Markus Deutsch - Aktuelles

09.05.2019

 

Bei den am 01.02.2019 verkündeten Eckpunkten (siehe hierzu die NWB-Online Nachricht https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/771820/) handele es sich um das Ergebnis von Gesprächen zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den Ländern, aber nicht um eine Einigung, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (Bundestags-Drucksache 19/9325) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( Bundestags-Drucksache 19/8242) mitteilt.

 

"Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu den Eckpunkten ist noch nicht abgeschlossen. Daher kann die Bundesregierung hierzu noch nicht Stellung nehmen", heißt es in der Antwort.

 

Worum geht es? Die Grundsteuer besteuert das Eigentum an Grundstücken und Gebäuden. Diese Einnahmequelle kommt den Kommunen zugute und stellt mit 15% (ca. 14, 6 Milliarden Euro) des gesamten Haushaltsplans sich als eine wichtige Steuer dar.
 
Das Bundesverfassungsgericht hatte wegen völlig veralteter Bemessungsgrundlagen eine Neuregelung der Grundsteuer verlangt. (BVerfG, Urteil vom 10.4.18 - 1 BvL 11/14) Aktuell werde noch Grundstückswerte von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland genutzt. Für die Umsetzung der Reform gewährte das BVerfG eine großzügige, zweistufige Übergangsfrist:
 
•Bis spätestens zum 31.12.2019 muss der Gesetzgeber die Grundsteuer neu regeln;
•ab Verkündung der Neuregelung darf die “alte” Grundsteuer noch für eine Dauer von maximal fünf Jahren erhoben werden, längstens bis zum 31.12.2024.
 
Können die gesetzten Fristen nicht eingehalten werden, droht der Kommune eine Einnahmequelle zu fehlen.
 
Für die anstehenden Diskussionen mit den Ländern bringt das Bundesfinanzministerium zwei unterschiedliche Bewertungsansätze ein:
 
Ein wertunabhängiges Modell, das an der Fläche der Grundstücke und der Gebäude ansetzt. Dieses Modell basiert auf vergleichsweise einfachen Berechnungen. Es führt allerdings dazu, dass für Immobilien, die zwar ähnliche Flächen aufweisen, sich im Wert aber deutlich unterscheiden, ähnliche Grundsteuerzahlungen fällig würden (Beispiel: Villa im hochpreisigen Zentrum und ein gleich großes Einfamilienhaus am Rande einer Großstadt). Dieses Modell bevorzugt beispielsweise die CSU.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/grundsteuer-kanzleramt-stoppt-entwurf-von-olaf-scholz-a-1265351.html.
 
Beim wertabhängigen Modell soll z. B. bei bebauten Grundstücken der Ertragswert im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten ermittelt werden – unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwerts. Bei selbstgenutzten Wohngebäuden soll eine fiktive Miete angesetzt werden, die auf Daten des Statistischen Bundesamts basiert und nach regionalen Mietenniveaus gestaffelt wird. Dieses Modell bevorzugt der Finanzminister Olaf Scholz
 
Bei der Bewertung der verschiedenen Reformoptionen ist zu beachten: In jedem Modell, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzt, müssen sämtliche Grundstücke neu bewertet werden. Dies geht zwangsläufig mit Änderungen der Steuerzahlungen einzelner Steuerschuldnerinnen und -Schuldner einher. Dies gilt auch dann, wenn sich das Grundsteueraufkommen durch die Reform insgesamt nicht erhöht, d.h. wenn sich Be- und Entlastungen insgesamt ausgleichen. Deshalb geht es vor allem darum, diese Veränderungen sozial gerecht zu verteilen und zusätzliche Belastungen Einzelner entsprechend zu begrenzen. Dieses Ziel lässt sich aus Sicht des Bundesfinanzministeriums (vertreten durch Olaf Scholz) besser mit dem wertabhängigen Modell erreichen, bei dem zudem keine Verfassungsänderung notwendig ist.
 
