn bei derselben Bank Gewinne erzielt wurden. Ist dies nicht der Fall, wird das Minus auf dem Konto im neuen Jahr fortgeführt. Ganz besondere Vorsicht gilt bei noch nicht verrechneten Altverlusten aus Veräußerungsgeschäften aus den Jahren vor 2009: Diese Verluste müssen spätestens in der Veranlagung 2013 mit aktuellen abgeltungsteuerpflichtigen Verkäufen verrechnet werden. „Ab 2014 entfällt diese Möglichkeit unwiderruflich“, warnt Geschäftsführer Rauhöft.

 

Arbeitnehmer, die demnächst Weihnachtsgeld erhalten, müssen den Wermutstropfen hinnehmen, dass diese Gelder voll steuerpflichtig sind. „Als Alternative zur normalen Lohnzahlung bieten sich stattdessen eine Vielzahl von steuerbegünstigten Sachzuwendungen an“, betont Markus Deutsch, Leiter Steuern und Medien beim NVL. So kann der Arbeitgeber gegen eine Pauschalversteuerung seine Beschäftigten unter anderem mit Laptops oder Tablets erfreuen. Die Gaben sind dann für den Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei, wobei der Arbeitgeber noch zusätzlich die Pauschalsteuer übernehmen kann.

 

Auch im Hinblick auf die Versteuerung der betrieblichen Weihnachtsfeier müssen sich die Beteiligten weniger Sorgen machen. Zwar gilt hierbei nach wie vor für jeden Arbeitnehmer eine Freigrenze von 110 Euro. Der Bundesfinanzhof (Az. VI R 94/10, VI R 7/11) hat aber jüngst entschieden, dass Begleitpersonen des Arbeitnehmers unschädlich sind und nicht in die 110 Euro-Grenze miteinberechnet werden müssen. Außen vor in der Kalkulation bleiben auch allgemeine Aufwendungen wie Raummiete oder für Event-Manager, die bei größeren Feiern üblich sind.

Zum Vorsteuerabzug eines Profifußballvereins aus Rechnungen von Spielervermittlern

2013-10-16

 

Mit Urteil vom 28. August 2013 XI R 4/11 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Profifußballverein die Vorsteuer aus Rechnungen von Spielervermittlern nur abziehen kann, wenn der Verein und nicht ausschließlich der betreffende Spieler Empfänger der Leistungen ist.

 

Der Kläger ist ein Verein der Fußball-Bundesliga. Zu seiner Fußballabteilung gehört eine Profimannschaft, die aus angestellten Berufsfußballspielern besteht. In den Streitjahren 2000 und 2001 wechselten mehrere Berufsfußballspieler in den Profikader des Klägers oder verlängerten, soweit sie beim Kläger bereits unter Vertrag standen, ihre Arbeitsverträge. Bei den entsprechenden Verhandlungen wurden die Berufsfußballspieler von Spielervermittlern beraten, die bis auf zwei Ausnahmen über die hierfür erforderliche Lizenz der FIFA verfügten. Der Kläger und der jeweilige Spielervermittler schlossen, sobald ein ausgewählter Spieler einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hatte, eine schriftliche "Zahlungsvereinbarung", wonach "für die Beratung und die Unterstützung beim Transfer" bzw. bei der "Vertragsverlängerung" ein bestimmtes Vermittlungshonorar zu zahlen war. Die Spielervermittler erteilten dem Kläger entsprechende Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis, der die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machte.

 

Das Finanzamt versagte hingegen den Vorsteuerabzug, weil zwischen dem Kläger und den Spielervermittlern kein Leistungsaustausch stattgefunden habe. Die Spielervermittler hätten ihre Leistungen vielmehr an den jeweiligen Spieler erbracht.

 

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es war der Ansicht, die Spielervermittler hätten durch die Beratung und Vermittlung bei Transfers bzw. Vertragsverlängerungen von Berufsfußballspielern Vermittlungsleistungen gegen Entgelt an den Kläger erbracht.

 

Der BFH hob das Urteil auf, weil gewichtige - vom Finanzgericht nicht hinreichend gewürdigte - Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, dass die Spielervermittler - zumindest auch - Leistungen an die jeweiligen Spieler erbracht hätten.

