06.04.2016
Mit Spannung wird derzeit die Frage diskutiert, was mit den Regeln der Erbschaft-und Schenkungsteuer passiert, wenn die Politik nicht eine Einigung bis zum 30. Juni 2016 zu Stande bringt. Möglich wäre, dass das gesamte Recht und damit die Erhebung der Erbschaftsteuer verfassungswidrig ist, da das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Privilegierung von Betriebsvermögen auch die Norm des § 19 ErbStG ins Visier nahm, und nicht nur die entsprechenden Regelungen zum Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG.
Demgegenüber soll das Gesetz nach Angaben des Gerichtssprechers des Bundesverfassungsgerichts weiterhin anwendbar bleiben, unter Hinweis auf den Tenor des Urteils: „Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung bis spätestens zum 30. Juni 2016 zu treffen.“ Beide Sätze stünden, so der Sprecher, unabhängig voneinander.
Zum Vergleich hieß es im Jahr 1995 bei der Vermögensteuer: „Ger Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 1996 zu treffen. Längstens bis zu diesem Zeitpunkt ist das bisherige Recht weiterhin anwendbar.“
Anmerkung:
Bislang setzte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber allenfalls eine Frist zu einer Neuregelung, wenn es sich nicht sogar zu einer rückwirkenden Verfassungswidrigkeitserklärung durchringen konnte. Dies unterblieb zumeist aus fiskalischen Gründen. Wenn nunmehr der Legislative sogar eine längere „Frist“ als gesetzt verbleibt, darf getrost der Sinn einer Normenkontrolle durch die Karlsruher Richter bezweifelt werden. Sollte das bisherige Recht über den 30. Juni 2016 hinaus Gültigkeit besitzen, stellt sich noch die Frage, ob dies für das gesamte Gesetz gilt. Vorstellbar wäre nämlich auch, dass die „Grundnormen“ des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes bestehen bleiben und nur die „Privilegierungen“ für das Betriebsvermögen außer Kraft treten.
Angesichts dieses - nicht unmöglichen - Szenarios sollten größere Übertragungen dringend vor dem Stichtag 30. Juni 2016 erfolgen. Alles andere wäre ein Glücksspiel.