In diesem Modell bleibt es beim dreistufigen Verfahren, um die Grundsteuer zu berechnen: Zunächst wird der Grundstückswert ermittelt, dann der Steuermessbetrag festgesetzt und schließlich erfolgt die Grundsteuerfestsetzung durch Anwendung des kommunalen Hebesatzes.
Die durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil nötige Reform der Grundsteuer bezieht sich auf die Ermittlung des Grundstückswerts. Unter Beachtung der Vorgaben aus Karlsruhe schlägt das Bundesfinanzministerium vor, die bisher für die Grundsteuer geltenden Bewertungsverfahren zur Ermittlung der Grundstückswerte zu modernisieren und die Steuermesszahlen anzupassen. Er bleibt bei der Bewertung von Grund und Boden sowie der darauf befindlichen Gebäude. Konkret sieht der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums vor:
• Für unbebaute Grundstücke bleibt das Bewertungsverfahren weitgehend gleich. Der Grundstückswert ergibt sich durch Multiplikation der Fläche mit dem aktuellen (ortsbezogenen) Bodenrichtwert.
• Bei bebauten Grundstücken erfolgt die Bewertung grundsätzlich im sog. Ertragswertverfahren. Der Ertragswert wird im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten ermittelt, unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwertes. Bei Wohngebäuden, die von Eigentümerinnen und Eigentümern selbst genutzt werden, wird eine fiktive Miete angesetzt, die auf Daten des Statistischen Bundesamts basiert und nach regionalen Mietenniveaus gestaffelt wird. Dadurch wird verhindert, dass außerordentliche Steigerungen des Mietenniveaus im Umfeld der eigenen Wohnung die Grundsteuer unverhältnismäßig erhöhen.
• Nichtwohngrundstücke – wie z.B. besondere Geschäftsgrundstücke – können häufig mangels vorhandener Mieten nicht im Ertragswertverfahren bewertet werden. Für diese gilt ein Verfahren, das die Herstellungskosten des Gebäudes als Ausgangsbasis nimmt und ebenfalls den Wert des Grundstücks mitberücksichtigt. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erfolgt die Bewertung in einem speziellen Verfahren.
Die Grundstückswerte sollen alle sieben Jahre aktualisiert werden. Dazu sollen die Eigentümerinnen und Eigentümer insbesondere Angaben über die Gebäudefläche und die Höhe der Nettokaltmiete machen. Gleiches gilt bei relevanten baulichen Veränderungen in der Zwischenzeit. Die eigentliche Wertfeststellung nimmt dann das Finanzamt vor. Die Wertberechnung beruht auf relativ wenigen, leicht festzustellenden Größen, so dass der Verwaltungsaufwand beherrschbar ist.

Im Ergebnis wird die Neubewertung dazu führen, dass die tatsächliche Wertentwicklung der Grundstücke seit 1935 bzw. 1964 nachgeholt wird. Ohne weitere Änderungen an der Berechnung würde dies zu einem deutlichen Anstieg des gesamten Grundsteueraufkommens führen. Um dies zu verhindern und das Ziel der Aufkommensneutralität zu erreichen, werden die – im ersten Schritt – ermittelten Grundstückswerte in einem zweiten Schritt durch die radikale Absenkung der sogenannten Steuermesszahl korrigiert, die bundeseinheitlich festgelegt wird. Dabei wird gegenwärtig noch geprüft, ob für große Städte mit besonders hoher Wertentwicklung in einzelnen Stadtteilen/Quartieren eine zusätzliche Ausgleichskomponente notwendig ist. Damit wird die Voraussetzung geschaffen, dass das bundesweite Gesamtaufkommen der Grundsteuer weitgehend konstant bleibt, trotz höherer Grundstückswerte.
Das Grundsteueraufkommen der einzelnen Kommunen kann sich allerdings nach den ersten beiden Schritten verändern. Die Kommunen haben es aber in der Hand – in einem dritten Schritt – durch die Anpassung der Hebesätze, Aufkommensneutralität in ihren Gemeinden sicherzustellen. Der Bund hat keine Möglichkeit, dies durch Festlegung bundeseinheitlicher Werte zu gewährleisten.
 
Abgesehen wieviel mehr an Grundsteuer vor allem in den Großstädten die Eigentümer zu zahlen hätten, können sie diese Kosten durch die Vorschriften §§ 1 Abs. 1, 2 Nr.1 Betriebskostenverordnung und§ 556 Abs.1 S.2 als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Im Ergebnis sind die tatsächlichen Kostentragenden der Grundsteuer dann die Mieter und nicht die Vermieter bei einem Mietverhältnis.
 
Aus dem Grund erwägt Olaf Scholz, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieten im Zuge der anstehenden Reform der Grundsteuer zu beschneiden oder sogar abzuschaffen
https://rp-online.de/politik/deutschland/grundsteuer-olaf-scholz-erwaegt-umlagefaehigkeit-zu-kappen_aid-23787607
 
Hierzu hat am 29.03.2019 die Partei Bündnis 90/Die Grünen bereits einen Gesetzentwurf verabschiedet (Bundestags-Drucksache 19/8827).

Anmerkung:
Käme es zu einer Kappung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer, hätte – sehr beunruhigend – die Politik weniger Druck, massive Erhöhungen der Grundsteuer zu vermeiden. Denn dann müssten ja nur die „Villenbesitzer“ mehr zahlen. Abgesehen davon, dass bereits heute bspw. in Berlin bereits für eine normale Wohnung schon ein mittlerer dreistelliger Betrag (pro Quartal!) an Grundsteuer fällig wird, ist auch nicht einzusehen, dass der Vermieter diese öffentliche Last bei Wohnraumüberlassung allein tragen soll.

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