07.08.2016
Die Steuerfahndung darf von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen. In seinem Urteil vom 12. Mai 2016 II R 17/14 sieht der Bundesfinanzhof (BFH) hierin keinen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, GG).
Im Streitfall richtete die Steuerfahndungsstelle eines Finanzamts (FA) an die Herausgeberin einer Tageszeitung und eines Anzeigenblatts ein Auskunftsersuchen. Das FA verlangte für einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren die Übermittlung von Namen und Adressen sämtlicher Auftraggeber von Anzeigen der Rubrik "Kontakte", in denen sexuelle Dienstleistungen beworben wurden. Das FA begründete sein Auskunftsersuchen u.a. mit einem vom Bundesrechnungshof beanstandeten Vollzugsdefizit bei der Besteuerung der im Rotlichtmilieu tätigen Betriebe und Personen. Das Finanzgericht (FG) sah darin eine ausreichende Begründung für das Auskunftsersuchen und wies die Klage ab.
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Danach kann ein Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen rechtmäßig sein. Zwar umfasst der Schutzbereich der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich auch den Anzeigenteil von Presseerzeugnissen. Die konkrete Reichweite des Grundrechtsschutzes ergibt sich jedoch erst unter Berücksichtigung der "allgemeinen Gesetze" i.S. des Art. 5 Abs. 2 GG. Von der Pressefreiheit geschützt sind danach nur solche Anzeigen, die für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam sind oder der Kontrollfunktion der Presse dienen. Bei den streitgegenständlichen Anzeigen war dies nicht der Fall. Allein die wirtschaftliche Bedeutung der Anzeigen für das Presseerzeugnis führte ebenfalls nicht zur Unvereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, da nur relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen waren.
Einschränkungen bestehen aber für Auskunftsersuchen, die eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung enthalten, laufende Auskünfte zu erteilen. Diese bedürfen einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung. Zudem muss zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein besonderes Ermittlungsbedürfnis bestehen.
(PM 53/16 des BFH)
Anmerkung:
Man darf gespannt sein, ob der Kläger weiter vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wird, was zu wünschen wäre. Aus meiner Sicht ist noch lange nicht ausgemacht, dass "Karlsruhe" eine solche Praxis billigen wird. Es ist schon - ohnehin - sehr weitgehend, sich von einem Wirtschaftsbeteiligten ohne weiteren Verdacht und "ins Blaue hinein" alle Kundendaten herausgeben zu lassen. Das muss erst Recht für einen Zeitungsverlag gelten, dessen wirtschaftliche Basis sich zu einem großen Teil aus Anzeigenkunden zusammensetzt!