Markus Deutsch - Aktuelles

Das zweistufige Verfahren bei Veranlagung der Erbschaftsteuer weist zahlreiche Fallstricke auf. In der Praxis ist dann nicht selten eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen die Folge.

 

Bei der Erbschaftsteuer handelt es sich um eine Veranlagungssteuer, für die das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) jedoch Anzeigepflichten vorsieht. Im Regelfall wird eine Veranlagung nicht automatisch durchgeführt, sondern erst dann, wenn die zuständige Erbschaftsteuerstelle am Finanzamt Kenntnis von einem möglichen Steuerfall erlangt. Es handelt sich damit um ein zweistufiges Besteuerungsverfahren aus einer Anzeige gemäß § 30 ErbStG ­sowie einer Erbschaftsteuererklärung gemäß § 31 ErbStG. Diese Regelung birgt Fallstricke, wenn im Erbfall eine Selbstanzeige ­nötig wird. Denn eine strafbare Steuerhinterziehung kann auf beiden Stufen – Anzeige und Erklärung – durch Unterlassen der Anzeige, durch Abgabe einer unrichtigen Anzeige sowie durch Unterlassen der Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung oder auch Abgabe einer unrichtigen Erbschaftsteuererklärung verwirklicht werden.

Verletzung der Anzeigepflicht

 

Gemäß den Vorgaben des ErbStG ist jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb von dem Erwerber binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis des Erbfalls schriftlich beim für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Das Finanzamt soll durch die Anzeige prüfen können, ob es gemäß § 31 Abs. 1 ErbStG eine Steuererklärung anzufordern hat. § 30 Abs. 4 ErbStG konkretisiert den Inhalt der erbschaftsteuerlichen Anzeige. Eine telefonische Mitteilung ist nicht ausreichend. Gemäß der gesetzlich regulierten Ausnahme bedarf es ­einer Anzeige nicht, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt. Diese Ausnahme von der Anzeigepflicht gilt jedoch ­explizit dann nicht, wenn zum Erwerb Grundbesitz, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht der Anzeigepflicht nach § 33 ErbStG ­unterliegen, oder Auslandsvermögen ­gehören. Das wird häufig übersehen.

Mehrere Erben

 

Bei mehreren Erben ist grundsätzlich jeder Miterbe zur Anzeige des Erbfalls verpflichtet. Die Anzeigepflicht entfällt nur dann, wenn sie durch einen anderen Beteiligten erfüllt wurde und der jeweils andere Miterbe positive Kenntnis davon hat. Wichtig ist, dass die Pflicht zur Anzeige auch dann nicht entfällt, wenn sich die Erben dieser Anzeigepflicht nicht ­bewusst gewesen sind. Denn die Entscheidung über eine mögliche Steuerpflicht einer angefallenen Erbschaft soll nach dem Willen des Gesetzgebers zwingend dem Finanzamt obliegen. Soweit also ein Mandant etwa Grundbesitz oder Betriebsvermögen (mit)geerbt hat, was in der täglichen Beratungspraxis gar nicht so selten der Fall ist, muss binnen drei Monaten nach zuverlässiger Kenntnis des Erbfalls der Sachverhalt beim Finanzamt angezeigt werden. Soweit dem nicht nachgekommen wird und eigentlich eine Erbschaftsteuer festzusetzen wäre, liegt bereits eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen der gesetzlich vorgeschriebenen Anzeige vor (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO), da das Finanzamt über ­steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wurde.

Steuerverkürzung

 

Das Finanzamt konnte keine Erbschaftsteuererklärung anfordern und die geschuldete Steuer nicht festsetzen. Zunächst liegt damit eine Steuerverkürzung gemäß § 370 Abs. 4 AO im Versuchsstadium vor. Diese Steuerverkürzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einfach gelagerten Fällen vier Monate nach der sicheren Kenntnis des Erbfalls auch beendet (BGH 1 StR 631/10, Rz. 48f.). In ständiger Rechtsprechung zur gesetzlich regulierten dreimonatigen Anzeigepflicht des § 30 ErbStG addiert der BGH dabei eine einmonatige fiktive Bearbeitungs- und Bekanntgabedauer für die eigentlich einzureichende Erbschaftsteuererklärung durch das Finanzamt hinzu. Denn nach Ansicht des BGH kann die Finanzverwaltung in zumindest einfach gelagerten Fällen, also etwa bei bloßen Geldzuwendungen binnen eines Monats nach Ablauf der Anzeigepflicht die Abgabe einer Steuererklärung anfordern.