 

PM des Bundesfinanzhofs vom 16.10.2013

Anleger sollten sich sputen. Wer Altverluste mit Aktien aus den Jahren vor 2009 hat, kann diese nur noch in diesem Jahr mit seit 2009 entstandenen Aktiengewinnen verrechnen. Das ist kompliziert, aber es spart Abgeltungsteuer. (...) Wer für das Steuerjahr 2009 und davor keine Verluste hat feststellen lassen, der kann auch heute keine Gewinne mehr mit den alten Verlusten verrechnen. „Die Verluste müssen in der Steuererklärung des Jahres, in dem sie entstanden sind, angegeben worden sein. Das Finanzamt muss sie berücksichtigt und den für die künftige Verrechnung mit Gewinnen unverzichtbaren Verlustfeststellungsbescheid erteilt haben“, sagt der Berliner Rechtsanwalt und Steuerberater Markus Deutsch. Jetzt noch nachträglich vom Finanzamt einen Verlustfeststellungsbescheid für die Zeit vor der Abgeltungsteuer anzufordern sei grundsätzlich nicht möglich. „Selbst wenn Anleger ihre Aktienverluste von damals belegen könnten, wird das Finanzamt nur dann noch einen Verlustfeststellungsbescheid ausstellen, falls Steuerbescheide aus den Jahren 2009 und davor noch offen sind“, sagt Deutsch. Wer dagegen seinen Verlustfeststellungsbescheid nur verlegt hat, kann vom Finanzamt eine Kopie anfordern.

 

Zum ganzen Artikel: http://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktien/wie-anleger-altverluste-nutzen-jetzt-das-polster-aus-aktienverlusten-nutzen-12557016.html

 

Weitere Stellungnahmen der Kanzlei für Recht und Steuern finden Sie unter der Kategorie Presse/Bücher.  

2013-08-23

Das Musterverfahren des Bundes der Steuerzahler zum Solidaritätszuschlag wird dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, teilt heute das Niedersächsische Finanzgericht mit.

Aufgrund verschiedener Vorschriften im Einkommensteuergesetz ergibt sich eine unterschiedlich hohe Belastung mit dem Soli bei unterschiedlichen Einkunftsarten. So sind beispielsweise gewerbliche Einkünfte und ausländische Einkünfte bevorteilt. Damit wird der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht eingehalten. Auch das Niedersächsische Finanzgericht hat heute in einer mündlichen Verhandlung diese Punkte aufgegriffen. Im Ergebnis ist der „Soli“ für die niedersächsischen Richter damit verfassungswidrig und deshalb legen sie das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor. Reiner Holznagel, Präsident BdSt: „Abermals muss das Bundesverfassungsgericht über eine Steuer entscheiden, weil der Gesetzgeber ohne Rücksicht auf die Verfassung an einer sprudelnden Einnahmequelle festhält.“

 

Das Niedersächsische Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig, weil gleichgelagerte Sachverhalte ungleich behandelt werden. Dies stellt einen Verstoß

gegen Art. 3 GG dar. Das Gericht zeigt dies an einem Arbeitnehmerfall auf. Im Beispielsfall leben beide Arbeitnehmer in Deutschland, sind beim selben Arbeitgeber tätig und erzielen gleich hohe Einkünfte. Der Unterschied besteht darin, dass der eine Arbeitnehmer in Deutschland und der andere nur wenige Meter über die Grenze in einer Zweigstelle in

Liechtenstein arbeitet. Durch die Anrechnung der in Liechtenstein gezahlten Einkommensteuer mindert sich die Bemessungsgrundlage für die deutsche Einkommensteuer, was

wiederum zu einer niedrigeren Festsetzung des Solidaritätszuschlags führt. Dies ist sachlich aus Sicht des Gerichts nicht zu rechtfertigen. (PM des Bundes der Steuerzahler vom 21.8.2013).

 

Anmerkung: Die Erfolgsaussichten der neuen Richtervorlage nach Karlsruhe bleiben abzuwarten. Für Steuerpflichtige ergeben sich derzeit verfahrensrechtlich aus dem Musterverfahren keine Besonderheiten, der Solidaritätszuschlag wird ab dem Veranlagungszeitraum 2005 ohnehin nur vorläufig veranlagt (vgl. zuletzt BMF-Schreiben vom 15.7.2013). Im Falle eines Erfolges der Musterklage können damit betroffene Steuerbescheide später noch geändert werden. Ein Einspruch gegen den Solidaritätszuschlag ist damit, nach momentanen Stand, nicht erforderlich.

Aktuelles

  • Meldung an den Fiskus bei Grundeigentum in Dubai

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  • Steuerliche Behandlung eines inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlusses

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  • Fristen bei der Grundsteuer in Berlin/Brandenburg

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  • Grundsteuerwert: Bescheide vorläufig erlassen!

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  • Informationszentrale für Auslandsbeziehungen: Weiterhin keine Auskunft

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