Selbstanzeige

Die Steuerhinterziehung durch Unterlassen ist mit der verspäteten Abgabe der Erbschaftsteuererklärung nach Ablauf der festgesetzten dreimonatigen Erklärungsfrist sowie der fiktiven Bearbeitungszeit durch das Finanzamt beendet. Die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung ist dann als Selbstanzeige gemäß § 371 AO zu werten. Allerdings müssen dann aber zwingend die gesetzlichen Vorgaben einer wirksamen Selbstanzeige eingehalten werden. In der ­Erbschaftsteuererklärung müssen dann Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. Damit ist es unabdingbar, dass etwa auch ­Vorschenkungen, soweit sie sich auf den erbschaftsteuerlichen Freibetrag auswirken, umfassend recherchiert und angegeben werden.

Strafbefreiende Wirkung

 

Wenn diese Vorgaben eingehalten werden, hat die Erbschaftsteuererklärung im Zeitpunkt der Einreichung strafbefreiende Wirkung im Hinblick auf die Steuerhinterziehung durch Unterlassen einer Anzeige der Erbschaft. In diesem Fall sind jedoch dann noch Hinterziehungszinsen auf die festzusetzende Erbschaftsteuer zu ­bezahlen.

Fehlende Angaben in der Erbschaftsteuererklärung

 

Kompliziert wird es, wenn dem Mandanten nachträglich auffällt, dass in der formal als Selbstanzeige eingereichten Erbschaft-­steuererklärung steuerlich relevante Vermögensübertragungen gefehlt haben, die dem Finanzamt auch nicht anderweitig bekannt sind. Wie bereits dargestellt, haben die Erben mit der unterlassenen Anzeige des Erbfalls bereits eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht. In der verspäteten Abgabe der Erbschaftsteuererklärung nach Ablauf der vom BGH festgesetzten vier Monate in einfach gelagerten Fällen ist bereits eine Selbstanzeige zu sehen. Diese Selbstanzeige war objektiv unwirksam, da sie nicht vollständig war.

Zweite Selbstanzeige unmöglich

 

Der Mandant könnte sich zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, dem Finanzamt einen bislang nicht angezeigten und nicht versteuerten, aber steuerlich relevanten Sachverhalt offenzulegen, der sich erhöhend auf die Erbschaftsteuer auswirken würde. Bei einer derartigen nachträglichen Anzeige im Wege einer zweiten, berichtigten Erbschaftsteuererklärung wird das Finanzamt dann feststellen, dass die erste Steuererklärung unvollständig war. Damit würde die zum damaligen Zeitpunkt eingereichte erste Erbschaftsteuererklärung unwirksam. Die Mandanten sollten daher vor Abgabe einer zweiten Erbschaftsteuererklärung ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass dies unter Umständen weitreichende strafrechtliche Folgen haben kann.

Strafzumessung

 

Im Rahmen der dann folgenden Strafzumessung kann zwar der Steuerschaden auf den Differenzbetrag zwischen der ersten und der zweiten Erbschaftsteuererklärung reduziert werden, und es kann dem Mandanten zugutegehalten werden, dass er freiwillig an einer korrekten Versteuerung mitgewirkt hat. Eine Strafe und gegebenenfalls weitere Nebenfolgen in Abhängigkeit vom Ausgang des Verfahrens wird der Mandant jedoch je nach Höhe der ­verkürzten Steuern dennoch erwarten müssen. Auch werden Hinterziehungszinsen fällig. Darauf sollte ein Steuerberater auf alle Fälle hinweisen. Anderes gilt, wenn die Anzeigepflicht nach § 30 ErbStG innerhalb der Frist eingehalten wurde und sodann nur die eingereichte Erbschaftsteuererklärung unvollständig war. In diesem Fall gilt eine zweite berichtigte Erbschaftsteuererklärung als erste Selbstanzeige. Soweit diese den Regeln des § 371 AO entspricht, wird sie als strafbefreiend gewertet werden können.

 

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